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Deutschland und die Ukraine
Ukraine-Konflikt überschattet Wirtschaftstreffen

Der aktuelle Konflikt zwischen Moskau und Kiew überschattet auch das deutsch-ukrainische Wirtschaftsforum. Beide Seiten wollen aber ihre Beziehungen weiter vertiefen. Doch gibt es einen wichtigen Streitpunkt - den Bundeskanzlerin Angela Merkel auch angesprochen hat.

Von Klaus Remme | 29.11.2018
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt neben Wladimir Groisman, Ministerpräsident der Ukraine, zum 3. Deutsch Ukrainischen Business-Forum in Berlin.
    Auf dem 3. Deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum sagte Angela Merkel der Ukraine Solidarität im Konflikt mit Russland zu (picture alliance / Michael Kappeler)
    Unterschiedliche Tonlagen beim Wirtschaftsforum: Anders als der ukrainische Botschafter in Berlin gestern, widmete sich Ministerpräsident Wladimir Groisman der aktuellen politischen Krise nur kurz, er empfahl sein Land als günstigen Investitionsstandort – gerade jetzt, wie er sagte - und erwähnte beispielsweise das Thema der Sanktionen gegen Russland mit keinem Wort. Angela Merkel wiederum begründete die Sanktionspolitik Deutschlands und der EU ausführlich. Es gehe, so die Bundeskanzlerin um Grundsätze internationalen Völkerrechts:
    "Wir machen die Sanktionen ja nicht um der Sanktionen willen sondern wir machen diese Sanktionen um einfach deutlich zu machen, dass Länder, auch wenn sie in der territorialen Nähe Russlands liegen, das Recht auf eine eigene Entwicklung haben müssen."
    Merkel beschuldigt Putin
    Im Fall der Ukraine gelte dies ganz besonders. Sie erwähnte das Referendum für die Unabhängigkeit und Abgabe von Atomwaffen im Tausch gegen internationale Garantien im Budapester Memorandum hinsichtlich Souveränität und sicheren Grenzen. Merkel sagte wörtlich:
    "Deshalb sind wir in einer Pflicht, wir können es nur schlecht genug sichern, aber wir haben hier eine Pflicht, zu dem zu stehen, was wir einmal versprochen haben."
    Wer trägt die Verantwortung für die Eskalation der vergangenen Tage? Diese Frage wird kontrovers diskutiert. Die von Russland gebaute Brücke über die Meerenge von Kertsch ist aus Sicht der Bundesregierung völkerrechtswidrig. Auch deshalb formulierte Angela Merkel entschieden:
    "Das geht nun voll auf die Kosten des russischen Präsidenten, seitdem diese Brücke im Mai eingeweiht ist, haben sich die Schifffahrtsbedingungen verschlechtert, obwohl es einen russisch-ukrainischen Vertrag aus dem Jahr 2003 gibt, der dann auch noch mal bestätigt wurde, dass freie Schifffahrt für alle Beteiligten in dieser Region möglich sein muss."
    Keine Lockerung der Sanktionen
    Sie werde darüber mit Wladimir Putin beim G20 Gipfel in Buenos Aires sprechen, versicherte die Bundeskanzlerin. Eine Hafenstadt wie Mariupol dürfe nicht abgeschnitten werden und müsse frei erreichbar sein, so Merkel weiter. Sie begründete ihre Ausführlichkeit, sie wisse, dass manch Wirtschaftsvertreter auf eine Lockerung der Sanktionen dränge.
    "Das möchte ich auch gerne, wäre für uns alle einfacher, aber wir müssen aufpassen, dass solche Beispiele nicht Schule machen und wenn sie sich mal Russlands Umgebung anschauen, in Georgien haben sie Süd-Ossetien und Abchasien, in Moldawien Transnistrien, in Aserbeidschan und Armenien haben Nagorny-Karabach, in der Ukraine die Ostukraine, es gibt einen Gürtel von Ländern, die sich nicht so entwickeln können, wie sie das möchten und da können wir auch als Deutsche die Augen nicht davor verschließen."
    Umstritten: Nordstream-Pipeline 2
    Die Möglichkeit neuer, weitergehender Sanktionen, wie von der Ukraine gefordert und auch von Washington empfohlen, sprach Merkel nicht an. Kiew will darüber hinaus einen Stopp oder eine Unterbrechung des deutsch-russischen Gasprojekts Nordstream 2. Die Ukrainer fürchten um ihren Status als wichtiges Transitland.
    "Sie dürfen davon ausgehen, dass trotz der unterschiedlichen Einschätzungen zu Nordstream2 wir mit voller Kraft für die Ukraine als Transit Gasexporteur eintreten, wir werden sehr sorgsam darauf achten, dass sich die politische Situation der Ukraine nicht verschlechtert."
    Also auch in diesem Punkt kein Signal für einen Kurswechsel Deutschlands.