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Autofahrer-Abgabe
Albigs Vorstoß "etwas pharisäerhaft"

Die Kritik an der Forderung von Ministerpräsident Torsten Albig nach einer Autoabgabe zur Straßensanierung reißt nicht ab. Der verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein, Arp, sagte im DLF: "Natürlich brauchen wir mehr Geld". Albig habe aber auch zusätzliches Landeskapital nicht genutzt.

Hans-Jörn Arp im Gespräch mit Thielko Grieß | 23.04.2014
    Hans-Jörn Arp, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein
    Hans-Jörn Arp, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein (dpa / Markus Scholz)
    Das Land Schleswig-Holstein habe im vergangenen Haushaltsjahr aufgrund der geringen Zinsen allein 80 Millionen Euro eingespart, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Kieler Landtag, Hans-Jörn Arp, im Deutschlandfunk. Seine Partei habe als Opposition beantragt, immerhin 24 Millionen Euro zusätzlich für die Straßensanierung bereitzustellen. Dies habe Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) abgelehnt. "Und hier zeigt er mit dem Finger nach Berlin. Ich finde das etwas pharisäerhaft."
    Der verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion betonte, die Verkehrsbau müsse nun endlich von den erhöhten Steuereinnahmen profitieren. "Man hätte in Köpfe und Beton, nicht entweder oder, sowohl als auch in den letzten Jahren investieren müssen", sagte Arp. "Das sind viele Fehler gemacht worden von allen beteiligten Politikern. Verkehrspolitiker haben sich gegenüber anderen nicht so durchsetzen können."

    Das Interview mit Hans-Jörn Arp
    Thilko Grieß: Wie lange müssen Sie mit dem Auto fahren, bis Sie mit dem Autoreifen ins erste Schlagloch fahren?
    Hans-Jörn Arp: Das geht relativ schnell. Ich war keine 500 Meter fahren auf Landstraßen, gerade insbesondere die Landstraßen sind in einem katastrophalen Zustand hier in Schleswig-Holstein.
    Grieß: Wer hat die so verkommen lassen?
    Arp: Na, das wäre nun unfair, zu sagen, das sei die Regierung der letzten zwei Jahre. Das ist einfach das Bewusstsein der Menschen gewesen, dass man gesagt hat: Man investiert in Köpfe und nicht in Beton. Das war immer so ein Schlagwort. Und jetzt sehen wir: Man hätte in Köpfe und Beton, nicht entweder oder, sowohl als auch in den letzten Jahren investieren müssen. Da sind viele Fehler gemacht worden von allen beteiligten Politikern. Verkehrspolitiker haben sich gegenüber vielen anderen nicht so durchsetzen können.
    Grieß: Wenn Sie sagen, sowohl als auch, sowohl Bildung als auch Infrastruktur, also als auch Beton, dann brauchen Sie Geld für beides. Wo soll das herkommen?
    Arp: Na ja, wissen Sie, wenn ich das so richtig sehe, haben wir gerade im letzten Monat die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik. Es kann Ihnen doch keiner erklären, dass das nicht möglich ist, daraus beide wichtigen Dinge miteinander zu verbinden und für beides Geld zu haben.
    Grieß: Allerdings hat bisher auch niemand erklären können, dass es funktioniert und wie es vor allem funktionieren soll.
    Arp: Na ja, wir brauchen eine vernünftige Infrastruktur. Wenn Sie Ihre Ware nicht von A nach B bringen, wenn die Menschen nicht von A nach B können - in einer mobilen Gesellschaft brauchen wir es, und es wird immer mehr Verkehr auf die Straße kommen. Dadurch, dass sich auch das Kaufverhalten, das Freizeitverhalten, das Arbeitsverhalten verändert hat, müssen wir darauf reagieren als Politik und können nicht so tun, als würde alles so bleiben, wie es ist, und müssen uns Wege überlegen, wie wir das verbessern können.
    Grieß: Haben Sie einen Weg vor Augen?
    Arp: Natürlich brauchen wir mehr Geld.
    Grieß: Woher?
    Arp: Die Koalitionsrunde der Großen Koalition hat ja im September zusammengesessen, und da war auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident dabei, und aufgrund der Bodewig-Kommission, einer Kommission, die zusammengestellt ist vom ehemaligen Verkehrsminister Herrn Kurt Bodewig, der mit den Landesverkehrsministern zusammengesessen hat, hat eine Woche nach der Bundestagswahl gesagt: Wir brauchen in etwa sieben Milliarden zusätzlich für die Unterhaltung und den Ausbau neuer Straßen. In dieser Runde saß der schleswig-holsteinische Ministerpräsident mit an dem Tisch.
    Eine Pkw-Maut wird von beiden Koalitionspartnern abgelehnt
    Grieß: Sieben Milliarden jährlich, und im Koalitionsvertrag im Bund stehen jetzt fünf Milliarden, allerdings auf die nächsten vier Jahre verteilt.
    Arp: Zusätzlich, genau. Damit hat jeder gewusst: Das wird also nicht reichen. Herr Albig war in dieser Kommission mit dabei, das ist der Unterschied zu vielen anderen Politikern, und er hat sich damit abgefunden, er hat ja diesen Vorschlag mit gemacht aus der Gruppe, und hat auch kein zusätzliches Geld gefordert. Das heißt, es war von Anfang an klar, dass ein Teil der, ich sage mal, Kleinlastwagen mit zusätzlichen Mautgebühren belastet werden sollte, dass man weitere Bundesstaaten in die Mautdiskussion mit reinbringen wollte, aber es war auch von allen Beteiligten klar: Eine Pkw-Maut oder eine Pkw-Vignette wird von beiden Koalitionspartnern abgelehnt. Wenn er das jetzt infrage stellt, dann stellt er damit den Koalitionsvertrag infrage.
    Grieß: Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Arp, dann stellen Sie ja den Koalitionsvertrag insoweit auch ein Stück weit infrage, weil die Ausgaben für Infrastruktur viel zu niedrig berechnet worden seien.
    Arp: In den letzten Jahren unter Ramsauer war das so, dass immer jedes Jahr noch eine Milliarde zusätzlich bereitgestellt wurde.
    Grieß: Das hat dem Schlagloch, das bei Ihnen vor der Haustür liegt, aber bislang nicht genutzt.
    Arp: Nein, das ist auch eine Landesstraße, wie ich sagte. Wir haben als Opposition beantragt, 24 Millionen im letzten Haushalt zusätzlich bereitzustellen, weil das Land Schleswig-Holstein aufgrund der günstigen Zinslage allein 80 Millionen an Zinsen gespart hat. Allein aus diesen Mitteln hätte man ein Drittel nehmen können, und das war der Vorschlag der Union, zu sagen, ein Sonderprogramm für den Unterhalt der Landesstraßen bereitzustellen. Da hat Herr Albig das abgelehnt mit seinem Kabinett, und hier zeigt er mit dem Finger nach Berlin. Ich finde, das ist etwas pharisäerhaft.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.