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Außenminister Steinmeier in Hanoi
Globaler Handel braucht Regeln

In Begleitung einer Wirtschaftsdelegation besucht Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Hauptstadt Vietnams. Anlass ist unter anderem das umfangreiche Freihandelsabkommen zwischen dem kommunistisch regierten Land und der EU. Bisher liefen die Verhandlungen hierzu ohne öffentliche Diskussionen.

Von Klaus Remme | 31.10.2016
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei einer Pressekonferenz in Hanoi. Er steht vor der vietnamesischen Flagge - vor ihm zwei Mikrofone.
    Steinmeier besucht während einer dreitägigen Reise die Sozialistische Republik Vietnam. (picture alliance / dpa / © Gregor Fischer)
    Warum besucht der deutsche Außenminister Vietnam? Warum gerade jetzt? Steinmeier beantwortet die Frage kurz nach seiner Ankunft in Hanoi schon, bevor sie überhaupt irgendjemand gestellt hat. Denn sie liegt nahe.
    "Ich glaube, es ist notwendig, dass wir uns neben dem Krisenmanagement mit Blick auf Ukraine, Syrien, Libyen und vieles andere, auch um die Partner bemühen – und Vietnam ist ein solcher – mit denen sich fruchtbare Beziehungen in den nächsten Jahren entwickeln und vertiefen lassen."
    Erfolgsgeschichte Vietnam
    Aus Sicht der Bundesregierung ist die Entwicklung der letzten Jahre in Vietnam eine Erfolgsgeschichte – die wirtschaftliche Entwicklung, wohlgemerkt. Die Wachstumsraten stimmen, der Respekt ist gegenseitig und die rund hunderttausend Menschen vietnamesischer Herkunft in Deutschland gelten als vergleichsweise sehr gut integriert.
    2011 haben sich Berlin und Hanoi auf eine sogenannte strategische Partnerschaft verständigt. Dennoch ist seitdem kein deutscher Außenminister mehr hier gewesen. Ein weiterer Grund für diese Reise jetzt. Sie war überfällig.
    Baustoffe, Tourismus, IT, Infrastruktur – aus diesen Branchen begleiten deutsche Unternehmensvertreter den Besuch. Doch Handel braucht Regeln. Die Eröffnung eines Studiengangs "Deutsches und Europäisches Recht" an der Hochschule in Hanoi gab Frank Walter Steinmeier heute Gelegenheit, den Studenten diesbezüglich aus Europa zu berichten:
    "Handelsabkommen zwischen Staaten und Regionen, das ist gerade in meiner Heimat, in Europa, ein sehr heißes Diskussionsthema."
    Abkommen mit Vietnam und Singapur sind ausgehandelt
    Steinmeier sagt dies nicht ohne Grund. Während die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada lautstark von Kritikern begleitet wurden und TTIP und CETA gängige Kürzel wurden, verliefen entsprechende Gespräche mit Singapur oder Vietnam weitgehend ohne öffentliche Kommentare. So geräuschlos, dass sich selbst EU Kommissionspräsident Juncker kürzlich öffentlich über diese Unwucht wunderte. Beide Abkommen sind ausgehandelt, die Vertragstexte werden zurzeit geprüft.
    Steinmeier verteidigte heute in Hanoi den Streit über Freihandelsabkommen. Globaler Wettbewerb dürfe nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer oder der Umwelt ausgetragen werden.
    Das Freihandelsabkommen, dass die EU mit Vietnam ausgehandelt hat, nimmt diese Ansprüche allerdings sehr ernst. Beides ist darin enthalten. Der Abbau von Handelsschranken auf der einen Seite, aber zugleich auch die Stärkung von Arbeitnehmerrechten, Umweltschutz und geistigem Eigentum. Es ist wohl eines der anspruchsvollsten Abkommen, dass die Europäische Union je mit einem Schwellenland geschlossen hat.
    Gerade weil die ausgehandelten Abkommen so umfangreich sind, stellt sich erneut die politisch heikle Frage, inwieweit auch diesmal nationale Parlamente in die Verabschiedung mit einbezogen werden müssen oder nicht. Eine Frage, die die EU Kommission am Beispiel des Abkommens mit Singapur aktuell vor dem Europäischen Gerichtshof klären lässt.
    Kein Kommentar in Sachen Bundespräsidentschaft
    Die Studenten der Universität von Hanoi befragten den Gast aus Berlin dann noch zu aktuellen Themen. Leider verpassten sie eine Chance, die sich den mitreisenden Journalisten bisher nicht geboten hat: Dem Mann, über dessen berufliche Zukunft in Deutschland so viel spekuliert wird, einen Kommentar in Sachen Bundespräsidentschaft zu entlocken. Gestern entschuldigte Steinmeier eine Antwort eher schmunzelnd mit allzu lautem Verkehrslärm. Heute wurden bei einer Pressekonferenz von vietnamesischer Seite keine Fragen zugelassen.