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Bankensturm und Kapitalverkehrskontrollen

Sollten die Banken in Zypern wieder öffnen, werden Sparer wohl massenhaft ihr Geld abheben wollen. Wirtschaftsexperten nennen so etwas Bank Run. Längst ist der Begriff neben Kapitalverkehrskontrollen zum Schlagwort für die Krise in Zypern geworden.

Von Brigitte Scholtes | 27.03.2013
    Wenn Bankkunden das Vertrauen verlieren, dass ihre Einlagen bei ihrem Geldinstitut sicher sind, dann werden sie versuchen, das Geld abzuheben. Denn mit ihren Einlagen sind sie Gläubiger der Bank, und wenn diese nicht mehr als zahlungsfähig gilt, dann werden sie alles daran setzen, ihr Geld so schnell wie möglich abzuziehen, sagt Martin Hellmich, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Eine Bank hat eine große Bilanz, viele Vermögenswerte, viele Verbindlichkeiten. Die Vermögenswerte sind meistens viel weniger liquide als die Verbindlichkeiten, die meistens sehr kurzfristig sind. In dem Moment, wo viele Leute ihr Geld abziehen, hat die Bank nur begrenzt liquide Mittel zur Verfügung, diesem Auszahlungswunsch nachzukommen. Und sobald die liquiden Mittel aufgebraucht sind, stehen die Kunden in der Schlange und bekommen möglicherweise ihre Auszahlung nicht mehr angedient."

    Immer wieder haben in der jüngeren Geschichte Kunden ihre Banken gestürmt, Hellmich nennt einige Beispiele:

    "Bank Runs gab es natürlich in der Vergangenheit immer wieder. Immer gerade dann, wenn man in einer Krisensituation ist und das allgemeine Vertrauen sinkt. Wir hatten vier Wellen von Bank Runs in den Zeiten der großen Depression: Von 1929 bis 1933 gab es vier verschiedene Wellen in den USA, es gab auch vergleichbare Bilder aus dieser Zeit auch in Deutschland. Dann gab es natürlich auch Bank Runs in der jüngsten Krise. Wir hatten 2007 die Bilder mit Northern Rock, wir hatten dann Washington Mutual in 2008, wir hatten Bank of Wachovia, zwei US-Beispiele jetzt."

    Darüber hinaus sind in der jüngsten Finanzkrise in den USA weitere 300 vor allem kleinere Kreditinstitute geschlossen worden. Man rechnet damit, dass auf Zypern Bankkunden für einige Wochen nur bestimmte Höchstbeträge pro Tag und Monat abheben dürfen. Dennoch müssen die Geldinstitute zur Bargeldversorgung ihre Notenbank anzapfen, die sich wiederum das Geld bei der Europäischen Zentralbank leiht. Auch das geht nur in begrenztem Ausmaß. Damit das Geld nicht unkontrolliert ins Ausland abfließt, rechnen Bankexperten mit Kapitalverkehrskontrollen. Auch Martin Hellmich von der Frankfurt School of Finance and Management hält das für möglich:

    "Das kann insofern passieren, indem ich die Überweisungen ins Ausland kontrolliere und die ab einem gewissen Betrag bzw. auch von Konten, die höhere Einlagen umfassen als die besagten 100.000 Euro-Grenze, ab der ich solche Überweisungen nicht mehr zulasse."

    Aus Zypern ist zu hören, es sei wichtig, dass das Geld im Land bleibe, damit der Geld- und Wirtschaftskreislauf nicht zusammenbreche. Diese Kontrollen werden wohl nur die Vermögen von mehr als 100.000 Euro betreffen, oder aber die Kunden der Laiki-Bank, die in eine Good Bank und eine Bad Bank aufgespalten und zum Teil abgewickelt wird. Martin Hellmich:

    "Wenn ich dann meine Einlagen in der Bank in der Bad Bank habe, dann kann ich aus heutiger Sicht noch gar nicht absehen, wann ich jemals wieder Zugriff auf das Geld habe. Das Geld ist automatisch eingefroren, da kann ich dann schon gar keine Überweisung jeglicher Art mehr tätigen und brauche auch keine Kapitalverkehrskontrollen in so einem Fall."

    Kapitalverkehrskontrollen als auch die Festlegung von Höchstbeträgen für die Abhebung dürften aber nur einige Wochen gelten, vermuten Bankexperten.