Senioren am Steuer

Wie fit sind die Ü70?

ILLUSTRATION - Ein Rentner sitzt am 23.10.2013 in Stuttgart (Baden-Württemberg) bei einem Fahrsicherheitstraining am Steuer. Nachdem ein 88 Jahre alter Autofahrer beim Ausparken einen schweren Unfall verursacht hat, warnen Experten vor pauschaler Kritik gegen Senioren am Steuer. Foto: Jonas Schöll/dpa
Ein älterer Mensch am Steuer seines Fahrzeuges. © picture alliance / dpa / Jonas Schöll
Ulrike Kasper im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 02.05.2017
Immer wieder verursachen ältere Autofahrer schwere Verkehrsunfälle. Etwa der 85-Jährige, der im Mai 2016 in ein Straßencafé fuhr, dabei zwei Menschen tötete und 27 verletzte. Wir fragen die Verkehrspädagogin Ulrike Kasper, wie fit Senioren am Steuer sind.
Am Dienstag beginnt der Prozess gegen einen 85-Jährigen, der Anfang Mai 2016 mit seinem Wagen in ein Straßencafé in Bad Säckingen fuhr, weil er Gas und Bremse verwechselt hatte. Dabei starben zwei Menschen, 27 wurden verletzt.
Der Fall wirft einmal mehr die Frage nach der Fahrtüchtigkeit von Senioren auf: Wie fit sind die Ü70 am Steuer? Sollte es für Ältere obligatorische Fahreignungsprüfungen geben, wie sie in einigen europäischen Ländern bereits üblich sind?

Appell an Eigenverantwortung und Einsicht

Nein, meint die Braunschweiger Fahrlehrerin und Verkehrspädagogin Ulrike Kasper. Sie appelliert vielmehr an die Eigenverantwortung von Senioren. Es gebe eine ganze Reihe von Senioren, die hinsichtlich ihrer Fahrtüchtigkeit sehr selbstkritisch seien. "Das kann man jetzt nicht so generell sagen, dass die Älteren da nicht einsichtig sind."
Kasper verweist auf ein Pilotprojekt der niedersächsischen Verkehrswacht und der Medizinischen Hochschule Hannover, bei dem ältere Menschen freiwillig an Fahrtüchtigkeitstests und Nachschulungen teilnehmen können. Das Projekt richte sich an Menschen, die älter als 65 sind. "Wir haben mittlerweile, ich denke, an die 40 Seminare durchgeführt und jeweils zwölf Teilnehmer dabei gehabt und festgestellt, dass die Seniorinnen und Senioren durchaus noch gute Autofahrer sind und interessiert sind auch an Neuerungen", so die Verkehrspädagogin. "In diesen gesamten Seminaren mussten wir in zwei Fällen mal eine Empfehlung weitergeben: Lasst doch bitte das Auto stehen!"

Angst vor dem Verlust der Fahrerlaubnis

Zu diesem freiwilligen Seminar gehöre auch ein "abgespecktes Sicherheitstraining", bei dem Senioren "mal ein bisschen in die Grenzbereiche" hineingeführt werden sollten. Das werde sehr gut angenommen, betonte Kasper. Gleichzeitig räumte sie ein, dass man mit diesen Seminaren nicht unbedingt diejenigen Fahrer erreiche, die ein Training oder eine Überprüfung am nötigsten hätten. Mitunter hätten die Senioren Angst, dass man ihnen dort dann den Führerschein wegnehme. "Das geht schon eher mal, dass jemand sich traut, in eine Fahrschule zu gehen und dann fährt man mal eine Runde und kann eine kleine Einschätzung geben."
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