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Bayern
Turbo-Abi erneut auf dem Prüfstand

Bildungsforscher wie Winfried Bos von der Uni Dortmund machen Werbung für das Abi nach acht Jahren. Eine Rückkehr zum alten System, so wie es Niedersachsen beschlossen hat, hält er für den falschen Weg. Ähnlich sieht das auch die Junge Union in Bayern.

Von Michael Watzke | 07.04.2014
    Die Jungen in der CSU wollen kämpfen - für das G8: Hans Reichhart, Vorsitzender der Jungen Union Bayern,
    "Ja, wir werden für’s G8 kämpfen. Wir haben eine sehr positive Rückmeldung von unseren Leuten. Auch von Lehrern, die in der JU aktiv sind. Die sagen: gebt uns die Ruhe, lasst uns Zeit zum Arbeiten. Dass am Ende die Grundentscheidung G8 erhalten bleibt."
    Das sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, sagt Reichhart. CSU-Chef Seehofer habe im Wahlkampf stets versprochen:
    "Es gibt keine Rückkehr zum G9!"
    So will das auch die Schüler-Union der CSU und der konservative Ring christlich-demokartischer Studenten, kurz RCDS. Doch nun, fürchtet JU-Chef Reichhart, kippt Seehofer um. Denn wer den bayerischen Ministerpräsidenten heute nach G8 oder G9 fragt, der hört solche Sätze:
    "Wir sind mitten in einem Dialogprozess über G8/G9. Festlegungen oder Entscheidungen folgen am Ende des Diskussionsprozesses."
    Seehofer verweist auf ein Eckpunkte-Papier des bayerischen Philologen-Verbandes. Dieses Konzept sieht im Kern eine Rückkehr zum G9 vor – mit der Möglichkeit für einige Schüler, das Abitur auch in acht Jahren zu erlangen. Seehofer sympathisiert mit diesem Programm. Thomas Kreuzer dagegen, der Fraktions-Chef der CSU im bayerischen Landtag, lehnt es ab:
    "Ich sehe beim Konzept des Philologen-Verbandes schon die Schwäche, dass ein Schüler, wenn er es in acht Jahren schaffen will, eine Klasse überspringen muss. Er müsste dann in der Klasse davor zusätzlich Nachmittags-Unterricht nehmen, dann überspringen, und in der Klasse danach auch zusätzlich Nachmittags-Unterricht nehmen. Er würde aus seinem Klassenverband herausgelöst werden, in eine andere Klasse kommen."
    Was nun? G8 mit der Möglichkeit, auch 9 Jahre fürs Abitur zu brauchen? Oder umgekehrt? Im bayerischen Schulgesetz muss am Ende ein Richtwert stehen, eine 8 oder eine 9. In Niedersachsen hat sich die rot-grüne Landesregierung auf die vollständige Rückkehr zum G9 geeinigt. Die CSU in Bayern will sich noch nicht festlegen. Kultusminister Ludwig Spaenle sagt:
    "Eine neunjährige Form für alle Schüler ist pädagogisch genauso überholt wie eine achtjährige Form für alle Schüler."
    Und Parteichef Seehofer fordert ...
    "... nicht über Jahreszahlen zu diskutieren, sondern über die Frage, wie man die individuelle Förderung verbessern kann."
    Das wollte die CSU bisher mit dem Flexi-Jahr, einer Art freiwilligem Wiederholungs-Jahr für Gymnasiasten, die das Abitur nicht in 8 Jahren schaffen. Doch innerhalb eines Jahres haben gerade mal 500 Schüler dieses Angebot angenommen, sagt der schulpolitische Sprecher der FW, Günther Felbinger:
    "Wer wie Sie ein missratenes Flexibilisierungs-Konzept vorlegt, das lediglich 0,2% der bayerischen Gymnasiasten wahrnehmen, der ist ein Bruchpilot und eine große Gefahr für die Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums."
    Die freien Wähler machen Druck auf die Staatsregierung mit einem Volksbegehren, das den Gymnasien freistellen soll, G8 oder G9 anzubieten. Das Problem dabei: Ein Flickenteppich würde entstehen - und die Kosten würden steigen. Denn G9 ist teurer als G8, weil man mehr Lehrer und mehr Klassenräume braucht. Deshalb unterstützen auch weder die Grünen noch die SPD in Bayern das Volksbegehren der Freien Wähler. Aber Martin Güll, der bildungspolitische Sprecher der SPD, fordert von der Staatsregierung jetzt taten statt Worte:
    "Da gibt es immer noch kein Konzept. Immer noch keine klare Ansage, warum muss man gymnasiale Bildung in acht statt in neun Jahren machen."
    CSU-Chef Seehofer will aber noch mehrere Wochen diskutieren. Am liebsten bis nach der Europa-Wahl. Dann soll es einen Gymnasial-Kongress der Staatsregierung geben - und vielleicht eine Entscheidung.

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