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Bankenverbandspräsident: Risiko bei Austritt Griechenlands ist beherrschbar

Die deutschen Banken seien nicht zuletzt durch die Verbesserung ihrer Risikomanagement-Systeme und ihres Eigenkapitals sehr stabil, sagt der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Andreas Schmitz. Ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone sei daher zu verkraften.

Moderation: Brigitte Scholtes | 24.05.2012
    Klemens Kindermann: Wachstum, Konsolidierung, Eurobonds – wohin steuert denn nun die Eurozone, vor allem angesichts der neuen Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich und besonders vor dem von vielen immer mehr als realistisch angesehenen bevorstehenden Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone? Was sagen die Banken dazu? – Unsere Frankfurter Wirtschaftskorrespondentin Brigitte Scholtes hatte die Gelegenheit, darüber mit Andreas Schmitz zu sprechen, dem Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken.

    Brigitte Scholtes: Allmählich drängt die Zeit für eine Lösung der Schuldenkrise, meint Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Jetzt sei Zeit für weitreichende Entscheidungen.

    Andreas Schmitz: Zunächst mal muss man konstatieren, dass die Maßnahmen der EZB eine Möglichkeit waren, der Politik die notwendige Zeit zu kaufen, und diese Zeit muss genutzt werden und diese Zeit dauert nicht ewig. Ich glaube, dass wir uns einen klaren Fahrplan entwickeln müssen, wenn wir in der europäischen Gemeinschaft und in der Eurozone weiter vorankommen wollen, wie wir den Weg zu einer politischen Union finden in Europa.

    Scholtes: Eurobonds, wie sie unter anderem der neue französische Präsident Francois Hollande empfiehlt, seien aber derzeit nicht das richtige Mittel, meint Schmitz.

    Schmitz: Es wäre nur dann eine Lösung, wenn ganz klar und unumkehrbar ein solcher Fahrplan zur politischen Union gegeben ist, der auch nicht so einfach durch die nationalen Parlament wieder ausgehebelt werden kann. Ansonsten gibt man das einzige Medium aus der Hand, das noch wirklich den Druck auf dem Kessel hält und für die Einhaltung der Absprachen.

    Scholtes: Auch wenn Deutschland von der Eurokrise profitiert, etwa indem sich der Bundesfinanzminister sehr günstig Geld am Kapitalmarkt beschaffen kann, so sei das nur eine späte Belohnung für zurückliegende Mühen.

    Schmitz: Man darf aber nicht verkennen, dass ein großer Teil auch darauf zurückzuführen ist, dass wir in der zurückliegenden Dekade unsere Hausaufgaben gemacht haben, weil wir zu teuer in den Euro eingestiegen sind, dass aber in vielen übrigen Regionen der Eurozone dieses eher als Party zu verstehen war, die dann von Deutschland zum Teil mitfinanziert wurde. Das geht nicht so weiter, das ist, glaube ich, allen klar, und jetzt ist halt die Frage, wie kommt man in ein System, das diese Haushaltsdefizite nicht mehr so stark oder am besten gar nicht mehr ansteigen lässt.

    Scholtes: Die Verantwortung für die weitere Entwicklung liege aber zum großen Teil bei Deutschland, glaubt Schmitz.

    Schmitz: Ich glaube, dass die ganze Eurozone darauf wartet, dass Deutschland hier klar den Weg vorgibt, im Schulterschluss mit Frankreich. Das ist keine einseitige Sache, wir brauchen Frankreich dazu. Deswegen ist es wichtig, wie sich das Verhältnis zwischen Frau Merkel und Herrn Hollande entwickelt. Ich bin da eher zuversichtlich, dass angesichts der Realitäten, die man dann, wenn man zusammenkommt, vorfindet, die Sache dann doch manchmal anders aussieht, als man sie noch als Oppositionsführer gewürdigt hat.

    Scholtes: Deutschland dürfe sich nicht wider die ökonomische Vernunft zu falschen Entscheidungen drängen lassen, sagt der Bankenverbandspräsident.

    Schmitz: Im Bankenbereich nennt man das, man soll nicht gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen. Auch der Gläubiger hat ja die Möglichkeit, darüber frei zu entscheiden, ob er weiter Mittel in dieses Fass hineinwerfen will, und wenn es ein Fass ohne Boden ist, tut er es besser nicht.

    Scholtes: Dem 17. Juni, dem Tag der Neuwahl in Griechenland, sieht Andreas Schmitz mit Spannung entgegen.

    Schmitz: Der 17. Juni hat zunächst mal im Wesentlichen natürlich eine Bedeutung für Griechenland, dass Griechenland sich darüber klar werden muss, wollen sie nicht nur Mitglied in der europäischen Gemeinschaft sein, sondern auch in der Währungsunion verbleiben. Das heißt, dass sie das, was ausgearbeitet werden muss, schon anerkennen müssen. Man kann sicherlich darüber nachdenken, ob man ein Jahr länger dafür Zeit bekommt. Aber wenn man sich dagegen ausspricht, verlässt man auch die sogenannte Solidarität mit den übrigen Staaten. Das wird dazu führen, dass Griechenland dann aus der Eurozone wohl oder übel ausscheiden wird.

    Scholtes: Ein Ausscheiden Griechenlands sei zu verkraften.

    Schmitz: Es ist klar geworden – und zwar auch den internationalen Investoren -, dass Griechenland ein ganz besonderer Fall ist, der eben nicht eins zu eins gleichzusetzen ist mit der Situation in Spanien, Irland oder Portugal, und dass die Schutzmechanismen, die aufgebaut worden sind, dass die Bemühungen, die man gerade in den übrigen Staaten feststellen kann, die mit Haushaltsproblemen kämpfen, von den Investoren auch anerkannt werden, und dass vieles von dem, was man befürchtet, bei Griechenland schon eingepreist ist. So ist doch natürlich ein Risiko damit verbunden, dass ich allerdings glaube, dass das beherrschbar sein wird.

    Scholtes: Beherrschbar auch für die Banken? – Griechenland ja, meint Schmitz. Die Banken stünden jetzt besser da.

    Schmitz: Ich glaube, dass die deutschen [Banken] allein schon durch die ihnen zufließende Liquidität der letzten Wochen und Monate sehr stabil sind, weil sie auch sehr stark ihr Eigenkapital verbessert haben, ihre Risikomanagement-Systeme verbessert haben, und auch allgemein für den europäischen Bankensektor. Auch dort ist ja nennenswert Eigenkapital aufgebaut worden. Es ist dort etwas problematisch in den Regionen, wo wir eine rezessive Tendenz haben, oder wo eben die Risiken, die in diesem Bankensystem schlummerten, bis dato noch nicht so aufgedeckt waren, wie es vielleicht notwendig war, und damit meine ich das spanische Bankensystem und erst recht dort die Lasten im Immobilienbereich.

    Scholtes: Die Kapitalisierung der Banken sei aber die Aufgabe der spanischen Regierung oder des Euro-Rettungsschirms, meint Schmitz. Die deutschen Institute würden nicht für andere Bankensysteme geradestehen.

    Kindermann: Nach dem EU-Gipfel und vor einem möglichen Euro-Austritt Griechenlands – das war ein Interview mit Andreas Schmitz, dem Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken, in Frankfurt geführt von Brigitte Scholtes.

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