Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Bayer Health Care
Forschungsvertrag mit Uni bleibt geheim

Seit 2008 erforschen die Universität zu Köln und der Arzneimittelhersteller Bayer Health Care etwas. Was, das bleibt der Öffentlichkeit weiterhin verschlossen. Das entschied gestern ein Gericht in Münster. Begründet wurde das mit dem geschützten Bereich von Forschung und Lehre. Geklagt hatte die Initiative "Coordination gegen Bayer-Verfahren".

Von Armin Himmelrath | 19.08.2015
    Eine Frau schließt einen Tresor.
    Der Forschungsvertrag zwischen Uni und Bayer Health Care bleibt unter Verschluss. (imago/blickwinkel)
    Sechs Jahre lang, von 2008 bis 2014, haben die Universität zu Köln und der Pharmakonzern Bayer gemeinsam an Medikamenten zur Krebsbehandlung geforscht. Wie viel Geld dafür geflossen ist, welche Ergebnisse es gab, was genau mit den Resultaten der Zusammenarbeit passiert ist - über all das hüllen sich die Beteiligten in Schweigen. Zu Recht, befanden gestern Nachmittag die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Münster. Denn das nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz sichert zwar grundsätzlich allen Bürgern zu, Daten von öffentlichen Institutionen einsehen zu können. Aber es gibt einen Ausnahme-Passus, und der bezieht sich auf Einrichtungen zur Forschung und Lehre - also auch auf die Universitäten. Deshalb, so die Richter, darf Kläger Philipp Mimkes den Vertrag nicht sehen. Der hatte auf eine andere Entscheidung gehofft.
    Initiative "Coordination gegen Bayer-Gefahren" klagte
    "Mich enttäuscht ein bisschen, dass auch das Gericht die Verantwortung ein bisschen abgegeben hat und darauf verzichtet hat, den Vertrag einzusehen. Das war schon bei der Vorinstanz so: Auch das Verwaltungsgericht Köln hat den Vertrag selber, über den es urteilt, nie gesehen. Und ich glaube, dass wichtige Teile dieses Vertrages gar nichts mit Forschung und Lehre zu tun haben."
    Tatsächlich hatten sich die Richter alleine auf eine vage Inhaltsangabe des Vertrags verlassen, die von den Uni-Anwälten vorgetragen wurde. Mehr sei auch nicht nötig, so die Juristen - denn die Ausnahmeregelung im Gesetz sei nicht verfassungswidrig und der geschützte Bereich von Forschung und Lehre sehr weit zu interpretieren. Philipp Mimkes findet das zu kurz gedacht.
    "Da geht's ja insbesondere um die Verwertungsinteressen und die Patente. Wer kriegt nachher die Patente von den erforschten Medikamenten? Was passiert damit? Da wissen wir nur: Die Uni hat gesagt, sie wird nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz entlohnt. Das klingt für mich so, als ob das Patent bei dem Unternehmen landet und das darüber verfügen kann. Und die Universität mit so Brosamen abgespeist wird. Das hat mit Forschung und Lehre in dem Sinne ja gar nichts zu tun!"
    An der Universität dürfte große Genugtuung über das Urteil herrschen. Auf Anfrage des Deutschlandfunks heißt es in einer Stellungnahme aber lediglich:
    "Die Universität sieht sich durch die Entscheidung in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, dass die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre Vorrang hat vor dem Informationsanspruch nach dem NRW-Informationsfreiheitsgesetz."
    Mimkes: Transparenz räumt Misstrauen aus
    Auch an anderen Universitäten wurde das Urteil mit Erleichterung aufgenommen. Zuletzt hatte es an der Universität Mainz ähnliche Debatten um eine Kooperation mit der pharmanahen "Boehringer Ingelheim Stiftung" gegeben. Auch hier hatte sich die Uni geweigert, den Vertrag zu veröffentlichen - und explizit auf den Kölner Fall verwiesen. Doch Kläger Philipp Mimkes will nicht aufgeben. Schätzungen zufolge fließen deutschlandweit jährlich zwischen 6,5 und 10 Milliarden Euro an privaten Geldern in die öffentlichen Hochschulen, Tendenz steigend - da sei die Gefahr der Einflussnahme durch Unternehmen einfach viel zu groß, sagt der Physiker.
    "Die Fragen, die wir stellen, die stellen wir auch heute weiterhin so wie vorher. Welche Verantwortlichkeit gibt eine Universität, eine Forschungseinrichtung da an ein privatwirtschaftliches Unternehmen ab? Wird denn auch in die Richtung geforscht, was gesundheitspolitisch überhaupt notwendig ist? Wird daran geforscht, was ein Unternehmen möchte? Diese Fragen sind nicht beantwortet, die werden wir auch weiter öffentlich stellen."
    Dabei ist auch klar: Wenn Unis um die Zusammenarbeit mit einzelnen Geldgebern aus der Wirtschaft ein großes Geheimnis machen, dann bereiten sie erst den Boden für Misstrauen und Zweifel. Es läge also auch an den Hochschulen, hier mehr Transparenz zu wagen.