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"Außerdem bieten wir ein gutes Gehalt"

Laut Benedict Janich, Wehrdienstberater der Bundeswehr, gibt es gute Gründe, den freiwilligen Wehrdienst anzutreten: Bei der Bundeswehr diene man mit einer verantwortungsvollen Tätigkeit dem eigenen Land und erhalte dafür einen fairen Lohn. Wer sich länger als elf Monate verpflichte, müsse jedoch Auslandseinsätze in Kauf nehmen.

Benedict Janich im Gespräch mit Gerwald Herter | 04.07.2011
    Gerwald Herter: Der Politik ist es fast im Handumdrehen gelungen, aus der Wehrpflichtarmee Bundeswehr eine Freiwilligenarmee zu machen. Dem schneidigen ehemaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg war es in seiner Amtszeit gelungen, zunächst die Koalition, dann den Bundestag von der Notwendigkeit des Systemwechsels zu überzeugen. Das Ministerium und die Bundeswehr selbst wurden davon allerdings kalt, zumindest kühl erwischt. Auch in den 52 Kreiswehrersatzämtern und sieben Musterungszentren lag kein Plan B in der Schublade. Heute rücken mehr als 3400 freiwillig Wehrdienstleistende in die Kasernen ein, Dienstzeit bis zu 23 Monate. Warum werden junge Frauen und Männer das auch in Zukunft so halten? – Benedict Janich kann uns das sagen. Er ist Wehrdienstberater der Bundeswehr in Leipzig. Mit ihm bin ich nun telefonisch verbunden. Herr Janich, guten Morgen!

    Benedict Janich: Guten Morgen, Herr Herter.

    Herter: Herr Janich, was ist denn Ihr schlagendstes Argument, sozusagen Ihre Geheimwaffe, wenn es darum geht, junge Menschen vom freiwilligen Wehrdienst zu überzeugen?

    Janich: Ich weiß nicht, ob man da von Geheimwaffen sprechen sollte. Aber wir haben drei Argumente für den freiwilligen Wehrdienst. Das ist einmal, dass wir eine attraktive Tätigkeit anbieten, gerade für junge Menschen, die sich eben in der Umbruchsphase befinden, die rausgehen aus der Schule, rausgehen aus der Ausbildung und bevor sie in den nächsten Lebensabschnitt starten, sich noch mal etwas anderes anschauen wollen. Das heißt, sie werden bei uns eine Tätigkeit ausüben, bei der sie Verantwortung tragen, bei der sie kennen lernen und feststellen, wie es ist, im Team zu arbeiten, und bei der sie natürlich auch körperlich gefordert werden. Außerdem bieten wir ein gutes Gehalt. Gerade für jemanden, der direkt aus der Schule kommt, sind über 700 Euro ab dem ersten Monat – das geht dann ja hoch bis über 1000 Euro – durchaus attraktiv. Und – das klingt vielleicht manchmal ein bisschen seltsam, wenn man das mit den Angeboten von zivilen Anbietern vergleicht – wir werben natürlich auch damit, dass man dient für das eigene Land, dass es ein Dienst für das eigene Land ist.

    Herter: Geld steht da im Vordergrund?

    Janich: Nein! Dienst für das eigene Land. Aber ich denke, die Fähigkeit, für sich selber etwas zu machen, das sollte für den Einzelnen im Vordergrund stehen. Aber auch ein vernünftiges Gehalt, sollte man nicht einfach sagen, das darf keine Rolle spielen. Aber ich würde da nicht eine von diesen drei Sachen alleine in den Vordergrund stellen, auf gar keinen Fall.

    Herter: Dann zitiere ich mal den Verteidigungsminister: "Rund 1000 Euro im Monat steuer- und abgabenfrei, das kriegt ein 18-Jähriger nirgendwo anders." Das hat er in einem Interview gesagt. Jeden, Herr Janich, würden Sie aber nicht nehmen?

    Janich: Nein.

    Herter: Wie wählen Sie aus?

    Janich: Die Wehrdienstberatung – das sagt ja auch der Begriff "Beratung" -, wir sollen informieren, wir führen die Gespräche mit den jungen Leuten, informieren sie über die Möglichkeiten, dass sie auch wissen, worauf sie sich einlassen, denn ich meine, ab zwölf Monaten muss man sich bereit erklären, auch an Auslandseinsätzen teilzunehmen, und das ist ja nun nichts Alltägliches. Und das Auswahlverfahren für die freiwillig Wehrdienstleistenden läuft wie bisher in den Kreiswehrersatzämtern. Das heißt, dort wird die Musterung oder ein Annahmeverfahren, vergleichbar mit der Musterung, durchgeführt, eine ärztliche Untersuchung - das ist natürlich ein wesentlicher Punkt -, dann aber eben auch Tests am Computer, wo Wissen und Fähigkeiten abgeprüft werden, und dann auch noch ein Gespräch mit dem Psychologen. Und gerade, was die Möglichkeit angeht, in den Auslandseinsatz zu gehen und vielleicht 23 Monate Dienst zu leisten, da muss der Psychologe sein Plazet geben, ansonsten wird der junge Mann oder die junge Frau – die kann das ja auch machen – nicht Soldat.

    Herter: Jetzt wird wahrscheinlich der Druck sich auf Sie und Ihre Kameraden, die eine ähnliche Tätigkeit ausüben, erhöhen, denn die meisten Leute sagen, dieses Jahr läuft es noch ganz gut, im nächsten Jahr wird es kritisch. Sind Sie darauf schon vorbereitet?

    Janich: Was die Leute sagen, ist ja erst mal die Sache. Wie es tatsächlich wird, werden wir sehen. Bevor die Einteilungszahlen für den 1. 7., oder jetzt für den 4. 7. heute, den Dienstantritt, bekannt wurden, haben ja auch schon alle gesagt, das wird nichts. Die Wehrdienstberatung ist ja in der Hauptaufgabe verantwortlich für die Gewinnung von Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, und das machen wir schon seit vielen Jahren und durchaus mit gutem Erfolg, und insofern werden wir auch sicherlich unseren Mann oder unsere Frau stehen, was die Gewinnung von freiwillig Wehrdienstleistenden angeht.

    Herter: Diese Zeitsoldaten, die waren oft früher Wehrpflichtige und die konnte man dann leichter anwerben. Die Wehrpflichtigen gibt es nicht mehr. Macht das keinen Unterschied?

    Janich: Das ist sicher richtig. Wir haben einen Teil der Zeitsoldaten - ich selbst übrigens auch, ich war vorher auch Wehrpflichtiger und bin dann Zeitsoldat geworden -, die haben wir über die Wehrpflicht gewonnen. Aber wir haben auch vor der Aussetzung der Wehrpflicht schon über 60 Prozent der Zeitsoldaten direkt vom Arbeitsmarkt bekommen. Das heißt, die waren vorher keine Wehrdienstleistenden. Und dementsprechend, wir werden es sehen. Das ist sicherlich eine Herausforderung, das will ich gar nicht kleinreden, aber wir werden auch trotzdem, da bin ich mir sicher, weiterhin hohe Bewerberzahlen haben und entsprechend mit unseren Argumenten werben.

    Herter: Noch ganz kurz. Sie haben es kurz angesprochen: Wie erklären Sie den jungen Menschen, dass sie bei Auslandseinsätzen auch ihr Leben riskieren und dass sie trotzdem freiwillig zur Bundeswehr sollen?

    Janich: Das ist die Voraussetzung. Jemand, der für sieben Monate oder acht Monate, oder auch elf Monate zu uns kommt, der geht auf keinen Fall in den Auslandseinsatz, der wird wirklich nur hier im Land eingesetzt. Und bei allen anderen erläutern wir ihnen, dass das nun mal zum Beruf des Soldaten dazugehört. Wir erklären ihnen auch die Gründe, die Hintergründe der Auslandseinsätze, die Rahmenbedingungen, sprich das Mandat des Bundestages. Aber in letzter Instanz – das ist ja die Idee der Freiwilligenarmee – muss es jemand für sich freiwillig entscheiden, ja, ich weiß, dass ich als Soldat in den Auslandseinsatz gehe, gehen könnte, vielleicht auch auf jeden Fall gehen werde – jemand, der sich länger verpflichtet, geht praktisch auf jeden Fall -, und ich nehme das in Kauf, ich bin bereit dazu, sonst kann ich kein Soldat werden.

    Herter: Mehr als 3400 Freiwillige rücken heute in die Kasernen der Bundeswehr ein. Wir haben darüber mit Benedict Janich gesprochen. Herr Janich, vielen Dank für dieses Interview.

    Janich: Gerne geschehen. Auf Wiederhören!