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Ausstellung Schl@gfertige Typen
Die Romantik der Schreibmaschine

Die Schreibmaschine ist nicht mehr en vogue. Obwohl sie Sinnbild für einen kreativen Prozess ist, wurde sie abgelöst - von Computer-Tastaturen und damit von Effizienz. Eine Ausstellung im ZKM Karlsruhe zeigt nun die schönen Seiten der Schreibmaschine.

Von Peter Backof | 13.11.2014
    In einer alten mechanischen Schreibmaschine steckt ein Blatt Papier.
    Eine alte mechanische Schreibmaschine. (picture alliance/dpa-Zentralbild - Matthias Tödt)
    Wie angenehm, wie bequem das ist: Mit der Vierfinger-Tipptechnik entstehen im Nu ganze Wörter und Sätze. Nichts verhakt sich und vertippen wir uns mal, braucht es kein Tipp-Ex wie damals in den 80ern bei der Abiturarbeit. Und auch das Verschwinden von Fehlern klang früher anders und sah anders aus, meint Kurator Hartmut Jörg:
    "Man sieht einfach, was passiert. Die Typen drucken die einzelnen Buchstaben, man hört auch was. Meine Assoziation: Dass da irgendwo so der Schriftsteller jetzt in seinem Kämmerchen sitzt und immer wieder anfängt, den Romananfang, und dann so das Papier rausreißt, zusammenknüllt und in die Ecke schmeißt."
    Sinnbild für einen kreativen Prozess
    Die Schreibmaschine ist eben mehr als ein Apparat: Sie ist ein Sinnbild, für einen kreativen Prozess oder auch für ein Zeitalter? Warum sollte man überhaupt eine Schreibmaschine benutzen, die aussieht wie dieses US-amerikanische Modell von 1888? Das Gerät erinnert optisch an einen Sextanten, die Buchstaben sind auf einem filigranen Halbrund angeordnet und gerade einmal handytastengroß. Nichts für Wurstfinger! Und mit effizienter Schreibgeschwindigkeit hat diese Maschine rein gar nichts zu tun.
    "Und das: Ist die weltweit schönste Schreibmaschine, die je gebaut wurde."
    Meint ihr stolzer Besitzer Lothar Friedrich. Wir schauen - jetzt - auf "Crandell New Model, Fabriknummer 3679, Baujahr 1885. Der Anblick ist nahezu unfassbar. Blütensilhouetten wurden aus Muscheln aus dem Golf von Mexiko herausgelöst und die Verschalung des Typenkorbs damit verkleidet. Repräsentativer geht es nicht. Und auch das hat mit Büroalltag natürlich nichts zu tun.
    Die Crandell stand auf dem Schreibtisch eines US-Tycoons. Lothar Friedrich hat zwanzig seiner Maschinen für die Ausstellung "Schl@gfertige Typen" zur Verfügung gestellt. Ihr Wert liegt im fünfstelligen Euro-Bereich, aufwärts, pro Stück. Den gelernten Maschinenbauingenieur und späteren Journalisten begeistert aber, über das Design hinaus, die Entwicklung der filigranen Technik: Ziel seiner Sammlung ist es, möglichst alle historischen Typenanschlagsmöglichkeiten, der Bauart nach, zusammenzustellen.
    "Wir haben eine bestimmte Vorstellung vom Schriftkörper. Wir haben eine Taste, auf der sitzt der Buchstabe. Und diese Tasten haben eine etwa gleichstarke Größe. Das macht die Schreibmaschinenschrift aus."
    Auch im digitalen Zeitalter wird das Schriftbild nachempfunden
    Alle Buchstabenfelder auf dem Papier sind gleich groß. Bis heute - auch in digitalen Zeiten - wird dieses Schriftbild noch oft sozusagen nachempfunden, erläutert Ko-Kuratorin Claudia Gehrig. Wir gehen jetzt mal weg von der Schönheit der einzelnen Modelle, konzentrieren uns aufs Innenleben: Das Farbband und dieser so typische Korb mit den Armen, die sich möglichst nicht verhaken sollen - all das musste entwickelt werden. Wir verstehen: Mehrere Faktoren mussten zusammenspielen. Nur deshalb stand von etwa 1900 bis in die 1980er Jahre in jedem Büro eine Schreibmaschine.
    "Also der PC und die Schreibmaschine hatten am Anfang eine starke Parallelität, bis das verfeinert wurde."
    Die Parallele: Am Anfang sträubten sich viele gegen den PC, aber auch gegen die Schreibmaschine. Nach ihrer eigentlichen Erfindung vor 300 Jahren geriet sie erst mal wieder in Vergessenheit: Wozu sollte man eine Maschine nutzen, wenn es schneller ginge, mit der Hand zu schreiben? Zurück ins Heute: Manch einer stellt sich wieder eine Schreibmaschine oder vielleicht auch diese Hybridform "Elektronische Schreibmaschine" auf den Tisch. Damit der Schreibprozess buchstäblich wieder körperlich wird. Per Du mit der Maschine: Vielleicht fühlt man sich so kreativer.