Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Ausländische Abschlüsse schneller anerkennen

Ausländische Bewerber mit einem Diplom aus ihrer Heimat stehen oft vor dem Problem, dass ihr Abschluss hierzulande nicht anerkannt wird. Das soll sich nun mit dem neuen Anerkennungsgesetz ändern, versprach Bundesbildungsministerin Annette Schavan.

Von Philip Banse | 23.03.2011
    Goscha ist 24 und besucht den Integrationskurs in einer Kreuzberger Sprachschule. Goscha kommt aus Polen, hat dort drei Jahre an einer Hochschule studiert und möchte mit ihrem Bachelor jetzt auf Jobsuche gehen - eigentlich kein Problem. Denn in der Europäischen Union werden Abschlüsse anerkannt - wenn inhaltlich das Gleiche vermittelt wurde wie in einem deutschen Studium. Das jedoch Goschas Problem: Sie hat Kosmetologie studiert, die Lehre von der Kosmetik, ein Fach, das es an deutschen Hochschulen nicht gibt.

    "Und als ich hier einen Job finden wollte, haben sie gesagt, mein Diplom wird nicht akzeptiert. Das hat mich total überrascht. Das Arbeitsamt hat gesagt, so einen Studienabschluss haben wir hier nicht. Es gibt nur den Ausbildungsberuf Kosmetikerin. Sie haben mir eine Ausbildung als Kosmetikerin angeboten, aber ich habe schon eine Ausbildung und einen Hochschulabschluss."
    Statt im dermatologischen Forschungszentrum eines Kosmetikkonzerns arbeitet Goscha jetzt seit zwei Jahren in einem Nagelstudio. Was kann die junge Polin tun, um ihren Abschluss hier anerkennen zu lassen? Sie ist ratlos:

    "Sie verstecken diese Informationen, sie sind nicht zu finden. Das Arbeitsamt schickt einem einen Link, das wars."
    Goscha könnte ihr Zeugnis zur Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen schicken. Die Prüfer schreiben dann für deutsche Arbeitgeber auf, was ein Studium Kosmetologie umfasst, welche Kenntnisse vermittelt werden. Das aber kann erstens lange dauern. Außerdem: Offiziell anerkannt ist ihre Ausbildung damit noch lange nicht. Das soll das neue Anerkennungsgesetz verbessern, versprach Bundesbildungsministerin Annette Schavan heute in Berlin:

    "Erstens: Es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Prüfung der Anerkennung. Niemand kann in seinem Begehren auf Prüfung der Anerkennung abgewiesen werden."

    Wenn das Gesetz so wie heute präsentiert durch Bundestag und Bundesrat geht, ändert sich für rund 300.000 Bewerber aus dem Ausland Folgendes: Zukünftig gilt das für alle Ausländer, egal ob EU-Bürger, Brasilianer oder Türke. Diese Prüfung muss zweitens nach drei Monaten abgeschlossen sein. Und drittens steht in dem Bescheid nicht nur, ob die Ausbildung anerkannt wird oder nicht. Der Bescheid enthält auch Tipps, was getan werden muss, um seinen Abschluss anerkannt zu bekommen. Es soll auch ein Hotline eingerichtet werden, wo Ausländer erfahren, wer ihren Berufabschluss prüfen und zulassen kann. Auch werden die Regeln für die Anerkennung bundesweit vereinheitlicht, sagte Schavan:

    "Es kann also nicht mehr passieren, dass in einem Bundesland anerkannt wird und im anderen Land – bei Umzug etwa – die Qualifikation nicht mehr gilt. Wenn anerkannt ist, gilt es für ganz Deutschland."

    Nicht nur das Verfahren der Prüfung soll verbessert werden. Auch die Anerkennung selbst wird erleichtert. Etwa bei Juristen und Ärzten. Da gilt bislang: Ein Türkin, die in Deutschland Medizin studiert hat, kann in Deutschland keine Zulassung als Ärztin bekommen, weil sie Türkin ist. Das geht nur mit deutschem Pass. Diese völlig sachfremde Koppelung soll wegfallen, sagt Schavan:

    "Wir haben einen ganz wichtigen Schritt erreicht, dass eben bei Drittstaatlern die Staatsangehörigkeit nicht mehr relevant ist für die Anerkennung, für die Approbation."

    Die polnische Kosmetologin hat gehört, dass ein neues Gesetz ansteht und die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse vereinfacht werden soll – allein ihr fehlt der Glaube, dass sich etwas ändert:

    "Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran. Sie sagen das nur, aber tatsächlich wollen sie, das Deutsche Jobs kriegen und sind nicht offen für Leute aus dem Ausland."