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Bayern
Rückzug von Pfarrer nach rassistischer Hetze sorgt für Empörung

Seine Vision war eine Pfarrgemeinde auf der Grundlage von Gerechtigkeit, gegenseitigem Respekt und Geschwisterlichkeit: Stattdessen wurde der aus dem Kongo stammende Priester im oberbayerischen Zorneding angefeindet und mit dem Tod bedroht. Jetzt hat Olivier Ndjimbi-Tshiende seinen Rückzug angekündigt. Politiker reagieren fassungslos.

07.03.2016
    Die Katholische Pfarrkirche von Zorneding in Oberbayern.
    Die Katholische Pfarrkirche von Zorneding in Oberbayern. (pa/dpa/Kneffel)
    "Über alles kann man reden. Gegenseitige Positionen kann man zu einem Konsens bringen, wenn alle ehrlich sind." Davon war Priester Olivier Ndjimbi-Tshiende bis zuletzt überzeugt. Doch die Anfeindungen wurden zu heftig. Nach rassitischen Beschimpfungen und fünf Morddrohungen will der schwarze Priester aus Zorneding (Landkreis Ebersberg) die Gemeinde verlassen.
    Er fühle sich nun erleichtert, nachdem er der Gemeinde am Sonntag seinen Weggang angekündigt habe, teilte das Erzbistum München-Freising am Montag mit. Die Situation sei für ihn sehr belastend gewesen. Die Gemeinde trage diesen Schritt aber mit und stehe an seiner Seite
    Der 66 Jahre alte gebürtige Kongolese Ndjimbi-Tshiende hatte sich klar gegen fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen der ehemaligen CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher positioniert.
    "Gibt die Grundstimmung im Ort nicht wieder"
    Am Sonntag hatte der Pfarrer die Gemeindemitglieder im Gottesdienst über seinen Weggang infortmiert. In der Politik und in den sozialen Netzwerken stieß der Vorfall auf Empörung. Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner bezeichnete die Vorgänge auf Twitter als skandalös.
    Der Erste Bürgermeister von Zornedingen Piet Mayr (CSU) äußerte sein Bedauern. "Es tut mir wirklich leid um die Person Olivier Ndjimbi-Tshiende", sagte er im BR. Er sei der Überzeugung, dass die Vorfälle Zorneding nicht richtig darstellten. "Es gibt die Grundstimmung im Ort nicht wieder."
    Der Priester wurde 1979 geweiht und ist ein in Deutschland habilitierter Philosoph. Seit 2009 gehört er dem Münchner Diözesanklerus an und ist inzwischen auch deutscher Staatsbürger. Er hatte die Pfarrei Sankt Martin 2012 übernommen.
    Der Geistliche und seine Pfarrgemeinde liegen seit einiger Zeit mit der örtlichen CSU im Streit. Dabei geht es unter anderem um die Flüchtlingspolitik. Der Streit eskalierte im November, als sich zwei CSU-Lokalpolitiker abfällig äußerten. Die ehemalige CSU-Vorsitzende Sylvia Boher hatte im örtlichen Partei-Mitteilungsblatt geschrieben, Bayern werde von Flüchtlingen regelrecht überrannt. Es handele sich um eine Invasion. Migranten aus dem afrikanischen Eritrea nannte sie Militärdienstflüchtlinge.
    Beschimpfung als "Neger"
    Der CSU-Vize Johann Haindl hatte Ndjimbi-Tshiende als "Neger" bezeichnet. Er wurde in der Ebersberger Lokalausgabe des "Münchner Merkurs" mit den Worten zitiert: "Der (Pfarrer von Zorneding) muss aufpassen, dass ihm der Brem (Altpfarrer von Zorneding) nicht mit dem nackerten Arsch in Gesicht springt, unserem Neger." Daraufhin meldete sich das Münchner Erzbischöfliche Ordinariat und verurteilte die Bemerkung, sollte sie korrekt zitiert worden sein, "auf das Schärfste".
    Nach massiver Kritik - die oberbayerische CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner prüfte Ordnungsmaßnahmen - traten Boher und Haindl schließlich im November von ihren Ämtern in der Partei zurück. Haindl legte auch sein Gemeinderatsmandat nieder. Die frühere CSU-Ortsvorsitzende Boher ist aber nach wie vor im Gemeinderat vertreten.
    Der Pfarrgemeinderat attestierte dem Vorstand der Zornedinger CSU eine "braune Gedankenwelt" und forderte die Kirchtürme aus dem Logo ihrer Parteizeitung zu entfernen.
    (fwa/jsc)