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Auskunfteien
Nichts läuft mehr ohne Bonitätsprüfung

Angefangen hat das Geschäft der Auskunfteien mit den Banken. Die wollten ihre Kreditvergabe absichern. Doch inzwischen bekommt man keinen Handyvertrag, keine Mietwohnung und auch keine Ware im Internet mehr ohne Bonitätsprüfung. Aber die Kritik am gläsernen Schuldner wächst.

Von Stephanie Kowalewski | 24.04.2014
    Persönliche Daten über laufende Verträge und Mahnverfahren sind zunehmend begehrt. Banken, Onlineshops und Versicherungen kaufen sich diese Daten bei Auskunfteien und hoffen so ihr Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben, zu minimieren. Ulrich Lepper, Datschutzbeauftragter des Landes NRW, bemängelt, die wachsende Bedeutung der Auskunfteien:
    "Selbstverständlich sehen wir das als Datenschutzbeauftragte mit Sorge, dass eine Entwicklung eintritt, die immer weiter geht und immer mehr Gefahr läuft, den Konsumenten, den Schuldner, den Vertragspartner zum gläsernen Schuldner zu machen."
    Die Auskunfteien verkaufen dabei nicht die gesammelten Daten zu einer Person, keine Informationen über Vermögen und Einkommen, sondern einen daraus ermittelten Wert, der das Ausfallrisiko beschreiben soll. Liegt der sogenannte Scorewert unter 97 kann der Betreffende zum Beispiel nur noch gegen Vorkasse im Internet einkaufen oder er bekommt einen Kredit nur zu schlechteren Konditionen, erklärt Franz-Josef Arndt vom Bankenverband NRW:
    "Dafür gibt es die Bezeichnung "risikoadjustiertes Preising". Das heißt, dass die Kreditkonditionen auch in der Risikoeinschätzung des Kunden oder der Kundin wiederspiegeln müssen."
    Je schlechter der Scorewert, desto höher die Zinsen
    Heißt, je schlechter der Scorewert, desto höher die Zinsen und auch das Risiko, gar keinen Kredit zu bekommen:
    "Beim Girokonto spielt das sicherlich auch eine Rolle. Zumal das Girokonto ja auch über die Möglichkeit verfügt, das Konto zu überziehen, was ja de facto dann auch eine Kreditvergabe ist. Und ähnlich ist es auch bei der Beantragung von Kreditkarten."
    Um mehr über den Kunden zu erfahren, können die Unternehmen mehr als 100 unterschiedliche Scores von den Auskunfteien abfragen.
    Arndt: "Beispielsweise das Vorhandensein von Zahlungsstörungen bei Kunden. Dazu gehören auch Kredithistorien, das heißt also beispielsweise längerfristige Entwicklungen. Wie viele Kredite hat der Kunde aufgenommen, Kredite welcher Art hat er aufgenommen und wie lange waren beispielsweise die Kreditlaufzeiten."
    Auch auf dem Wohnungsmarkt läuft heute nichts mehr ohne Bonitätsprüfung, die in diesem Fall vom potenziellen Mieter selbst eingeholt wird, sagt Elisabeth Gendziorra, Geschäftsführerin des Verbandes der freien Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in NRW:
    "Wenn ich als Vermieter eine Schufaauskunft erbitte, brauche ich dazu die Einwilligung des Mieters. Und da ist es eigentlich der günstigste Weg, dass der Mieter das selbst organisiert. Er bekommt ja in der Regel auch zwei Auskünfte: eine grobe Auskunft für den Vermieter und eine detaillierte für sich selbst, wo er dann auch einmal nachprüfen kann, was steht da eigentlich alles über mich."
    Einmal im Jahr kostenlose Auskunft
    Einmal im Jahr ist diese Auskunft für jeden und bei jeder Auskunftei kostenlos. Die meisten Auskunfteien bieten dazu entsprechende Formulare an, die angefordert oder die von den Internetseiten runtergeladen werden können. Die Vermieter erhoffen sich durch die Bonitätsauskunft etwas über die Zahlungsmoral des Mietinteressenten zu erfahren.
    Gendziorra: "Sie zeigt ohne Details anzugeben, ob Zahlungsverbindlichkeiten bestehen, auch ob es zu Zahlungsverzug kommt und natürlich zeigt sie auch an, ob beispielsweise eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde. Man kann also zumindest die Richtung daraus erkennen, liegt hier Zahlungswilligkeit vor, kommt er regelmäßig seinen Verpflichtungen nach oder tut er das auch mal nicht."
    Einen Rechtsanspruch auf eine solche Auskunft hat der Vermieter aber nicht. Überhaupt kann die sogenannte Schufa-Klausel, die in den meisten Verträgen enthalten ist und die die Weitergabe persönlicher Daten an eben diese Auskunfteien erlaubt, vor der Unterzeichnung gestrichen werden. Doch das ist letztlich nur eine theoretische Möglichkeit, räumt Beate Wagner, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW ein:
    "Weil in aller Regel geht's dann darum, friss oder stirb. Das heißt, entweder sie erklären ihr Einverständnis dazu oder der Vertrag kommt gar nicht zustande."
    Das heißt, die Wohnung bekommt jemand, der die Bonitätsauskunft vorlegt oder der Dispokredit auf dem Girokonto wird gestrichen.