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Automobilindustrie 2018
Gemischte Erwartungen und große Hürden für Elektrofahrzeuge

Die deutschen Autohersteller blicken mit gemischten Gefühlen ins neue Jahr. Noch befindet sich die Branche weltweit auf einem hohen Absatzniveau, aber einige Regionen bereitet ihr Sorgen. Und in Sachen Elektromobilität gibt es in Deutschland auch noch einiges aufzuholen.

Von Victor Gojdka | 04.01.2018
    Ein weißes Elektrofahrzeug vom Typ BMW i3 wird an einer E-Tankstelle aufgeladen
    Noch kommt die Elektromobilität in Deutschland nicht recht voran (dpa / Patrick Pleul)
    Wie wird sich Mobilität künftig anhören? So? Oder – genau hinhören! - So?
    Wie weit Deutschland in Sachen Elektromobilität vorankommt, das wird eine entscheidende Frage im Autojahr 2018 sein. Bislang ist die Bilanz ernüchternd. Gerade einmal anderthalb Prozent aller deutschen Autos sind E-Mobile. Und nicht einmal staatliches Geld hilft, den Kunden die Elektroautos schmackhaft zu machen. 600 Millionen Euro hatte der Staat für eine Kaufprämie für E-Autos zur Verfügung gestellt. Nur rund ein Zehntel des Geldes ist bereits abgerufen. Für Autoexperte Christoph Stürmer von der Beratungsgesellschaft PWC vollkommen logisch:
    "Da muss man natürlich auch gucken, dass die Leute, die Neufahrzeuge kaufen, ja ohnehin nicht zum Kern-Ökosegment gehören. Ein Porschefahrer, der sich einen Sportwagen leistet und Spaß daran hat, dass der schön laut ist, ist im Moment noch nicht die Zielgruppe für Elektroantriebe."
    Umweltbewusste kaufen sich eigentlich keinen Neuwagen
    Und andersherum würden Umweltbewusste sich eigentlich keinen Neuwagen kaufen, sondern eher einen Gebrauchten. Wenn überhaupt. Die Autoindustrie müsse im neuen Jahr vor allem also am Marketing arbeiten. – Und dann ist da noch die Sorge der Verbraucher, mit ihren Autos bei längeren Fahrten liegen zu bleiben. Weil es noch nicht genug Ladesäulen gibt. Hier müsse auch die Politik etwas tun, sagt Autoexperte Stürmer:
    "Wir haben heute ein Miet- und Wohneigentumsrecht, das es in Deutschland so gut wie unmöglich macht, eine Ladestation zu installieren. Wir haben Steuerrecht, das es vielen Arbeitgebern so gut wie unmöglich macht, das Laden von Elektroautos am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Also es gibt einen ganzen Wald von Hindernissen und es liegt nicht nur im Fahrzeug begründet."
    Tesla entzaubert sich selbst
    Zumindest nicht bei den deutschen Herstellern. Der amerikanische Hoffnungsträger Tesla allerdings entzaubert sich aktuell selbst. Der Elektro-Autobauer wollte von seinem ersten Mittelklassewagen eigentlich bereits 5.000 Stück pro Woche fertigen. Bislang waren es allerdings kaum anderthalbtausend Exemplare des "Model 3" - in drei Monaten, wohlgemerkt. Autoanalyst Arndt Ellinghorst vom Investment-Bankenberater Evercore war im Herbst zu Gast in der Fabrik. Er weiß wo die Probleme liegen:
    "Tesla ist jetzt gerade im Übergang vom extremen Nischenanbieter hin zum Massenhersteller mit dem Model 3. So, und dieser Übergang in der Fertigung, der wirklich extrem komplex ist, ist doch extrem viel schwieriger, als man sich das vorgestellt hat. Noch mal: Es ist wirklich die Umstellung von Quasi-Handarbeit auf eine industrielle Produktion. Da tauchen einfach Prozessprobleme auf."
    US-Automarkt verliert deutlich an Schwung
    Für die deutschen Hersteller ergäben sich da also Chancen: Sie verstehen schlicht mehr von industrieller Fertigung. Doch insgesamt schauen sie mit gemischten Gefühlen ins neue Jahr. Aktuelle Zahlen zeigen: Der US-Automarkt bleibt zwar robust, verlor im Dezember aber doch deutlich an Schwung. Eine zwiespältige Situation, die so nicht nur in den USA zu sehen ist, sagt Arndt Ellinghorst.
    "Also wir befinden uns immer noch auf einem extrem hohen globalen Absatzniveau, wobei wir davon ausgehen, dass es dieses Jahr vielleicht einen kleinen Rückgang geben wird in China. Und in Europa wird’s vielleicht noch ein ganz kleines Wachstum geben. Aber der englische Markt zieht Europa doch deutlich, doch deutlich runter."
    Die Autohersteller müssen daher vor allem die Märkte in Lateinamerika und Russland in den Fokus nehmen. Dort ist momentan das größte Wachstum zu machen. Die international aufgestellten deutschen Hersteller, sagen Experten, stehen da in der Pole Position.