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Baukonzern
Bilfinger fährt Rekordverlust ein

Per Utnegaards Premiere als neuer Vorstandschef bei der Bilanzpressekonferenz begann mit einem Minusrekord. Der Bau- und Dienstleistungskonzern vermeldete den größten Halbjahresverlust der Firmengeschichte. Schuld sind das Kraftwerksgeschäft und hohe Abschreibungen.

Von Brigitte Scholtes | 12.08.2015
    Vor einem Geschäftshaus im Bankenviertel steht am 05.08.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) ein Fahrzeug des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger.
    Der Norweger Per Utnegaard will Bilfinger zu alten Stärken zurückführen. (dpa / picture-alliance / Fredrik von Erichsen)
    Es ist der größte Halbjahresverlust der Firmengeschichte: Ein Minus von 439 Millionen Euro steht für die ersten sechs Monate dieses Jahres unter dem Strich beim Baukonzern Bilfinger – und das bei einem Umsatz von gut drei Milliarden Euro. Der Hauptverlustbringer ist die kriselnde Kraftwerkssparte Power, die aber ohnehin möglichst bis zum Sommer 2016 verkauft werden soll. Auf ihr allein lasten Abschreibungen von 330 Millionen Euro. Hinzu kommt aber auch ein schwächeres Industriegeschäft. Das litt unter dem starken Ölpreisverfall.
    Prozesse vereinfachen - Bürokratien abbauen
    Die Entscheidung Power zu verkaufen war einer der ersten Schritte des seit Juni amtierenden neuen Vorstandschefs Per Utnegaard. Der Norweger versprach in einer Telefonkonferenz:
    "Mein Ziel ist es, Bilfinger zu alter Stärke zurückzuführen. Das wird uns in nächster Zeit intensiv beschäftigen. Die großen Aufgaben werden wir in den nächsten Monaten entschlossen angehen. Wir müssen unsere Profitabilität steigern. Dafür werden wir die Kosten in allen Bereichen reduzieren, wir werden Prozesse vereinfachen und Bürokratie abbauen. "
    Um den Konzern wieder voranzubringen, werden alle gut 600 Rechtseinheiten einer genauen Prüfung unterzogen, erklärt der Vorstandschef:
    "Wir haben da zu definieren, was sollen die Kerngeschäfte der Zukunft sein. Und ein Teil dieses Programms ist auch zu testen, wie der Markt aussieht, was für einen Preis wir eventuell für die verschiedenen Firmen bekommen können. So können wir ein bisschen einschätzen, was wir behalten sollen und was wir eventuell verkaufen sollen."
    Verkauft werden könnte vielleicht auch das Wassertechnologiegeschäft, das hielte Norbert Kretlow, Analyst der Commerzbank, auch für sinnvoll: "Zumal dieses Geschäft auch sehr interessant ist, dürfte es auch möglich sein, dafür einen ganz guten Preis zu bekommen. "
    Strategie wird im Okober präsentiert
    Doch über solche Pläne, auch über weitere Veränderungen oder einen möglichen Stellenabbau will Bilfinger erst Mitte Oktober berichten. Dann wird das von fünf auf drei Mitglieder verkleinerte Vorstandsteam seine Strategie vorstellen. Für das laufende Jahr rechnet Utnegaard noch mit deutlichen Verlusten.
    Das bereinigte operative Ergebnis, in dem die zum Verkauf stehende Kraftwerkssparte nicht mehr enthalten ist, soll im Gesamtjahr zwischen 150 und 170 Millionen Euro liegen, das wären gut zwei Fünftel weniger als im Vorjahr. Bis sich der Umbau für Bilfinger auszahle, könne es 2017 werden, vermutet Analyst Kretlow, doch dem Team um Per Utnegaard traut er die Wende zu:
    "Wir haben ja gehofft, nachdem klar war, dass der Vorstand sehr stark umgebaut wird, dass dort sowohl Personen agieren werden würden, die Restrukturierungserfahrung haben, als auch Personen, die sich in der Industrie auskennen. Und aus unserer Sicht ist die Kombination zwischen dem Finanzvorstand und dem Vorstandssprecher, die genau diese Expertisen besitzen, genau das richtige für das Unternehmen."