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Ausschreibungspflicht bei Solaranlagen
Kaum Chancen für Energiegenossenschaften

Besitzer von Solaranlagen brauchten sich lange Zeit über den Absatz des selbst produzierten Stroms keine Sorgen machen. Doch die Bundesregierung will weg von der garantierten Vergütung und wer eine größere Solaranlage bauen will, muss an einer entsprechenden Ausschreibung teilnehmen. Ein Verlierer des neuen Verfahrens scheint schon festzustehen.

Von Stephanie Ley | 14.04.2015
    Dutzende Sonnenkollektoren stehen am in einem Solarpark des Photovoltaik-Spezialisten IBC Solar an der Autobahn 70 bei Buckendorf (Bayern).
    Bisher eine Lizenz zum Geldverdienen: Solaranlagen (dpa / David Ebener)
    Zwischen den sanften Hügeln im Odenwälder Brombachtal glitzern 6.000 Photovoltaik-Module. Jeden Morgen fährt Thomas Mergenthaler auf dem Weg ins Büro an dem Solarpark vorbei. Ein Anblick, der den 52-Jährigen freut:
    "Ja absolut! Besonders wenn die Sonne scheint, das ist klar. (Lachen) Weil - natürlich ist das eine schöne Situation, einfach zu sehen, dass hier Energie entsteht, und zwar ohne die Umwelt zu belasten. Das finde ich nach wie vor ein unheimlich hohes Motiv für uns, genau an dieser Stelle tätig zu sein. Und die Freiflächen-Anlagen werden jetzt durch einen Schäfer bewirtschaftet, der hier seine Schafe weiden lässt, sodass das quasi eine Win-Win-Situation ist, wie man so schön sagt!"
    Der Solarpark wurde mit Bürgerkapital finanziert - über die Energiegenossenschaft Odenwald. Mit fast 3.000 Mitgliedern zählt sie zu den größten bundesweit. Thomas Mergenthaler sitzt im Vorstand. Dass die Bundesregierung umsteuern und die Förderung der Erneuerbaren auf marktwirtschaftliche Grundlagen stellen will, findet er grundsätzlich richtig. Doch ob der eingeschlagene Weg auch der richtige sei, bezweifelt Mergenthaler: Muss sich künftig doch jeder Investor, der einen Solarpark betreiben will, an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur beteiligen. Nur die günstigsten Gebote kommen zum Zug.
    Berlin will weg von den staatlich geregelten Einspeisevergütungen, hin zu flexiblen Preisen, die der Wettbewerb bestimmt. Die Energiegenossenschaft Odenwald plant vorerst kein neues Projekt mehr. Unter den aktuellen Bedingungen sitze das einfach nicht drin, erklärt Thomas Mergenthaler:
    "Wir lassen sehr ungern die Finger davon, aber wir erkennen in diesem neuen Ausschreibungsverfahren zu viele Risiken! Wir sehen die Gefahr, dass wir in eine Vorprojektierung hineinlaufen, die uns ganz einfach überfordert. Wir arbeiten mit Bürgerkapital! Wir haben nicht die Möglichkeit, eben zu sagen, wir projektieren mal, gucken, was draus wird - nein. Wir müssen genau wissen, auf was wir uns da einlassen!"
    Die Hürden werden höher
    Fakt ist: Investoren müssen vor der Ausschreibung hohe Summen schultern. Da fallen Gelder für Gutachten an, die Klärung der Eigentumsrechte, die konkreten Planungen. Die Kosten erreichen schnell einen sechsstelligen Betrag. Zu viel für Gesellschaften in Bürgerhand. Von den 150 Energiegenossenschaften in Baden-Württemberg habe deshalb auch nur eine einzige ein Gebot eingereicht, informiert der Landesgenossenschaftsverband. Und das lediglich, weil die Planungen für den anvisierten Solarpark nahe der A 6 bei Sinsheim ohnehin weit fortgeschritten waren.
    Die Bundesnetzagentur betont: Mit dem neuen Ausschreibungsverfahren wolle man keine bestimmte Gruppe "vor- oder benachteiligen". Im Gegenteil. Die Akteursvielfalt solle "erhalten bleiben"! Dietmar Freiherr von Blittersdorff, Aufsichtsratsvorsitzender vom "Bündnis Bürgerenergie", hat da so seine Zweifel. Auf Einladung des Bundeswirtschaftsministeriums war der Dachverband bei den Beratungen im Vorfeld involviert, hat viele Vorschläge eingebracht. Doch kein einziger sei im Ausschreibungsdesign wiederzufinden, moniert von Blittersdorff.
    "Das ärgert einen natürlich! Man wird eingebunden in einen sogenannten Konsultationsprozess. Aber es scheint politisch vorher klar zu sein, was man will. Und dann sind solche Prozesse doch nur noch ein Feigenblatt für die Öffentlichkeit."
    Seine Prognose: Stammten 2012 fast 50 Prozent der Erneuerbaren Energien aus Bürgerhand, könne sich dieser Wert jetzt rasch zugunsten von RWE, Eon und Co verschieben. Nach Abschluss der ersten Pilotrunde plant der Fachmann das angekündigte Monitoring nun genau zu beobachten. Denn die Bundesregierung will aus den Ergebnissen Rückschlüsse ziehen, wo sie gegebenenfalls nachjustieren muss. Schließlich soll die Ausschreibungspflicht bei Erfolg auch auf andere Energieträger übertragen werden.
    "Es wird jetzt spannend sein, wie die ersten Ausschreibungsrunden laufen. Und ob ein wirkliches politisches Interesse besteht an einer dezentralen Energieversorgung. Mit Bürgerbeteiligung ... ... Das ist allerdings zu bezweifeln und das bezweifel ich auch bei der jetzigen Bundesregierung!"