Donnerstag, 25. April 2024

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Bamberg macht mobil gegen NPD

Die Stadt Bamberg drückt heute mit einem Fest der Demokratie ihren Protest gegen den Bundesparteitag der NPD aus. Oberbürgermeister Andreas Starke betonte, man wolle zeigen, "dass wir freiheitsliebend, tolerant und weltoffen sind".

Moderation: Jürgen Zurheide | 24.05.2008
    Jürgen Zurheide: Die Stadt Bamberg hat das zweifelhafte Vergnügen, den NPD-Parteitag zu beherbergen. Man hatte alles versucht, juristisch gegen dieses Treffen vorzugehen, allerdings erfolglos. Und so findet das statt. Auf der einen Seite das NPD-Treffen, auf der anderen Seite eine Stadt, die mobil macht und zeigt, die Rechten sind nicht willkommen hier in unserer Stadt. Über dieses Thema wollen wir reden. Und ich begrüße den Oberbürgermeister der Stadt Bamberg, Andreas Starke. Guten Morgen, Herr Starke!

    Andreas Starke: Guten Morgen.

    Zurheide: Herr Starke, zunächst einmal, wie enttäuscht waren Sie eigentlich, dass die Juristen Ihnen am Ende nicht helfen konnten, oder haben Sie sich gedacht, so ist das in unserer Demokratie, eben auch die Rechten dürfen dann tagen. Wie ist da Ihre Haltung gewesen?

    Starke: Ja, wir waren natürlich mit den gerichtlichen Entscheidungen sowohl des Verwaltungsgerichtes als auch des Verwaltungsgerichtshofes unzufrieden, aber wir mussten damit letztlich zurechtkommen. In Wahrheit ist es ja die Konsequenz aus der Tatsache, dass die NPD auf Bundesebene noch nicht verboten worden ist. Und das zeigt, wie notwendig ein solcher Schritt wäre.

    Zurheide: Jetzt gibt es vielfältige Erfahrungen zum Beispiel der Kollege Ulrich Maly, Oberbürgermeister von Nürnberg, ist heute auch bei Ihnen in Bamberg, dort hat man so etwas ähnliches auch schon gehabt, ein Parteitag, eine breite Mobilisierung in der Stadt. Was hat er Ihnen zurufen können, was hat er möglicherweise Ihnen an Erfahrungen mitgegeben oder wird Ihnen mitgeben?

    Starke: Ich stehe natürlich in ständigem Kontakt mit meinem Freund Ulli Mali und wir hatten uns ausgetauscht, wie man am geschicktesten mit einer solchen Problemlage umgeht. Ich glaube, ganz besonders wichtig ist, dass man nicht wegschaut, sondern dass man die Bürgerinnen und Bürger animiert und aufruft, sich für die Demokratie auch an einem solchen Tag erst recht einzusetzen, dass man friedlich demonstriert und wir hatten vor einigen Monaten schon vorausschauend ein Bündnis gegen Rechtsextremismus gegründet, wo die katholische Kirche, die evangelische Kirche, die israelitische Kultusgemeinde aber auch die muslimischen Religionsgemeinschaften ein Dach gebildet haben, und wir haben dort zahlreiche Aktivitäten entwickelt, die wir heute umsetzen werden.

    Zurheide: Jetzt könnte man sagen, manchmal bedarf es dann eines solchen Anstoßes von außen und die Demokraten zeigen, wie wichtig das ist, dass Demokratie lebt. Ist das so ein Signal, was Sie heute setzen wollen?

    Starke: Ja, wir wollen vor allem zeigen, dass wir nicht wegschauen, dass wir uns engagieren, dass wir uns für unsere demokratischen Grundrechte einsetzen. Deswegen feiern wir heute ein Fest der Demokratie auf dem Max-Platz, um ganz bewusst ein Gegengewicht zu setzen gegen einen NPD-Bundesparteitag, den wir hier in Bamberg nicht wollen. Wir rufen auf zur Toleranz, wir rufen auf, sich für die Menschenrechte einzusetzen, überall wo es geht und diese Strategie, glaube ich, wird erfolgreich sein und wir haben eine große Resonanz und Bamberg wird heute zeigen, dass wir freiheitsliebend, tolerant und weltoffen sind.

    Zurheide: Was werden die Hauptbotschaften sein, dieser Veranstaltung? Auf der einen Seite wird es Reden geben, auf der anderen Seite muss es ja gelebt werden. Wie wollen Sie das hinkriegen?

    Starke: Ich glaube, es geht heute um eine doppelte Pflicht. Auf der einen Seite wollen wir für die demokratischen Grundrechte eintreten, wir wollen zeigen, dass wir insbesondere mit unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die immer wieder die Zielscheibe und das Opfer von diesen Nazimethoden sind, dass wir uns an ihrer Seite fühlen, dass wir sie stärken, dass wir eine gelebte Demokratie auch sind und all das werden wir heute mit Einzelaktionen auf dem Max-Platz noch einmal unterstreichen. Aber auf der anderen Seite geht es auch darum, dass wir friedlich demonstrieren, dass wir jeder Gewalt, egal von Rechts oder Links, eine Absage erteilen und auch dazu rufe ich auf, wir hatten am letzten Wochenende den Dalai Lama zu Gast und der hat ja mit seinem Prinzip der Gewaltfreiheit deutlich gemacht hat, dass man sich auch mit solchen Methoden erfolgreich für seine Ziele einsetzen kann und das werden wir heute tun.

    Zurheide: Genau damit sprechen Sie ja ein wichtiges Problem an, es gibt ja so die hinlänglich bekannten Reflexe, dass auf der einen Seite dann Gegendemonstranten möglicherweise genauso mit Gewalt operiert wird wie die Rechten selbst. Wie wollen Sie das verhindern? Sie haben es gerade angesprochen, es ist ein Versuch. Warum hoffen Sie, dass er klappt?

    Starke: Ja, Sie haben natürlich recht, das bereitet uns Sorgen, dass wir jetzt heute zum Mittelpunkt werden auch von Beteiligten der sogenannten autonomen Szene, die vielleicht nach Bamberg kommen. Wir rechnen jedenfalls damit. Wir sind nicht blauäugig, wir haben in den letzten Wochen und Monaten fieberhaft zusammen mit der Polizei daran gearbeitet, ein gutes und erfolgreiches Sicherheitskonzept zu entwickeln und heute auch umzusetzen. Wir werden also von Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet unterstützt und wir sind zuversichtlich, dass das in friedlichen Bahnen abläuft, wir haben jedenfalls alle Voraussetzungen dafür geschaffen.

    Zurheide: Sie haben es gerade schon angesprochen, es ist wichtig, dass eine Stadt, eine Gesellschaft zeigt, dass sie lebt, dass demokratische Prinzipien das richtige sind. Wie kann man es schaffen, das so etwas nicht nur an einem solchen Tag, so wichtig das auch ist, nach außen gezeigt wird, dass das gelebt wird, was ist das eigentliche Ziel einer solchen Veranstaltung?

    Starke: Zum einen geht es um die Veranstaltung als solche, aber dahinter muss auch immer Aufklärung und Bildung stecken. Wir haben mit diesem Bündnis gegen Rechtsextremismus auch ein Bildungsprogramm entwickelt, das in die Schulen hineinreichen soll, dass wir insbesondere Jugendliche erreichen, dass wir im Grunde täglich auch deutlich machen, dass wir selber bereit sind, Respekt vor der Überzeugung anderer zu haben, dass wir selber bereit sind, die demokratischen Rechte jeden Tag vorzuleben und dass wir auch ein Stück Vorbild sind in dieser Richtung und insbesondere ist es wichtig, dass wir auch die Strategie der NPD immer wieder entlarven, die auf Hass, auf Vorurteile, auf Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus setzt. All das wollen wir der Bevölkerung mit unserem Bildungsprogramm immer wieder verdeutlichen und vor den Gefahren warnen.

    Zurheide: Mit wie vielen Menschen rechnen Sie heute?

    Starke: Also wir rechnen mit insgesamt zwischen 4000 und 6000 Demonstranten und ich wünsche mir für die friedliche Veranstaltung auf dem Max-Platz, wo wir dieses Fest der Demokratie begehen, weil am 24. Mai 1949 bekanntlich das Grundgesetz in Kraft getreten ist, das ist für uns der äußere Anlass, ein Gegengewicht zu setzen. Wir hoffen, dass zu diesen gewaltfreien, friedlichen Demonstrationen sehr viele Bürgerinnen und Bürger kommen.

    Zurheide: Das war der Oberbürgermeister von Bamberg, Andreas Starke heute morgen im Deutschlandfunk, ich bedanke mich bei Ihnen für das Gespräch.

    Starke: Bitte schön.