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Bahnverkehr
Mehr Geld bei Zugverspätungen

Das EU-Parlament will die Bedingungen für Bahnreisende verbessern. Neben höheren Entschädigungen bei Verspätungen fordern die Abgeordneten auch mehr Fahrradstellplätze und mehr Komfort für Menschen mit Behinderungen.

Von Paul Vorreiter | 15.11.2018
    Reisende stehen Schlange an einem Informationsstand der Deutschen Bahn im Berliner Hauptbahnhof.
    Ob bei schlechtem Wetter, technischen Schäden oder Baustellen: Verspätungen gehören zur Tagesordnung. (dpa / Paul Zinken)
    Verspätungen und Zugausfälle sind für Bahnreisende immer wieder ein Ärgernis. Das Europaparlament will die Ansprüche der Passagiere auf Entschädigungen deshalb erhöhen. Evelyne Gebhardt, Vizepräsidentin des Europaparlaments, SPD:
    "Fahrgäste werden sich darauf verlassen dürfen, dass wenn eine Stunde Verspätung ist, die Hälfte der Fahrkarte ersetzt werden muss und bei zwei Stunden der volle Preis und ich denke, das ist eine sehr gute Sache."
    Neue Passagierrechte auch für S-Bahnen gültig
    Die Neuregelung sieht vor, dass bei Verspätungen von bis zu zwei Stunden 75 Prozent des Ticketpreises zurückgezahlt werden müssen.
    Die überarbeitete Richtlinie betrifft auch verpasste Anschlusszüge. Wer mit dem Thalys von Brüssel nach Köln verspätet ankommt und dort seinen ICE der Deutschen Bahn verpasst, darf in Zukunft den nächsten ICE nutzen, auch wenn er kein flexibles Ticket gekauft hat. Die Passagierrechte gelten zudem auch für Fahrten mit sogenannten suburbanen Zügen, sprich S-Bahnen.
    In Zukunft sollen Reiseanbieter auch dazu angehalten werden, sogenannte "through tickets" anzubieten. Das sind Tickets für Fahrten, bei denen man mehrmals auf dem Weg zu seinem Ziel umsteigt und dabei auch die Reisedienstleister wechselt. Das soll den Ticketkauf erleichtern, weil Kunden dann ihre Fahrtsegmente nicht einzeln bei jedem Bahnunternehmen kaufen müssen.
    Für Menschen mit Behinderung wird Reisen einfacher
    Die Neuregelung sieht außerdem Änderungen für bestimmte Passagiergruppen vor. Etwa für Menschen mit Behinderungen. Evelyne Gebhardt:
    "Das ist der ganz große Durchbruch, denn Menschen mit Behinderungen bzw. mit eingeschränkter Mobilität dürfen sich in Zukunft darauf verlassen, dass sie tatsächlich mitgenommen werden und dass ihnen Hilfen gegeben werden und zwar kostenlos. Und sollten beschädigt werden die Gehhilfen oder was sonst an Mitteln da sind, dann müssen diese auch ersetzt und entschädigt werden."
    Auch sollen sich Menschen mit Behinderungen an großen Bahnhöfen, nicht mehr wie bislang bis zu 48 Stunden vor Fahrtbeginn ankündigen müssen, um ein Recht auf Assistenz zu haben. Bei großen Bahnhöfen mit mehr als zehntausend Passagieren am Tag soll Hilfe immer angeboten werden müssen. Bei mittleren Bahnhöfen, solchen zwischen 2000 und zehntausend Passagieren am Tag, genügen künftig 30 Minuten vor Fahrtantritt, bei kleineren Bahnhöfen ist eine Frist zur Anmeldung von 12 Stunden vorgesehen.
    Mindestens acht Fahrradstellplätze pro Zug
    Veränderungen gibt es auch für Radfahrer. Denen konnte es bislang verweigert werden, ihr Fahrrad in den Zug zu nehmen. In Zukunft sollen mindestens acht Fahrradplätze pro Zug zur Verfügung stehen. Markus Ferber, stellvertretendes Mitglied im Vekehrsausschuss, CSU:
    "Bei den Fahrradfahrern ist vorgesehen, dass nicht nur im Nahverkehr, sondern auch im Regional- und Fernverkehr Abstellplätze für Radfahrer bereitgestellt werden, damit ich mich nicht nur auf dem Fahrradmarkt bedienen kann durch Leihräder, sondern auch mit meinem eigenen Rad in Urlaub fahren kann."
    Neue Regeln könnten 2020 in Kraft treten
    Hinzu kommt, dass die Information der Bahnreisenden verbessert werden soll. Bahnunternehmen müssen in Echtzeit Informationen liefern, etwa über Apps, auf denen man sehen kann, wie sehr die Züge gerade verspätet sind.
    Nach der Abstimmung heute im Europaparlament wird noch im Trilog über die Neuregelungen verhandelt. Trilog; das ist eine Art europäischer Vermittlungsausschuss zwischen Kommission, Mitgliedsstaaten und Parlament. Wenn die Verhandlungen dort im kommenden Jahr abgeschlossen sind, könnten die neuen Regeln im Jahr darauf in Kraft treten. Sie gelten für alle Schienenverkehrsarten, ob privat, öffentlich, regional oder international.