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Australien
Gemeinschaftsgärten Down Under

Zwar leben nur 23 Millionen Menschen in Australien, doch ihr energieverbrauchender Lebensstil hinterlässt einen der größten ökologischen Fußabdrücke der Welt. Gemeinschaftliches Gärtnern ist in Sydney ein neuer Trend zur Nachhaltigkeit.

Von Ingeborg Breuer | 01.12.2013
    Bondi Beach, 7 km östlich vom Stadtzentrum Sydney gelegen, ist einer der bekanntesten Strände Australiens und einer der berühmtesten Surfspots der Welt. Ein 1,5 km langer, 200 Meter breiter Sandstrand am Pazifik. Heller, feiner Sand, der auch die Bodenbeschaffenheit in Bondi, dem angrenzenden Stadtteil, prägt.
    Einen guten Kilometer vom Bondi-Beach entfernt wohnt Costa Georgiadis. In einer ruhigen Wohnsiedlung, wo die Häuser klein, die Bürgersteige breit und zur Fahrbahn hin mit großen rasenbewachsenen Grünstreifen ausgestattet sind. Dort hat Costa ein Projekt gestartet, das zwar nicht bei Touristen, aber bei den Bürgern Australiens Aufmerksamkeit erregt. Denn Costa moderiert eine wöchentliche Show im nationalen Fernsehsender ABC, die über ‚Gärtnern in Australien‘ berichtet. Und - der studierte Landschaftsarchitekt gärtnert selbst – vor seiner Haustür. „On the verge“ – auf dem Grünstreifen, heißt das Projekt, über das Costa in seiner Show regelmäßig berichtet.
    Normalerweise wuchert auf solchen Grünstreifen Unkraut, verrichten Hunde ihr Geschäft, liegt Müll herum. Doch Costa, der griechischstämmige Australier mit einer wallenden schwarzen Haarmähne und einem ebenso wallenden Bart, fing an, diese Grünstreifen zu beharken. Tauschte die sandige Erde aus, kompostierte, schaffte Wasser heran und - begann zu pflanzen.
    "Ananas-Salbei, Oregano, Liebstöckl, Basilikum, Lavendel, Rosmarin und robuste einheimische Gewächse pflanzte Costa nahe an einer viel befahrenen Straße. Und dann dort, wo‘s ruhiger wird, Salat, Spinat, Tomaten, Süßkartoffeln, Gurken. An anderer Stelle Olivenbäumchen, einen kleinen Zitrus-Hain. Alles, was in dem milden Klima Sydneys wächst und gedeiht. So kann man das Land in die Stadt bringen. Und die Leute können verstehen, woher ihr Essen kommt."
    Der griechischstämmige Costa begeistert für sein "Verge-Projekt"
    Viele in seiner Umgebung konnte Costa mittlerweile für sein “Verge-Projekt” begeistern. Er unterstützt Nachbarn, die ihren Grünstreifen auch bepflanzen wollen. Zeigt ihnen, wie man am besten eine „Wurmfarm“ anlegt oder wo eine Avocado-Hecke am besten wächst. Am Anzac-Day, dem Gedenkfeiertag für die australischen Kriegsgefallenen, pflanzte er vor dem Haus eines Kriegsveteranen Rosmarin von der türkischen Halbinsel Gallipoli, wo zahlreiche Australier im Ersten Weltkrieg fielen.
    "Vor allem Kinder reagieren begeistert. Costa gibt ihnen Saatgut. Und sie freuen sich, wenn sie dann später Bohnen, Fenchel oder Tomaten ernten. Ich beziehe die Kinder mit ein. Die lieben das und das gehört mit zum Projekt, jeden mit einzubeziehen und das ist toll."
    Doch Costas Nachbarschaftsgarten-Projekt ist zwar das bekannteste, aber nicht das einzige, das es in Bondi gibt. Eineinhalb Kilometer von Costas Verge entfernt gibt es z.B. den Bondi Community Garden. In einer Hinterhofbrache hat eine Gruppe junger Öko-Aktivisten einen Gemeinschaftsgarten angelegt, dessen Produkte jeder aus der Nachbarschaft ernten kann. Und auch sie haben damit begonnen, die an der Straße gelegenen Grünstreifen zu bepflanzen. Sie folgen dabei dem Konzept der "Perma-Kultur“, einem ökologisch nachhaltigen Gärtnern. Lance Lieber, Mitgestalter des Bondi-Community-Gardens:
    "Die drei ethischen Prinzipien: Achtsamkeit gegenüber der Erde, den Menschen und eine gerechte Verteilung. Wenn man diesen Prinzipien folgt, hat man einen dauerhaften moralischen Lebensstil. Und man erhält Vielfalt und schafft Nachhaltigkeit und arbeitet mit der Natur statt gegen sie."
    Lance Lieber ist Mitglied der Gruppe "TransitionBondi". Sie ist Teil der weltweiten "Transition Town"-Bewegung, die die Gesellschaft angesichts von schrumpfenden Ölvorräten und Klimawandel zukunftsfähig machen will.
    Fokus auf selbstproduzierten, biologisch organischen Lebensmitteln
    "Also mit peak oil und climate change versuchen wir zu Lösungen zu kommen",
    erläutert die Deutschaustralierin Beatrix Ludwig, ebenfalls Mitglied von TransitionBondi:
    "… unser Fokus ist auf lokales food, das wir das produzieren … das ist alles biologisch organisch und dann haben wir die responsible runners, eine Gruppe, jeden Sonntag treffen sie sich und pflücken Plastik vom Strand … Und dann haben wir blue star fish, wir wollen Bondi in eine sustainable destination verwandeln und sie arbeiten mit Küchenchefs und ermuntern sie, dass sie nur Fische verwendet, die nicht gefährdet sind … There is also Peter Darsen, was er macht, bringt die Städter zum Land und zu permaculture farms … Das ist viel Spaß und es ist gleichzeitig education, Erziehung."
    Auch Costa Georgiadis hat den Traum von einem nachhaltigeren, einem ökologisch verantwortlicheren Leben. Dies wäre wohl auch wünschenswert. Denn auch wenn in ganz Australien nur 23 Millionen Menschen wohnen, haben sie mit ihrem Energie verbrauchenden Lebensstil einen der größten ökologischen Fußabdrücke der Welt.
    "Meine Vision ist, dass wir essbare Straßen haben, essbare Straßen auch für Bienen und Vögel. Also, meine Vision ist, dass die Straßen keine öden Wüsten sind, sondern so wunderbar grün, Das tut den Augen gut, dem Bauch gut und es ernährt die ganze Community."
    Costas Vision: essbare Straßen
    Doch vor allem will Costa die Nachbarschaft wieder beleben. Als er Kind war, erinnert er sich, gab es kaum Zäune, keine hohen Mauern oder Garagen, die den Blick auf das Innere der Grundstücke verstellten. Und so, stellt er sich vor, soll es auch in Zukunft wieder sein. Die Leute sollen sich wieder auf der Straße treffen in Bondi - on the verge.
    "Warum ich das alles mache? Um die Menschen wieder auf die Straße zu bringen! Denn in den 80er, 90er Jahren wurden Garagen vor die Häuser gebaut und man lebte nach innen. Man bekam ein Heimtheater! So was Verrücktes, die ganze Idee des Theaters war, auszugehen und Leute zu sehen und einen Kaffee zu trinken und miteinander zu sprechen. Dieses ganze 80er, 90er-Jahre-Denken, allein Filme zu sehen und sich einzuzäunen. Das ist verrückt, Schluss damit."