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Azubis
Knete und mehr für die Ausbildung

Auszubildende, die mal ins Ausland wollen, werden ebenso gefördert wie Ausländer, die zur Ausbildung nach Deutschland wollen. Und zahlreiche Programme, die der Berufsausbildung zugutekommen, wenden sich direkt an die Betriebe – ein Überblick über die Möglichkeiten.

Von Thomas Wagner | 30.04.2016
    "Ich habe noch mal einen Fragebogen bekommen von der Produktion."
    "Na gut, ich habe schon mal alles ausgewertet: Da müssen wir ja jetzt unsere ganzen Ergebnisse über den Haufen werfen."
    Stefanie Schmidt und Maximilian Voss, Anfang 20, absolvieren beim Lebensmittelgroßhändler Okle in Singen eine Ausbildung als Kaufleute mit Zusatzqualifikation Internationales Wirtschaftsmanagement. Wichtiger Baustein: das Auslandspraktikum.
    "Mitte Juli fliege ich nach Malta. Da gehe ich in eine Eventagentur. Und das wird vom Staat gefördert über das Programm Erasmus plus."
    "Ich gehe auch Mitte Juli nach Spanien zu einem unserer Kunden und werde dann da den Einzelhandel in Spanien näher kennenlernen. Ich werde auch gefördert durch Erasmus plus."
    Für Stefanie Schmidt ist diese Förderung ...
    "... sehr wichtig, weil sonst könnte ich es mir nicht leisten, es zu machen."
    Insofern trägt das Austauschprogramm Erasmus plus der EU indirekt dazu bei, dass Ausbildungsstellen mit verbindlichen Auslandspraktika überhaupt besetzt werden können. Denn genau das ist das Problem: Es gibt mehr offene Lehrstellen als Bewerber. Umso wichtiger erscheinen jene Förderprogramme, die junge Frauen und Männer in eine berufliche Ausbildung bringen.
    "Ich bin Andre Abraham und komme aus Ungarn. Ich lerne Großhandelskaufmann."
    Andre Abraham macht einen aufgeweckten Eindruck. Nur mit der deutschen Sprache hapert es noch ein wenig – eigentlich ein großes Hindernis auf dem Weg zu einer kaufmännischen Ausbildung. Aber: Andre Abraham nimmt am sogenannten Ausbildungskooperationsprogramm teil. Dabei haben sich Berufsbildungswerke, Agentur für Arbeit und Ausbildungsbetriebe zusammen getan. Formell angestellt werden die jungen Auszubildenden beim Berufsbildungswerk, arbeiten aber ganz regulär im Betrieb mit – und nehmen zusätzliche Bildungsangebote wahr.
    "Jeden Mittwoch habe ich Zusatzunterricht, alles, was im Unterricht kommt in der Berufsschule."
    Am Kooperationsprogramm teilnehmen dürfen junge Menschen mit Behinderungen, Lernschwächen oder Auszubildende, die noch nicht so gut Deutsch können.
    "Ich denke, das ist eine ganz wichtige Initiative, weil über den üblichen Ausbildungsweg hätte der junge Mann keine optimalen Chancen."
    So Brigitte Müller, Ausbildungsbeauftragte bei Okle in Singen. Sie hat mit dem Programm gute Erfahrungen gemacht.
    "Für den Betrieb kann das eine Chance sein. Gegebenenfalls ist das ein neuer Mitarbeiter, den man im Betrieb brauchen kann."
    Junge Interessenten aus dem EU-Ausland können sich aber auch anders fördern lassen – über das Programm MobiPro des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Es soll dem Fachkräftemangel hierzulande entgegenwirken und unterstützt junge Menschen, die in Deutschland eine berufliche Ausbildung absolvieren. Das Programm Jobstarter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung richtet sich dagegen nicht an potenzielle Auszubildende, sondern an Unternehmen.
    "Hauptsächlich sind das Maßnahmen, die kleine und mittelständische Unternehmend dabei unterstützen sollen, Auszubildende zu finden und ihr Konzept der Mitarbeiterwerbung zu verbessern."
    Erzählt Alexandra Toss, für Ausbildung zuständige Expertin bei der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee. Jobstarter soll vor allem kleine Unternehmen beibringen, wie sie attraktiv werden können für potenzielle Auszubildende. Ergänzt wird dies durch regionale Programme der IHK.
    "Dann ist es so, dass wir kleinere Betriebe, die nicht die Möglichkeit haben, eine eigene Ausbildungswerkstatt zu haben, mit anderen Betrieben in Ausbildungskooperationen vermitteln können, sodass sie sich halt zusammen tun können."
    Flankiert wird das alles durch eine neue Info-Kampagne "Du + Deine Ausbildung = praktisch unschlagbar" des Bundesbildungsministeriums, die mächtig die Werbetrommel für berufliche Ausbildungsangebote rührt. Dies sei, meint Professor Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, für die Besetzung von beruflichen Ausbildungsangeboten genauso wichtig wie die Förderprogramme selbst.
    "Jeder kennt den Kaufmann oder den Industriekaufmann. Aber nicht jeder weiß, was Span abhebende Metallbearbeitung ist. Und wenn wir uns nicht bemühen, diese Berufsbilder bekannt zu machen, in die Schulen zu bringen, in die Berufswahlorientierung zu bringen, dann haben wir gar keine Chance, junge Menschen für diesen Beruf überhaupt zu interessieren."
    In der Infokampagne der Bundesregierung sieht Marx dann auch eine Kurskorrektur:
    "Da ist das duale System in letzter Zeit etwas zu kurz gekommen gegenüber der Hochschulausbildung. Und wenn das jetzt korrigiert wird, ist das der richtige Weg."
    Als Herkulesaufgabe erscheint dagegen die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Flüchtlinge an. 10.000 von ihnen sollen im Rahmen eines Gemeinschaftsprogramms des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Bundesagentur für Arbeit ein klassisches Handwerk erlernen – leichter gesagt, als getan. Denn die meisten sprechen kein Deutsch, viele können weder lesen noch schreiben. Mehr Sprachkurse braucht das Land, fordert daher Alexandra Toss von der IHK Hochrhein-Bodensee:
    "Im Moment ist das noch nicht so gut ausgebaut, die Sprachförderung. Und da sind wir gerade dabei, mit den beruflichen Schulen etwas zu organisieren. Und wir können uns aber auch vorstellen, als IHK selbst kleinere Sprachförderungskurse anzubieten."