Aus den Feuilletons

Singen in Zeiten von Corona

04:12 Minuten
Der MDR-Rundfunkchor
So nah beieinander wie hier wird man in der nächsten Zeit beim Singen im Chor nicht mehr stehen dürfen. © MDR-Rundfunkchor / Andreas Lander
Von Tobias Wenzel · 10.05.2020
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Chorsänger können aufatmen, allerdings nicht zu tief. Denn das gemeinschaftliche Singen ist auch in Zeiten von Corona möglich - mit dem richtigen Abstand natürlich: 1,5 Meter reichten völlig aus, wird in der „NZZ“ ein Aerodynamik-Experte zitiert.
"Das RKI stellt die regelmäßige Corona-Pressekonferenz ein. Werden Sie sie vermissen?", fragt die TAZ den Satiriker Friedrich Küppersbusch. Und der antwortet: "Bibis Beauty Palace wird mir die Influenza-Influencer nicht ersetzen können. Viele Leute machen sich schon Hüte aus Klopapier, weil Alu ausverkauft ist."
"Wenn wir nicht durch das Virus sterben oder an der brutalen Traurigkeit, dann sterben wir an der Wut", schreibt die brasilianische Schriftstellerin Katherine Funke in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.

Bolsonaro, Trump und Merkel im Vergleich

An dem Tag, an dem in Brasilien so viele Menschen mit Covid-19 gestorben sind wie an keinem anderen, habe Präsident Jair Bolsonaro gesagt: "Er freue sich auf das Churrasco, die Grillparty, in seinem Haus am Wochenende. Zuerst sollte diese Party etwa 30 Gäste haben; dann erhöhte sich die Zahl, ebenso wie Brasiliens Todesfälle, exponentiell auf 1300, um dann auf 3000 anzusteigen."
Als das wiederum kritisiert wurde, sei die Party mit der Begründung abgesagt worden, es habe sich um einen Scherz gehandelt, um damit die Kritik der "Journalistenidioten" zu provozieren.
Da kann sich der Leser wiederum an Donald Trump erinnert fühlen, der ganz nüchtern die seiner Meinung nach interessante Idee äußerte, im Kampf gegen das Coronavirus Menschen Desinfektionsmittel zu injizieren, später behauptete, das sei nur Sarkasmus gewesen, und seine Coronavirus-Pressekonferenzen schon einstellen wollte, weil Medienvertreter "nichts als feindselige Fragen" stellen und sich weigern würden, die Wahrheit zu berichten.
Aber zurück nach Brasilien und zu Katherine Funkes Artikel: "Statt auf der Grillparty war Präsident Bolsonaro bei einer fröhlichen Spritztour mit dem Jetski zu beobachten."
Das regt schon dazu an, das einmal auf Deutschland zu übertragen: Angela Merkel reagiert auf den Höhepunkt der Coronakrise in Deutschland mit einer Einladung zu einer Grillparty nach Berlin oder in die Uckermark, behauptet nach Kritik, sie habe sich nur einen Scherz erlaubt, um die "Journalistenidioten" in eine Falle zu locken, und zieht sich dann nach Rügen zurück, um in der Ostsee Jetski zu fahren. Danach singt sie vielleicht auch noch in einem dicht gedrängten Chor.

Wie weit fliegen die Tröpchen beim Singen?

"Wie lassen sich Chorsänger schützen?", fragt Marcus Stäbler in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und verweist auf eine Untersuchung von Christian Kähler, einem Professor für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München. Er hat Tests zur "Ausbreitung von Tröpfchen und Schwebeteilchen in der Luft, den Aerosolen, bei Instrumenten und Stimmen" gemacht und bei Youtube veröffentlicht.
Der Luftstrom von Sängern reiche nur bis einen halben Meter weit. Deshalb hält Kähler einen Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern für ausreichend. Stäbler gibt aber zu bedenken: "Nicht berücksichtigt werden hingegen möglicherweise entscheidende Details wie die besondere Aufnahmefähigkeit der Lungen von Sängerinnen und Sängern, die ja während einer Aufführung besonders tief einatmen."
Da möchte man selbst als Nicht-Sänger sicher ist sicher, am liebsten kaum noch atmen. Warum nicht gleich zum Schluss dieser Kulturpresseschau?

Oma und Opa haben wieder geöffnet

Einfach atemlos, also viel schneller sprechen und vorher einmal kräftig, aber nicht allzu kräftig Luft holen: "Zum ersten Mal seit Monaten haben Großeltern wieder geöffnet. Enkelin und Enkel müssen Oma und Opa nun besuchen", schreibt der Satiriker Hans Zippert in der WELT.
"Viele Kinder haben möglicherweise vergessen, wie Oma und Opa aussehen, sie sollten sich mithilfe von Fotos und Videos die Gesichter gut einprägen, damit es nicht zu Verwechslungen mit osteuropäischem Pflegepersonal kommt. Andererseits sind ja fast alle Beteiligten maskiert, sodass es eigentlich egal ist."
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