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Auslese kompakt
"Immun - Über das Impfen"

Impfungen retten Leben. Sie nutzen mehr als sie schaden. Die Datenlage in zahlreichen klinischen Studien ist eindeutig. Und dennoch haben viele Eltern Zweifel. Welche Impfung soll ich meinen Kindern geben lassen und welche nicht? Eine junge US-amerikanische Schriftstellerin stellt viele wichtige Fragen - und liefert gute Argumente.

Von Michael Lange | 01.03.2016
    Ein Impfkalender mit Nachweisen für eine Tetanus- und Diphtherieimpfung.
    Ein Impfkalender mit Nachweisen für eine Tetanus- und Diphtherieimpfung. (picture alliance / dpa / Patrick Seeger)
    Das Buch "Immun – Über das Impfen" von Eula Biss ist kein typisches Sachbuch. Die amerikanische Schriftstellerin beschreibt darin sehr persönlich eine emotionsgeladene Diskussion, entdeckt Widersprüche und bietet Lösungsansätze. Als junge Mutter will sie vor allem eines – sie will wissen, was für ihr Kind am besten ist.
    "Als mein Sohn spät am folgenden Tag geboren wurde, fiel kalter Regen, und ich hatte ein neues Reich betreten, in dem ich nicht länger angstfrei war."
    Immer wieder begegnet ihr die Frage nach dem Impfen. Ihr Vater, ein Arzt, schwärmt von den Impferfolgen früherer Zeiten, aber viele befreundete Eltern warnen vor möglichen Nebenwirkungen.
    "Die Presse sei doch wirklich keine verlässliche Informationsquelle, die Regierung sei unfähig und die großen Pharmafirmen stellten absichtlich schlechte Medikamente her. Ich konnte all diese Sorgen nachvollziehen, war aber doch irritiert von der Weltanschauung, die sich darin offenbarte: Man kann einfach niemandem vertrauen."
    Pharmafirmen, Ärzte, Politiker, Behörden, Journalisten und Wissenschaftler hätten ihre Glaubwürdigkeit verspielt, so der Vorwurf. Und ohne Vertrauen gestattet niemand einen Angriff auf die eigene Gesundheit. Eula Biss stellt dieser Sichtweise eine andere entgegen: Impfen als Akt der Solidarität und Mitmenschlichkeit. Denn private Gesundheit und öffentliche Gesundheit hängen zusammen.
    "Wenn genügend Menschen geimpft sind, dann fällt es den Viren schwerer, von Wirt zu Wirt zu springen, und ihre Verbreitung wird aufgehalten, was sowohl allen Nichtgeimpften als auch denjenigen zugutekommt, die von der Impfung nicht immunisiert worden sind."
    Vielfach herrschen falsche Vorstellungen von Immunität und Impfschutz, beklagt die Autorin. Ärzte und Wissenschaftler stellen das Immunsystem bis heute gerne mit Kriegs-Metaphern dar. Die Truppen der körpereigenen Abwehr bekämpfen böse Eindringlinge.
    Zum ökologisch orientierten Körperbild vieler junger Eltern passt diese martialische Sprache nicht so recht. Heute steht die Natürlichkeit im Vordergrund. Krankheiten sind so gesehen natürlich, Impfungen sind es nicht. Dabei sind Impfungen kein Angriff mit der chemischen Keule, sondern ein Warnruf an das Immunsystem. Wir brauchen ein neues Bild der Immunität, folgert Eula Biss - und hat auch schon eine Idee.
    "Wir alle sind Umwelt füreinander. Immunität ist ein gemeinschaftlich geteilter Raum - ein Garten, den wir gemeinsam hegen und pflegen."
    Mit gesunder Ernährung, Bewegung und Vorbeugung – und dazu gehören eben auch Impfungen.
    Zielgruppe:
    Junge Eltern und alle, die sich die Frage nach Sinn und Unsinn des Impfens stellen.
    Erkenntnisgewinn:
    Wissenschaftlich erhobene Daten können überzeugen, müssen es aber nicht.
    Spaßfaktor:
    Wenn die Vorurteile purzeln, dann folgt der Erkenntnis nicht selten das Vergnügen.