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Bayern
Volksbegehren für eine Wahlfreiheit G8/G9 gescheitert

Die Freien Wähler in Bayern konnten sich mit ihrem Volksbegehren gegen das achtjährige Gymnasium nicht durchsetzen. Sie wollten den Schulen ermöglichen, entweder G8 oder G9 anzubieten - doch dafür fanden sie zu wenig Unterstützer in der Bevölkerung.

Von Susanne Lettenbauer | 17.07.2014
    Klassenzimmer in Grundschule
    Das notwendige Quorum von zehn Prozent wurde nicht erreicht. ( picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    "Es ist sicherlich keine Überraschung, wenn ich sage, das notwendige Quorum von zehn Prozent ist nicht erreicht. Wir liegen bei drei Prozent."
    Nüchtern präsentiert Michael Piazolo gegen Mittag die neuesten Zahlen seines Volksbegehrens für eine Wahlfreiheit G8/G9. Seit einigen Tagen hatte sich ziemlich deutlich abgezeichnet, dass es reichen dürfte bis zum gestrigen Einschreibeschluss. Schon am 3. Juli zum Start liefen die Einschreibungen in den bayerischen Rathäusern eher schleppend an, obwohl eine Umfrage des Bayerischen Philologenverbandes von 80 Prozent Zustimmung ausgegangen war. Doch es ist gescheitert. Der Vorstoß der Freien Wähler, den bayerischen Gymnasien zu ermöglichen, entweder G8 oder G9 anzubieten bzw. auch zweigleisig zu fahren, fand im Gegensatz zu seinem sehr erfolgreichen Volksbegehren gegen die Studiengebühren zu wenig Unterstützer, gibt der Initiator zu:
    "Ich glaube nicht, dass unser Gesetzesentwurf und die Fragestellung zu kompliziert war. Wir haben eindeutig gesagt, wir wollen neben dem G8 auch das neunjährige Gymnasium. Aber es waren dann viele andere Konzepte auf dem Markt von den anderen Parteien, von der SPD, von den Grünen, vom Elternverband, vom Philologenverband und diese gesamte Gemengelage hat es vielleicht für den einen oder anderen zu kompliziert gemacht, sodass wir mit unserem sehr konkreten Anliegen nicht so ganz durchgekommen sind."
    Bereits im Vorfeld Kritik
    Klar ist: Das Volksbegehren hatte bereits im Vorfeld für viel Kritik auch bei den Unterstützern einer Rückkehr zum G9 gesorgt. Zu kompliziert, nicht eindeutig genug, keine Abstimmung mit anderen politischen Konzepten wie denen der Grünen oder SPD. So standen die Freien Wähler letztlich allein da, finanzierten das Volksbegehren auch aus eigener Tasche. Eine vertane Chance sei es, kritisiert Grünenchefin Margarete Bause:
    "Wir brauchen zunächst einmal inhaltliche und pädagogische Reformen, da ist vieles veraltet, was die Vermittlung angeht, auch was die Fülle der Informationen angeht, wir haben in manchen Jahrgängen bis zu 16 verschiedene Fächer nebeneinander, das ist Häppchenlernen und das ist nicht mehr zeitgemäß."
    Wahlfreiheit statt Rückkehr angestrebt
    Natürlich sei man für eine Rückkehr zum G9, so Bause, aber eben nicht so wie es die Freien Wähler vorgeschlagen hatten. Michael Piazolo kontert, dass es eben nicht um eine einfache Rückkehr gegangen wäre, sondern um die Wahlfreiheit, denn auch das G8 sei für viele Schüler das richtige:
    "Also, wir haben uns zu Beginn und auch während des Volksbegehrens da schon Gedanken gemacht. So eine Entscheidung kommt nicht überstürzt zustande. Gerade die Frage, will man nicht gleich zum neunjährigen Gymnasium zurückhaben wir intensiv diskutiert, in der Fraktion, in den Bildungsarbeitskreisen, auch mit vielen Experten. Ich stehe aus den unterschiedlichen Gründe stehe weiter zu die Idee der Wahlfreiheit."
    Dass sich an dem schulischen System etwas ändern muss, darin sind sich alle Parteien, auch die Regierungspartei CSU, einig. Nur welchen Weg man einschlagen soll, da gibt es viele, zu viele Konzepte. Einmal das Flexijahr der CSU, das Schülern das freiwillige Sitzenbleiben anbiete und fast gar nicht angenommen wird, dann die Wahl von G8 und G9 in der vierten Klasse, Konzept der Freien Wähler. Oder ein weiteres Konzept - die Wahl erst in der neunten Klasse für die lange oder kurze Oberstufe, wie es sich der Bayerische Philologenverband, ähnlich wie die SPD, vorstellt. Das Volksbegehren musste, so wie es angelegt war, scheitern, meint Max Schmidt, Chef des Bayerischen Philologenverbandes:
    "Ja, ich kann mir schon vorstellen. Zum einen interessieren sich bei Weitem nicht so viele Menschen für Bildungspolitik, wie man denkt, wenn man ständig damit beschäftigt ist. Und zum anderen muss es natürlich ein sehr guter Vorschlag sein, den man dem Volk vorlegt zur Abstimmung. Und die Wahl nach der vierten Klasse, sich zu entscheiden, ob man jetzt acht Jahre auf das Gymnasium gehen will oder neun Jahre ist die falsche Frage."
    CDU erleichtert
    Die CSU ist derweil erleichtert, dass der Kelch des ungeliebten Volksbegehrens, was bei einem positiven Ausgang einen Volksentscheid nach sich gezogen hätte, an ihnen vorüber gegangen ist. Sie spricht sogar vom Abwenden eines katastrophalen Schadens für Eltern und Schüler.
    Diejenigen, die es tatsächlich betrifft, die Schüler konnten sich überwiegend nicht äußern, weil die Eintragung erst ab dem 18. Lebensjahr möglich ist. Einige von ihnen, aber auch Erwachsene heute Mittag auf dem Marienplatz bedauern das Scheitern des Volksbegehrens:
    "Ja, ich finde das G9 ist viel besser wie das G8, ja, es ist schon schade, kann man jetzt auch nicht mehr ändern."
    "Also mir ist es eigentlich egal, ob ich die zwölfte Klasse mache und die dreizehnte, oder nur die zwölfte."
    "Schlecht, finde ich schlecht. Ich finde das G8 auch nicht toll, schon schade drum. Aber ich habe es auch nicht geschafft hinzugehen."