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Auswirkungen des Brexits
Milliarden an Steuereinbußen prognostiziert

140 Milliarden Euro wird Großbritannien bis 2020 weniger einnehmen, als es ohne Brexit-Referendum der Fall gewesen wäre. Mit dieser aktuellen Steuerschätzung bereitete der neue britische Finanzminister Philip Hammond sein Land auf härtere Zeiten vor. Hammond hatte für den Verbleib in der EU gestimmt.

Von Friedbert Meurer | 23.11.2016
    Der britische Politiker und neue Außenminister Philip Hammond am 02.05.2014
    Bis 2020 werde das Wirtschaftswachstum um 2,4 Prozent niedriger ausfallen, als das ohne das Referendum der Fall gewesen wäre, erklärte der britische Finanzminister Philip Hammond die Prognosen der Steuerschätzer. (AFP / Petras Malukas)
    Es war die erste große haushaltspolitische Rede des neuen Schatzkanzlers Philip Hammond. Darin durfte er die britische Öffentlichkeit gleich auf härtere Zeiten vorbereiten. Die neueste Steuerschätzung weise für die nächsten fünf Jahre befürchtete Mindereinnahmen von umgerechnet über 140 Milliarden Euro für den britischen Staatshaushalt aus:
    "Die Steuerschätzer können nicht voraussagen, welchen Deal wir mit der EU schließen. Aber nach Stand heute sagen sie voraus, dass bis 2020 das Wirtschaftswachstum um 2,4 Prozent niedriger ausfallen wird, als das ohne das Referendum der Fall gewesen wäre. Die Experten machen einen höheren Grad der Unsicherheit aus, als das üblich ist."
    Ausgeglichener Haushalt bis 2020 ist kein Ziel mehr
    Hammond versuchte, den Zahlen aber die Schärfe zu nehmen. Dieses Jahr sei man beim Wachstum mit zwei Prozent Spitzenreiter, und ab 2019 erhole sich die Konjunktur wieder. Man liege immer noch besser als Frankreich oder Italien. Dennoch wird jetzt vorgebaut mit mehr Investitionen in die Infrastruktur, in Straßen und Schienen, in den Ausbau des Internet-Breitbands oder in den sozialen Wohnungsbau - alles in allem mit mehr als 20 Milliarden Euro bis 2020.
    "Wir gehen die Investitionen jetzt nach ihrer Priorität an. Es geht um Infrastruktur und Innovation, um die Produktivität in Großbritannien anzuheben. Weil wir in der Vergangenheit so hart gespart haben, können wir es uns jetzt leisten, das über neue Schulden zu finanzieren."
    Großbritannien rückt damit etwas von der Austeritätspolitik unter David Cameron und George Osborne ab. Immerhin gibt die Regierung ihr Ziel auf, bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu erwirtschaften. Dieses Ziel soll jetzt etwas später erreicht worden, sobald es politisch möglich ist, so Hammond.
    "Wir schauen dem Brexit unvorbereitet entgegen"
    Für die Opposition nahm Schatten-Schatzkanzler John McDonnell anschließend die Generalabrechnung vor:
    "Das Urteil könnte nicht deutlicher ausfallen. Sie sind mit ihrem Langfristplan gescheitert. Und jetzt haben wir es auch noch mit dem Brexit zu tun, der größten Herausforderung unserer Generation. Wir schauen dem Brexit unvorbereitet entgegen."
    Der Opposition von Labour ist vor allem zu wenig, dass die Regierung nur verspricht, auf weitere Sozialkürzungen zu verzichten.
    Schatzkanzler Philip Hammond hatte vor dem Referendum übrigens für den Verbleib des Landes in der EU gestimmt. Deswegen gilt er jetzt als Gegengewicht in der Regierung zum Brexit-Trio Boris Johnson, Liam Fox und David Davis. An die Hardliner seiner eigenen Partei war denn wohl auch die Aussage Hammonds gerichtet, dass die milliardenschweren Mindereinnahmen nicht auf seiner Prognose beruhten, sondern auf der des Amts für Steuerschätzung.