Freitag, 29. März 2024

Archiv


Bausparkassen drängen Kunden aus Verträgen

Seit Langem sind die Zinsen an den Kapitalmärkten so niedrig, dass die Inflation den Zinsertrag oftmals auffrisst. Glück haben jedoch Bausparer, die vor zehn oder fünfzehn Jahren bei noch hohen Zinsen abgeschlossen haben. Doch die Bausparkassen versuchen, ältere Verträge loszuwerden.

Von Stefan Römermann | 12.09.2013
    Bausparverträge sind normalerweise keine besonders gute Geldanlage. Denn die Zinsen sind meist etwas niedriger als bei Festgeldanlagen. Bausparverträge lohnen sich deshalb in der Regel nur für Menschen die mittel- oder langfristig ein Haus bauen oder kaufen wollen. Schließlich lockt am Ende der Laufzeit quasi als Belohnung ein besonders günstiges Baudarlehen. Durch das aktuell extrem niedrige Zinsniveau haben sich allerdings plötzlich alte Bausparverträge, die vor 10 bis 20 Jahren abgeschlossen wurden, in attraktive Geldanlagen verwandelt, erklärt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen.

    "Die Bausparkassen selber bekommen natürlich auch auf dem Kapitalmarkt nur sehr niedrige Zinsen. Und müssen aber nun aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit den Verbrauchern diesen durchaus viel höhere Zinsen zahlen, sodass das ein Minusgeschäft für die Bausparkassen ist."

    Schon seit einiger Zeit versuchen die Anbieter deshalb, solche Verträge möglichst schnell wieder loszuwerden. Vor allem Verbraucher, die die ursprünglich vereinbarte Bausparsumme erreicht haben oder sogar mehr eingezahlt haben, müssen deshalb mit einer Kündigung rechnen. Das ist für die betroffenen Verbraucher zwar ärgerlich – rechtlich aber völlig in Ordnung. Manche Bausparkassen versuchen, die Verluste bei den Altverträgen allerdings auch mit eher fragwürdigen Mitteln zu drücken. So schreiben einige Anbieter neuerdings bestimmte Bonuszahlungen und Treueprämien, die in einigen Verträgen vereinbart wurden, einfach etwas früher gut. Damit ist die Bausparsumme dann häufig schon schneller erreicht und der Vertrag soll aufgelöst werden. Allerdings sei dieses Vorgehen rechtlich zumindest fragwürdig, glaubt Verbraucherschützerin Heyer.

    "Insbesondere wenn dies nicht eindeutig aus den Vertragsbestimmungen hervorgeht, beziehungsweise anderen Aussagen, beispielsweise Werbeaussagen widerspricht."

    Verbraucher sollten deshalb eine solche vorzeitige Zahlung nicht einfach hinnehmen, sondern zunächst einmal in den Vertragsunterlagen nachschauen und gegebenenfalls der Bonuszahlung widersprechen.

    Das Erreichen der Bausparsumme und damit das Ende der hohen Guthabenzinsen versuchen manche Verbraucher auch mit einer Art Trick zu umgehen: Sie hören einfach auf, ihre monatlichen Raten zu bezahlen, bevor sie die Bausparsumme erreicht haben. Das sei in aller Regel auch durch die Vertragsbedingungen abgedeckt, glaubt Verbraucherschützerin Heyer.

    "Es ist tatsächlich so, dass die Verbraucher nicht verpflichtet sind, diesen Regelsparbetrag einzubezahlen. Sie können also durchaus auch aussetzen."

    Und solange die Bausparsumme nicht erreicht ist, läuft der Vertrag mit den hohen Guthabenzinsen normalerweise weiter.

    Allerdings haben auch die Bausparkassen dieses Schlupfloch entdeckt und versuchen gegenzusteuern. So hat beispielsweise die LBS Ost in den vergangenen Wochen gezielt solche Sparer angeschrieben und sie aufgefordert, die Regelsparbeiträge für die vergangenen 12 Monate innerhalb weniger Wochen nachzuzahlen, immerhin meist Beträge zwischen 400 und 800 Euro. Für den Fall, dass dies nicht geschieht, droht die Kündigung. Die Bausparkasse habe dabei kaum eine andere Wahl, sagt Thomas Thiet, Unternehmenssprecher der LBS-Ost. Schließlich sei eine Bausparkasse eine Solidargemeinschaft.

    "Durch die Besparung seines Vertrages erbringt er Leistungen zugunsten dieser Gemeinschaft. Und damit erwirbt er sich wiederum das Recht auf spätere Gegenleistung, also sprich sein Darlehen. Wenn Bausparer über einen längeren Zeitraum keine Einzahlungen mehr leisten, so widerspricht das dem Kerngedanken des Bausparens und eben dieser Solidargemeinschaft."

    Tatsächlich ist in vielen Bausparverträgen für solche Fälle ein Sonderkündigungsrecht vereinbart. Allerdings offenbar längst nicht in allen Fällen, sagt Verbraucherschützerin Heyer.

    "Es empfiehlt sich schon gerade in dieser aktuellen Situation für Verbraucher, einmal das Kleingedruckte zu lesen und zu suchen, ob diese oder jene Klauseln so drinstehen, wie es nun seitens der Bausparkasse ausgelegt ist."

    Denn teilweise beziehen sich die Kassen auf Formulierungen und Klauseln, die im konkreten Fall gar nicht vereinbart wurden. Im Streitfall helfen hier die jeweils zuständigen Schlichtungs- oder Ombudsstellen der Bausparkassen weiter. Kommt es hier zu keiner Einigung, können die Kunden anschließend immer noch die Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt einschalten - und notfalls den Streit vor Gericht ausfechten.