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Automatischer Informationsaustausch
Schweizer Bankgeheimnis adieu?

Die Verschwiegenheit der Schweizer Banken zog bislang Steuerbetrüger aus aller Welt an. Damit dürfte es bald vorbei sein. Mit Beginn des neuen Jahres beteiligt sich die Schweiz am Automatischen Informationsaustausch. Doch es bleiben Schlupflöcher.

Von Dietrich Karl Mäurer | 29.12.2016
    Das Symbolfoto zeigt eine Sammlung von Kontoauszügen, die mit einem Sicherheitsschloss verbunden sind.
    Der neue Automatische Informationsaustausch macht es ausländischen Steuerbetrügern in der Schweiz schwer. (dpa / picture-alliance / Volker Heick)
    Für Schweizer Banken war es ein erfolgreiches Geschäftsmodell: Sie halfen ihren ausländischen Kunden dabei, Gelder vor den heimatlichen Steuerbehörden zu verstecken. Nach Enthüllungen in der Presse, dem Auftauchen von Daten-CDs und dem politischen Ruf nach mehr Transparenz im Finanzsektor ging es dem Schweizer Bankgeheimnis jedoch zunehmend an den Kragen.
    Wurden bislang Daten nur auf Anfrage weitergegeben, so beteiligt sich die Schweiz nun - genau wie rund 100 weitere Länder - am von der OECD ausgearbeiteten Automatischen Informationsaustausch. Damit sind in der Eidgenossenschaft die goldenen Zeiten für Steuerflüchtlinge definitiv vorbei. Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung Swissbanking erklärt, was wie weitergeleitet wird:
    "Alle Bankkonten, Daten, Erträge, Kapitalgewinne etc. werden von den Schweizer Banken und der Schweizerischen Steuerbehörde geliefert, und von dort in die Ursprungsländer der Kunden. Die Kunden müssen nichts umstellen, weil es besteht ein Staatsvertrage zwischen der Schweiz und den jeweiligen europäischen Ländern. Und die Kunden wissen das, man hat die Kunden schon lange informiert, von dem her dürfte kein Kunde überrascht sein."
    Daten werden nach einem Jahr weitergegeben
    Die Daten werden von den Banken ein Jahr lang gesammelt und dann erst gemeldet. Informationen zu Einkäufen, Anlageformen etc. werden nicht weitergereicht. In Schweizer Bankhäusern unterscheidet man deshalb jetzt das steuerliche Bankgeheimnis, das gefallen ist, und den Privatsphärenschutz, der weiterhin gewährleistet sei. Vor dem Start des Informationsaustausches haben ausländische Bankkunden vermehrt ihre Konten offengelegt. Doch, so betont Thomas Sutter von Swissbanking, nur wenige haben sich aus der Schweiz verabschiedet:
    "Die Zahlen zeigen klar, dass die Kunden im Großen und Ganzen geblieben sind, dass die Kunden also wissen, dass die Qualität, die Kompetenz, die Dienstleistung der Schweizer Bank in der Schweiz nach wie vor gut sind. Auch wenn das steuerliche Bankgeheimnis nicht mehr gilt. Selbstverständlich hat es kleine Abflüsse gegeben, das ist meistens dann, wenn die Kunden ihre Steuerschuld beglichen haben."
    Bei der globalisierungskritischen Organisation "Public Eye" begrüßt man generell, dass der Finanzsektor durch den Informationsaustausch transparenter wird. Public-Eye-Finanzexperte Olivier Longchamp befürchtet aber, dass es auch künftig möglich sein wird, bestimmte Gewinne vor dem Fiskus zu verstecken:
    "Die Steuerbehörden bekommen jetzt auch wirklich die Informationen, wer hat was auf welchem Bankkonto, auch im Ausland. Es gibt aber bestimmte Schlupflöcher noch. Diese Schlupflöcher sind zum Beispiel für Leute, die wirklich viel Geld haben, für Leute, die seit Jahren in der Schweiz anlegen. Es geht um spezielle Finanzkonstrukte, spezielle Finanzprodukte, die es dann ja auch ermöglichen, diese automatische Information umzugehen."
    Kritik an den USA
    Stark kritisiert Olivier Longchamp die USA, also das Land, dass gegen Schweizer Banken Bußgelder in Milliardenhöhe verhängt hatte, weil sie amerikanischen Steuerpflichtigen halfen, ihr Geld zu verstecken. Ausgerechnet die USA beteiligen sich nicht in vollem Umfang an dem neuen System:
    "Die Vereinigten Staaten machen aber da nur ganz begrenzt mit. Und grundsätzlich ist es so, dass sie diese Steuerdaten nicht liefern, aber bekommen. Und das ist natürlich ein Problem.
    Welche Rolle die USA künftig beim Kampf für mehr Steuerehrlichkeit spielen werden, muss sich erweisen. Für die Schweiz jedenfalls gilt: Der neue Automatische Informationsaustausch macht es ausländischen Steuerbetrügern im Alpenland schwer.