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Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr
Soldaten ohne Schutzwesten

Panzer, Winterkleidung und Zelte: Der Bundeswehr fehlt für ihren Einsatz bei der schnellen Nato-Eingreiftruppe Medienberichten zufolge teilweise die Ausrüstung. Das Verteidigungsministerium relativiert die Berichte. Sicherheitspolitiker befürchten dennoch, die Mängel seien nur die Spitze des Eisbergs.

Von Klaus Remme | 19.02.2018
    Soldaten der Bundeswehr, die von Auslandseinsätzen zurückgekommen sind, nehmen am 06.09.2016 an einem Rückkehrer-Appell auf dem Marktplatz in Storkow (Brandenburg) teil.
    Die Berichte über den Zustand der Bundeswehr-Austrüstung sorgen parteiübergreifend für Kritik (dpa / picture alliance / Patrickl Pleul)
    Gemessen am Anspruch, den die Bundesverteidigungsministerin an die sicherheitspolitische Verantwortung Deutschlands stellt, sorgen anhaltende Schlagzeilen zum Zustand der Bundeswehr parteiübergreifend für Kritik. Berichtete die "Welt" in der vergangenen Woche aus einem vertraulichen Bericht über die Ausrüstungslage in puncto einsatzbereite Kampf- und Schützenpanzer, ist es jetzt die "Rheinische Post", die aus einem Papier des Ministeriums zitiert und das Augenmerk auf Zelte, Winterbekleidung und Schutzwesten lenkt.
    Lücken auch in der Unterbringung
    "Im Bereich bewegliche Unterbringung im Einsatz weist das Heer bis mindestens 2021 eine Fähigkeitslücke auf", heißt es in dem Papier. Wie schon bei den Panzern werden die Mängel durch die in zehn Monaten anstehende Führungsverantwortung für die sogenannte Speerspitze, der NATO Eingreiftruppe in Osteuropa, offenbar. 10.282 Unterbringungseinheiten seien dafür notwendig. Nur 2.500 stünden zur Verfügung, diese seien für den Zweck aber gar nicht geeignet. Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker der Grünen im Bundestag, reicht es. Er sagte heute Morgen im Deutschlandfunk:
    "Als Grüne haben wir beantragt, dass Frau von der Leyen am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss kommen und zu diesen Presseveröffentlichungen Stellung nehmen soll. Ich erwarte schon von der Ministerin, dass wir als Abgeordnete nicht nur scheibchenweise aus der Presse neue Mängel erfahren, sondern dass die Ministerin und die Inspekteure der Teilstreitkräfte darstellen, wie die Lage ist."
    Inmitten einer Art Inventur
    Das Verteidigungsministerium sieht das alles weit weniger problematisch. Man bereite sich momentan auf die Führungsaufgabe im kommenden Jahr vor. Dazu gehöre eine Art Inventur, so der Sprecher von Ursula von der Leyen heute Vormittag in Berlin und weiter:
    "Papiere, aus denen jetzt in der Presse zitiert wird, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Antragsunterlagen aus diesem Prozess, das heißt nicht, dass die benötigte Ausrüstung grundsätzlich in der Bundeswehr nicht verfügbar ist oder im gebotenen Zeitraum nicht beschaffbar ist."
    Lage schön geredet?
    Mittelfristig zeichnete der Ministeriumssprecher ein noch positiveres Bild. Der Rüstungsstau sei in den vergangenen Jahren aufgelöst worden, der Wert der vom Haushaltsausschuss genehmigten Aufträge habe sich verfünffacht. Doch schon in der vergangenen Woche hatten Außen- und Sicherheitspolitiker aller Parteien die derzeitige Lage massiv kritisiert. Tobias Lindner von den Grünen ergänzt heute Morgen:
    "Ich kann mir schon vorstellen, dass das erst die Spitze des Eisbergs ist, weil mich jetzt schon interessieren würde, wie steht es um die Schiffe, wie um die Flugzeuge und ich hab den Eindruck gewonnen, dass es sich die Kommandobehörden nicht gefallen lassen, dass die Lage schön geredet wird, wenigstens gibt’s da eine Kultur die sagt, wenn ihr uns den Auftrag gebt, wie, die Speerspitze der NATO zu stellen, dann sagen wir auch ganz ehrlich, wie es um unser Material steht."