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Wikipedia soll gegen Verschwörungstheorien helfen

Immer häufiger müssen soziale Medien und Online-Plattformen gegen die Verbreitung von Verschwörungstheorien vorgehen. Aus Sicht der Youtube-Chefin sollen auch verlinkte Wikipedia-Artikel dabei helfen - doch die Wikimedia-Verantwortlichen sind nicht wirklich begeistert von der Idee.

Von Marcus Schuler | 19.03.2018
    Ein Screenshot von der App YouTube.
    YouTube will Wikipedia benutzen, um Verschwörungstheorien auszuräumen. (dpa / Tobias Hase)
    Die Welt der sozialen Netzwerke hat sich verändert. Spätestens seit der US-Wahl im Jahr 2016 ist klar: diese Netzwerke sind manipulierbar. Millionen von Menschen können via Facebook, Twitter oder Youtube erreicht werden. Noch schlimmer: Die Tech-Firmen scheinen die Kontrolle über die Inhalte verloren zu haben. Susan Wojcicki, die Chefin der Videoplattform Youtube, die zu Google gehört, hat jetzt eine erste Maßnahme angekündigt, um gegen Verschwörungstheorien vorzugehen. Auf der South By Southwest Konferenz in Austin, Texas sagte sie: "Wenn es sich um ein Video handelt, in dem es um eine Verschwörungstheorie geht, blenden wir direkt daneben Informationen von Wikipedia über das Ereignis ein."
    Wikipedia: Keine offizielle Partnerschaft
    Bei den Verschwörungstheorien orientiert sich die Youtube-Chefin an einer Liste, die Wikipedia herausgegeben hat. Nur bei Videos, die eine deutliche Debatte auslösen, sprich viele Kommentare erzeugen und Verlinkungen erhalten, soll es eine Wikipedia-Einblendung geben. Eine der beliebtesten Theorien: Die Landung auf dem Mond im Jahr 1969 habe gar nicht stattgefunden: "Es gibt im Netz klare Informationen über die Apollo-Landungen. Wir bieten jetzt zusätzliche Infos an, die Leute können diese Videos nach wie vor schauen, ihnen stehen jetzt aber weitere Informationen zur Verfügung."
    Bei der gemeinnützigen Wikimedia Stiftung in San Francisco zeigte man sich über den Vorstoß der Youtube Chefin verwundert. Ausdrücklich wies die Stiftung darauf hin, dass jeder Informationen von Wikipedia nutzen könne. Tech-Reporter Casey Newton vom Online-Dienst "The Verge" sagt: "Wikipedia hat mitgeteilt, dass sie über die Entscheidung nicht informiert waren. Es handle sich um keine offizielle Partnerschaft." Bei Wikimedia scheint man sich über Youtube zu ärgern. Katherine Maher, Executive Director bei Wikimedia, schrieb auf Twitter, damit werde die Arbeit der freiwilligen Wikipedia-Redakteure mal wieder kommerziell ausgenutzt.
    Gefahr der Manipulation
    Doch bei dieser Kritik blieb es nicht. Die Einbindung bei YouTube könnte für Wikipedia zu einem ernsten Problem werden. Der Grund: Wikipedia-Artikel können von jedem verändert werden - und damit auch manipuliert, sagt "The Verge"-Reporter Casey Newton: "Wikipedia könnte unter Druck geraten. Ein Beispiel: Nehmen wir an, sie haben ein paar Videos produziert mit der Aussage, die Mondlandung habe es nie gegeben, und darunter befindet sich nun ein Kasten mit einem Link zu Wikipedia, mit allen Beweisen, dass die Mondlandung natürlich stattgefunden hat. Und weil jeder Wikipedia-Artikel bearbeiten kann, könnte versucht werden, dieses System nun auszutricksen."
    Für die nicht bezahlten Wikipedia-Redakteure auf der ganzen Welt dürfte solch ein Schritt Zusatzarbeit bedeuten, weil sie ständig Artikel zu Verschwörungstheorien bearbeiten müssten. Und Youtube ist kein kleines Angebot. Weltweit handelt es sich um die zweitbeliebteste Website - mit Milliarden Abrufen pro Tag. Tech-Reporter Casey Newton meint, die schwierigsten Herausforderungen, die Bekämpfung von Fake News und Verschwörungstheorien, seien für die Tech-Unternehmen des Silicon Valley noch längst nicht gelöst: "Im Moment fehlen den Chefs der Tech-Unternehmen noch die Ideen, wie sie das Problem beheben können."