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Bayern schafft die Campus-Maut ab

In Bayern sollen die Studiengebühren zum nächsten Wintersemester abgeschafft werden. Sowohl Studenten als auch der kleine Koalitionspartner FDP fordern von der CSU jedoch eine gesicherte finanzielle Ausstattung der Hochschulen - die Rede ist von 900 Millionen Euro.

Von Michael Watzke | 25.02.2013
    Fünf Jahre lang hat Hochschulprofessor Michael Piazolo gegen die Studiengebühren gekämpft. Der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler in Bayern war der Initiator des Volksbegehrens gegen die Campus-Maut. Jetzt ist Piazolo endlich am Ziel – und schüttelt den Kopf.

    "Dass man aus Angst vor einem Volksentscheid plötzlich 900 Millionen Euro springen lässt, das ist schon sehr erstaunlich."

    Mit den 900 Millionen Euro meint Piazolo die finanziellen Forderungen, die der kleine Regierungspartner FDP an die CSU gestellt hat, damit die die Studiengebühren abschaffen darf, ohne damit den Koalitionsvertrag zu brechen.

    "Die FDP hat monatelang auf Volksbegehren und Volksentscheid beharrt. Sie hat gesagt: 'Mit uns gibt es nur einen Volksentscheid! Jetzt dieser Wechsel' – das kann nur aus Angst vor den Wählern erfolgt sein. Einen anderen Grund kann ich mir im Moment nicht erklären."

    Martin Zeil dagegen, der FDP-Wirtschaftsminister, erklärt den Sinneswandel der Liberalen bei den Studiengebühren mit Einsicht in die Notwendigkeit. Im Bayerischen Rundfunk sagte Zeil:

    "Wir mussten erkennen, dass die CSU nicht bereit ist, es zum Volksentscheid kommen zu lassen. Und diese schwierige Situation mussten wir verantwortungsvoll auflösen.""

    Aufgelöst wurde sie mit viel Geld. Die FDP hat durchgesetzt, dass nicht nur die Studiengebühren in Bayern abgeschafft werden, sondern, dass der Freistaat gleichzeitig auch die Gebühr für das zweite Kindergartenjahr um 50 Prozent reduziert. Außerdem wird Bayern 125 Millionen Euro zusätzlich für eine Qualitäts-Offensive in Vorschulen und Grundschulen ausgeben. Und auch die berufliche Bildung soll stärker unterstützt werden, kündigt Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an.

    "Und zwar wollen wir auch unter anderem gerade mit dem Pflegebonus – also dem Schulgeldersatz bei Altenpflegeschulen, Kinderpflegeschulen und bei den Akademien für Erzieherinnen – Unterstützung geben. Und das passt genau zu unserem Ansatz, auch die frühkindliche Bildung noch weiter zu verbessern."

    Alles in allem kostet das 412 Millionen Euro pro Jahr. Weil die Liberalen zusätzlich noch eine verstärkte Schuldentilgung durchgesetzt haben, muss im bayerischen Haushalt fast eine Milliarde Euro umgeschichtet werden. Das meiste will Ministerpräsident Seehofer aus Steuermehreinnahmen und Rücklagen finanzieren. Nur 200 Millionen Euro will er woanders einsparen. Wo genau, mag Seehofer ein halbes Jahr vor der Landtagswahl nicht sagen.

    "Da bietet sich vielleicht mal im April eine Möglichkeit von zehn Millionen. Dann im Juli in einem anderen Bereich eine von drei Millionen, weil irgendeine Baumaßnahme ausfällt. Und so weiter und so fort. Das ist ein Prozess über zwei Jahre, das hat mit Wahlkampf überhaupt nichts zu tun."

    Sparmaßnahmen hin oder her - die Studenten in Bayern sind froh, dass die Studiengebühren schon zum nächsten Wintersemester abgeschafft werden. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren ABS jubelt, dies sei ein Erfolg der hartnäckigen Proteste der vergangenen Jahre. Der studentische Dachverband fzs fordert allerdings, der Staat müsse den Universitäten die wegfallenden Studiengebühren vollständig aus Steuermitteln ersetzen. Und zwar auch dann, wenn die Studentenzahlen steigen. Das fordert – in seltener Eintracht - auch der Verband der bayerischen Wirtschaft, vbw. Bayerns Ministerpräsident Seehofer verspricht: Keine bayerische Hochschule werde nach der Abschaffung der Campusmaut weniger Geld bekommen als vorher:

    "Wissenschaftsminister Heubisch wird dazu einen Gesetzentwurf vorbereiten, der die genaue Verteilung auf die einzelnen Hochschulen sowie die paritätische studentische Mitbestimmung bei der Vergabe dieser Mittel regeln wird. Sie wissen, dass bei der Verteilung der Studiengebühren die Studenten beteiligt sind, und wir wollen das genau so aufrechterhalten, wenn diese Mittel aus dem Staatshaushalt finanziert werden."

    Ganz endgültig ist die Einigung im Studiengebührenstreit allerdings noch nicht. Die FDP-Spitze muss den ausgehandelten Kompromiss erst noch dem eigenen Parteitag zur Abstimmung vorlegen. Die FDP-Basis trifft sich am Wochenende in Aschaffenburg. Bei den jungen Liberalen gibt es einigen Widerstand. FDP-Chefin Leutheusser-Schnarrenberger ist dennoch optimistisch.

    "Ich hoffe, dass wir auf dem Landesparteitag Unterstützung dafür bekommen werden. Ich kann diesen Kompromiss sehr gut vertreten."