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Bau von Massimiliano Fuksas
Neues Kongresszentrum bereichert Roms Stadtbild

Das neue Kongresszentrum in Rom ist einer der auffälligsten Neubauten Italiens: Alle Wände bestehen aus Stahl und viel Glas. Der Blick nach innen fällt auf einen Gegenstand: eine Mega-Amöbe, eine "Wolke" - auf jeden Fall etwas, das nur schwer zu definieren ist.

Von Thomas Migge | 19.07.2016
    Einblick in die innere Konstruktion von "La nuvola" (Die Wolke), der neuen Kongresshalle in Rom, die von Massimiliano Fuksas entworfen wurde.
    Einblick in die innere Konstruktion von "La nuvola" (Die Wolke), der neuen Kongresshalle in Rom, die von Massimiliano Fuksas entworfen wurde. (picture alliance / dpa / Guido Montani)
    Zunächst wollte Architekt Massimiliano Fuksas den Auftrag der Stadt Rom für ein neues Kongresszentrum nicht annehmen, weil er Furcht vor dem römischen Schlendrian hatte – nicht zu unrecht, wie er später zu seinem großen Leidwesen erfahren musste. Doch dann änderte er seine Meinung, während eines Urlaubs:
    "Ich war in Griechenland und schaute zum Himmel und sah dort nicht eine einzige Wolke. Da kam mir die Idee einer variablen Geometrie. Die Idee von etwas, das nicht den Grundsätzen Euklids entspricht, nichts rechteckiges, und so kam ich auf die Wolke."
    Der geniale römische Architekt, der weltweit für seine futuristisch anmutenden Nutzbauten bekannt ist, entwarf einen, wie er ihn nennt, Schrein. In dieser gigantischen transparenten Struktur aus Stahl und Glas lässt Fuksas einen ungemein leicht und luftig wirkenden Körper schweben und leuchten. Die Wolke. Dieser asymmetrische, unregelmäßig geformte und abgerundete Körper enthält einen Konzertsaal für 1800 Personen.
    Saal im Schwebezustand
    Der Saal im Schwebezustand nimmt fast die gesamte Länge, Breite und Höhe des gesamten Gebäudes ein und ist nur an drei Stellen und in verschiedenen Höhen an der Gesamtkonstruktion verankert. Die etwa 15.000 Quadratmeter Oberfläche dieses wolkenähnlichen Objekts sind mit der weißen Membran eines hauchdünnen Glasfasergewebes bedeckt, das dank seiner luminiszenten Eigenschaften das Licht hinein und von innen nach außen leuchten lässt. Das eigentliche Kongresszentrum, mit fast 9000 Sitzplätzen – ein riesiger Saal, der in Minutenschnelle in kleinere Räumlichkeiten unterteilt werden kann – liegt unterhalb der Wolke unterhalb des Fußbodens des von der Straße aus sichtbaren Gebäudes.
    Der italienische Architekt Massimiliano Fuksas bei einer Pressekonferenz im Haus der Architekten in Russland im Jahr 2012.
    Der italienische Architekt Massimiliano Fuksas. (picture alliance / dpa / Anton Novoderezhkin)
    18 Jahre dauerte der Bau dieses Kongresszentrums samt Konzerthalle. 18 lange und stressige Jahre, klagt Massimiliano Fuksas:
    "Absurderweise gewann ich die internationale Ausschreibung für dieses Gebäude im Jahr 1998. Absurd deshalb, weil ich nach der Auftragsvergabe erfuhr, dass es gar keine Finanzmittel zur Realisation gab. Es gab nur die vage Idee einer Finanzierung, mehr nicht. So vergingen die Jahre."
    Erst 2008 wurden die Gelder zum Bau des Kongresszentrums bewilligt. 200 Millionen Euro.Viel zu wenig, wie sich bald herausstellte. Im Jahr 2012, als immer deutlicher wurde, dass die Stadt Rom auf einen finanziellen Bankrott zu steuerte, stand das ganze Projekt auf der Kippe. Fuksas reagierte sauer, erklärte, er werde niemals wieder in seiner Heimatstadt ein Gebäude errichten. Es schien, als würde das Kongresszentrum das gleiche Schicksal erleiden wie die von dem Spanier Santiago Calatrava in Rom geplante "Stadt des Sports". Sie verschlang mehr als 300 Millionen Euro Steuergelder, wurde aber nie fertig gestellt – heute präsentiert sie sich als riesige rostende Bauruine.
    Stadtviertel gehört einem Unternehmen
    Im Fall Fuksas kam hinzu, dass er sich nicht nur mit fünf Bürgermeistern auseinandersetzen musste, sondern auch mit dem öffentlichen Unternehmen ENTE EUR - dem der Grund und Boden im Stadtviertel EUR gehört.
    Massimiliano Fuskas: "Zu zehn Prozent gehört die ENTE EUR der Stadt Rom, zu 90 Prozent dem Finanzministerium. Mit jedem Bürgermeisterwechsel verlangten die Verantwortlichen des öffentlichen Unternehmens Veränderungen meines Entwurfs. Ich danke Regierungschef Matteo Renzi, dass er ein Machtwort sprach und das Geld zur Vollendung dieses Gebäudes fand."
    Ende vergangenen Jahres sorgte die Idee des öffentlichen Unternehmens ENTE EUR international für Aufsehen, die Gebäude dreier Nationalmuseen auf ihrem Gebiet - für die Kultur des Mittelalters, für Volkskultur und ein Antikenmuseum - zu verkaufen, um die nötigen Finanzmittel für Fuksas Kongresszentrum zusammenzubekommen. Die Museen hätten damit ihr Dach über dem Kopf verloren. Nach Protesten der UNESCO und von zahllosen italienischen Kulturpolitikern, Intellektuellen und dem amtierenden Staatspräsidenten ließ man von dieser absurden Idee ab.
    Mit dem futuristisch anmutenden und in seinem Innern mit der Konzertsaalwolke poetisch wirkenden Kongresszentrum verfügt Rom nun - neben dem Auditorium von Renzo Piano, einem Antikenmuseum von Richard Meier und dem Museum für zeitgenössische Kunst MAXXI von Zaha Hadid - über einen vierten, hoch interessanten Neubau, den sich architekturinteressierte Rombesucher nicht entgehen lassen sollten.