EuGH-Urteil zur Genschere

Höhere Hürde für die Pflanzenzüchtung

Gewächshaus zur gentechnischen Pflanzenzüchtung von Getreide
Gewächshaus zur gentechnischen Pflanzenzüchtung von Getreide © imago stock&people
Michael Lange im Gespräch mit Nicole Dittmer · 25.07.2018
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Pflanzen, die mit dem Mutagenese-Verfahren gezüchtet wurden, unter die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen fallen. Für Pflanzenzüchter sei die Entscheidung ein Nachteil, sagt Wissenschaftsjournalist Michael Lange.
Beim Mutagenese-Verfahren (crispr/cas), auch Genschere genannt, werden Enzyme in Pflanzenzellen gegeben. Mit Hilfe der Enzyme lässt sich dann die DNA gezielt an bestimmten Stellen schneiden und entsprechend verändern.
"Diese Schere ist programmierbar, sie ermöglicht eine Form der Gentechnik, die viel feiner ist als frühere Methoden", sagt der Wissenschaftsjournalist Michael Lange.
"Die Genschere ist ein mächtiges Werkzeug, sie kann sehr viel, sie kann auch kleine Dinge, zum Beispiel kann sie Mutationen auslösen, das passiert in der Natur dauernd, und wenn man da ein bisschen nachhilft, dann nennt man das Mutagenese. Man kann das gezielt auslösen."
In der klassischen Züchtung werde das auch gemacht, allerdings ungezielt und mit Hilfe von Strahlung oder Chemie.

Neue Züchtungen nach Crispr-Verfahren sind kennzeichnungspflichtig

Da aber die Auswirkungen solcher Züchtungen nicht bekannt sind, hatten französische Verbraucherverbände dagegen geklagt, dass dieses Verfahren von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen ist.
Die Luxemburger Richter entschieden jetzt: Mit den neuen Mutagenese-Verfahren ließen sich die gleichen Wirkungen erzielen wie mit der Einführung eines fremden Gens (Transgenese) in einen Organismus – und deshalb seien sie entsprechend zu kennzeichnen.
Umwelt- und Verbraucherverbände begrüßten das Urteil. Forscher, Bauernverband und Biotech-Industrie hingegen sehen es als fortschrittsfeindlich.

Wettbewerbsnachteil für Pflanzenzüchter

Es sei auf jeden Fall eine höhere Hürde für die Pflanzenzüchtung, meint Michael Lange.
"Die Frage ist: Brauchen wir wirklich höhere Erträge? Oder brauchen wir nicht eigentlich gesündere Lebensmittel? Ich denke, man kommt in der Landwirtschaft auch weiterhin ohne Genschere aus, aber für Pflanzenzüchter ist es natürlich ein Nachteil im internationalen Wettbewerb, wenn die Wettbewerber bessere Methoden haben."
(abu)
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