Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Außenminister Gabriel in Moskau
Russland hofft auf Beweglichkeit bei Sanktionen

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ist zu einem Besuch in Moskau eingetroffen. In den geplanten Gesprächen mit seinem Amtskollegen Lawrow und Präsident Putin soll es unter anderem um die Sanktionen gehen. Russland erwartet, dass sich Gabriel für eine Lockerung einsetzt.

Von Thielko Grieß | 09.03.2017
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) geht am 08.03.2017 auf dem Flughafen Tegel, militärischer Teil, in Berlin die Gangway zum Airbus A340 der Luftwaffe hinauf. Gabriel reist nach Warschau und anschließend weiter nach Moskau. Foto: Kay Nietfeld/dpa | Verwendung weltweit
    Außenminister Sigmar Gabriel ist heute auf Visite in Moskau. (picture alliance / Kay Nietfeld/dpa)
    Außenpolitik hat Sigmar Gabriel auch früher schon gemacht. Gerade in Moskau:
    "Irgendwie ist es mein Schicksal, hierher zu kommen, gerade in schwierigen Zeiten. Und ich wäre dankbar, wenn wir auch über die komplizierten Themen, Syrien, Ukraine und so weiter, sprechen könnten, die, das wissen Sie, bei uns eine unglaubliche Besorgnis ausgelöst haben."
    Interfax-Interview mit Gabriel: Sanktionen kein Selbstzweck
    Sigmar Gabriel im September des vergangenen Jahres zu Beginn eines Gesprächs mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Der wird sich gut erinnern, dass Gabriel jemand ist, der die Frage der Sanktionen nicht dogmatisch beantwortet. Einer, der sich beweglicher gezeigt hat als andere in der Großen Koalition. September 2015, vor fast anderthalb Jahren:
    "Wir werden unser Verhältnis zu Russland ändern müssen. Bei allen Schwierigkeiten, die wir mit der Ukraine haben: Der Konflikt um die Ukraine kann nicht unser Verhältnis Deutschlands, Europas und auch der Vereinigten Staaten zu Russland so sehr belasten, dass Russland als Partner in Syrien ausfällt."
    Dass Gabriels Beweglichkeit in punkto Sanktionen Bestand hat, zeigt ein Interview, das die russische Nachrichtenagentur Interfax mit dem Deutschen geführt und gestern veröffentlicht hat. Darin bekräftigt der SPD-Politiker seine Haltung, dass Sanktionen kein Selbstzweck seien und, falls bei der Umsetzung des Minsker Abkommens Fortschritte erreicht würden, über eine Lockerung der Sanktionen gesprochen werden könne.
    Der russische Außenminister Sergej Lawrow formulierte die russische Haltung auf der Münchner Sicherheitskonferenz so: Es sei falsch, stets und ständig allein Russland dafür verantwortlich zu machen, dass sich in der Ostukraine nichts bewege:
    "Wer das tut, sendet die verdeckte Botschaft, dass man mit Kiew nicht reden muss. Kiew macht alles richtig. Aber ich bin überzeugt, dass die Wahrheit in den entscheidenden Hauptstädten bekannt ist. Ich hoffe sehr, dass von dort, wenn schon nicht öffentlich, so doch auf direktem Wege die entsprechenden Signale gesandt werden."
    "Er ist kein Diplomat"
    Dass Lawrow Berlin für eine der entscheidenden Hauptstädte hält, wird er Gabriel wohl heute Vormittag erläutern. In Moskau glaubt manch einer, dass Sigmar Gabriel auch in manchen weiteren Punkten andere Akzente setzt als sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier. "Er ist kein Diplomat", meint Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Deutschlandstudien an der Russischen Akademie der Wissenschaften:
    "Er ist ein Politiker. Und er vertritt auf diesem Posten die Sozialdemokratische Partei. Und in diesem Sinne ist er mehr in der politischen als in der diplomatischen Funktion. Als Diplomat ist er praktisch unbekannt."
    Nach russischer Einschätzung ist Gabriel als Außenminister immer auch SPD-Parteipolitiker, zum Beispiel, wenn er daran zweifelt, ob die Bundesrepublik so viel für ihr Militär ausgeben sollte, wie die Verteidigungsministerin postuliert. Oder wenn er sich für eine neue Gas-Pipeline in der Ostsee, Nord Stream II, starkmacht – dann ist er Wirtschaftspolitiker und stößt in Moskau auf Wohlwollen.