Donnerstag, 18. April 2024

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Ausstellung im Kunstpalais Erlangen
Der Künstler als Clown

Ob in Kunstwerken, Filmen oder Werbekampagnen - die Figur des bösen Clowns hat in der letzten Zeit Karriere gemacht. Eine Ausstellung im Erlanger Kunstpalais zeigt, wie Musiker, Aktivisten und Filmemacher die Figur für ihren politischen und künstlerischen Aktivismus nutzen und was das Tragen einer Clownsmaske aus ihnen macht.

Von Thomas Senne | 25.04.2016
    Zeichnung eines angsteinflößenden Clowns von Marion Auburtin
    Zeichnung eines angsteinflößenden Clowns von Marion Auburtin (Clown Maléfique - Serie La Nuit des Masques/ Marion Auburtin)
    Sie sind weiß geschminkt, haben knallrote Nasen und Münder und lachen zum Überdruss lachen und lachen...
    Doch trotz all der lachenden Clowns, die einem in den poppig bemalten Kojen des Erlanger Kunstpalais in Installationen, Skulpturen, Filmen, Fotos oder auf Riesenpostern an den Wänden ins Auge springen - so richtig zum Lachen ist einem hier nicht zumute. Im Gegenteil: Oft bleibt dem Besucher das Lachen im Halse stecken. Etwa wenn Marion Auburtin in ihren grellbunt-surrealen Ölzeichnungen Clownsmasken mit verzerrten Grimassen und riesigen Zähnen aufs Papier bringt. Ein unheimliches Grinsen istda zu erleben, das sogar der Kunstpalais-Chefin Amely Deiss einen Schauder über den Rücken jagt:
    "Das Beunruhigende ist, dass man einfach nicht unter die Oberfläche schauen kann. Dieses Clowns-Make-up, das verzerrt natürlich extrem. Das ebnet das Gesicht total ein. Dieser Mund, dieser rot geschminkte, macht einen wieder völlig zu einer anderen Figur. Man kann einfach schwer unterscheiden: Wer ist da jetzt drunter? Ist es jetzt wirklich fröhlich oder ist das nur vorgetäuscht? Also, dieses der Figur nicht wirklich nahe kommen zu können und vor allem nicht ihre ehrlichen Absichten überprüfen zu können - das ist, glaube ich, vor allem das Verstörende."
    Politischer und künsterlischer Aktivismus
    Auf Monitoren sind in der Schau auch Ausschnitte aus diversen Clownsstreifen zu sehen, beispielsweise aus dem verfilmten Roman "Es" von Stephen King. Dort treibt der sadistische Clown Pennywise sein Unwesen. Brachial kommt Abner Preis in seiner sarkastischen Arbeit "Always happy on the outside" daher. In einer Art Gruselkabinett hat der israelisch-niederländische Künstler Blut an den Wänden verspritzt. Am Boden sind Faserplatten mit stilisierten Baumstümpfen zu sehen, Blutlachen, eine Axt sowie Lederkleidung. Ein folkloristisches Outfit, das ein Arbeiter auch in der im Hintergrund flimmernden Projektion trägt. Amely Deiss:
    "Diese bösen Clowns, wie wir sie hier verstehen - da geht es ja nicht nur um diese weiß geschminkten Gesichter, um diese Horrorfilm-Clowns wie jetzt den Pennywise aus 'Es', sondern es geht natürlich viel weiter. Da geht es einfach auch um politischen Aktivismus. Da geht es um künstlerischen Aktivismus. Es geht um die Künstler, die sich selbst auch oft als Clown sehen in ihrer Mittlerfunktion - einfach im Sinne von lachen, die Wahrheit sagen. Es geht aber auch darum, was so eine Maske eigentlich mit einem macht, mit dem Gegenüber, aber auch mit demjenigen, der sie trägt."
    Makabre Konsumkritik
    Die schräg inszenierte Ausstellung ist eine völlig neue Version der Schau, die vor Jahren in Dortmund zu sehen war; deshalb auch der Titel "Böse Clowns-reloaded" - konsumkritisch und ein makrabes Beispiel für das neue Arrangement: Der geköpfte Werbeclown des Fastfood-Imperiums McDonald nebst blitzeblank geputzter Guillotine des finnischen Künstlers Jani Leinonen. Während sich die Altmeisterin der Verkleidung, Cindy Shermann, auf einem Fotodruck inmitten einer gelb-lila wabernden Aura als albernen Clown, aber mit trauriger Mimik in Pose setzt und damit auch die Figur des Narren als Alter Ego von Künstlern beschwört, darf sich Joker, der abgrundtiefböse Gegenspieler der Comic-Figur Batman in Erlangen nun in einer eigenen Blackbox auf Filmen und Comic-Strips austoben.
    Die Präsentation beeindruckt durch Vielseitigkeit, stellt Musiker wie die Düsseldorfer Avantgarde-Popband "Der Plan" mit Clown-Plattencover und entsprechenden Songs vor, lässt aber auch vermummte "Pussy Riot"-Aktivistinnen in Film-Dokumentationen zu Wort kommen oder mit Masken versehene "Anonymus"-Akteure der finanzmarktkritischen Occupy-Bewegung. Und die Moral von der Geschicht? Amely Deiss:
    "Je mehr Masken man sieht, desto mehr muss man sich vielleicht auch fragen, mit was für Masken man es wann und wo sonst zu tun hat und vielleicht auch bei sich selber noch mal überprüfen, in welchen Fällen man vielleicht eine Maske aufsetzt, ja."