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Pop-Duo Albert Luxus erfindet sich neu
"Auf Deutsch zu texten, ist definitiv eine Herausforderung"

Matthias Sänger und Andreas Kiwitt machen schon seit Jahrzehnten gemeinsam Musik - als Duo "Albert Luxus" haben sie bisher zwei Alben veröffentlicht. Nach längerer Pause melden sie sich nun zurück, erstmals mit deutschen Texten. Das habe auch seinen Gesangsstil verändert, sagt Matthias Sänger im Dlf.

Matthias Sänger und Andreas Kiwitt im Gespräch mit Fabian Elsäßer | 09.12.2017
    Andreas Kiwitt (l) und Matthias Albert Sänger vom Kölner Duo Albert Luxus
    Andreas Kiwitt (l) und Matthias Albert Sänger vom Kölner Duo Albert Luxus (Deutschlandradio / Kerstin Janse)
    Fabian Elsäßer: Was ist denn passiert in diesen sechs Jahren, das ist ja schon eine lange Pause - auch nach heutigen Musikszene- Standards?
    Matthias Sänger: Wir haben nach dem zweiten Album eine neue musikalische Herausforderung gesucht und haben uns dann mit einem, ich sag mal, Elektrokünstler zusammengetan und daraus ist dann irgendwann die Band "When people had computers" entstanden. Die haben wir dann so drei, vier Jahre -
    Andreas Kiwitt: Drei, vier Jahre - genau geprobt und gespielt, und dann bin ich ausgestiegen. Als Schlagzeuger hat sich's für mich nicht mehr richtig angefühlt und ich muss auch immer weite Wege fahren, ich wohne nicht in Köln, ich wohne im Hunsrück in einem kleinen Dorf.
    Elsäßer: Der Drum-Computer ist der natürliche Feind des Schlagzeugers?
    Kiwitt: Drum-Computer - genau. Richtige Kessel machen mehr Spaß.
    Elsäßer: Beim Album "All Alarms off" 2009 - da waren Bossa-Elemente drin, teilweise sogar ganz hübsch gezierte Akustik-Gitarre-Miniaturen. Das zweite Album "Three is Odd" hat dann für meine Ohren etwas von New Wave fast schon, der Gitarrensound ist gläserner, vielleicht, geworden. Beide Alben waren auf Englisch und jetzt - Sprachwechsel - jetzt gibt's deutsche Texte. Wie klingt Albert Luxus auf Deutsch so im Vergleich zu diesen anderen beiden Alben?
    Sänger: Man muss vielleicht auch mal dazu sagen, wie die zwei anderen Alben entstanden sind. Also unser erstes Album ist so entstanden: ich mach Songskizzen, schick die dem Andreas, der spielt Schlagzeug dazu, schickt mir das noch mal zurück und dann entsteht so ein Pingpong-Verfahren und irgendwann nach zwei Jahren sind dann zehn Songs fertig und dann hat man ein komplettes Album. Das zweite Album ist so entstanden, dass wir es zu zweit auch live eingespielt haben, der Andi hat Bassdrum und Snare mit den Füßen gespielt und dabei Bass, wie so ein musikalischer Akrobat und ich hab Gitarre dazu gespielt.
    "Ein ewiger Prozess"
    Kiwitt: Wir haben es dann auch zusammen im Studio eingespielt, bis auf den Gesang. Wir haben quasi eine Live-Situation gehabt, haben es dann auch so eingespielt und der Matthias hat den Gesang dann später drüber gesungen. War aber schon ein kleines Experiment für das Album.
    Elsäsßer: Klingt so. Vor allem, wenn der Schlagzeuger auf seine Hände zum Schlagzeugen verzichten muss.
    Kiwitt: Ja, das hat sich auch nicht immer so ganz toll angefühlt.
    Sänger: Nee, also so rückblickend nicht das beste Album.
    Kiwitt: Eher nicht noch mal machen.
    Sänger: Genau und bei dem neuen Album sind wir eigentlich wieder so vorgegangen wie bei der Produktion des ersten Albums.
    Kiwitt: Und deswegen ist es jetzt wieder so wie in der Ursprungsvariante, dass wir uns die Spuren hin und her schicken und dann immer weiter ...
    Sänger: Ein ewiger Prozess.
    Kiwitt: Genau.
    Sänger: Der Andi kommt alle zwei Wochen mit irgendwelchen Schlagzeugsounds und sagt: Das ist er jetzt. Und zwei Wochen später ...
    Elsäßer: Fehlt einem da nicht manchmal so die direkte Ansprache? Oder brauchen Sie die gar nicht, weil Sie sich so gut kennen?
    Sänger: Wir kennen uns jetzt ...
    Kiwitt: Wir kennen uns schon auch gut.
    Sänger: ... seit fast zwanzig Jahren. Machen schon seit fast zwanzig Jahren Musik und wir wissen, wie wir auf die Musik des jeweils anderen eingehen können. Aber wir proben seit einigen Monaten, Wochen -
    Kiwitt: Monaten, ja.
    Sänger: - mit einer Band, also mit einem weiteren Gitarristen und einem Bassisten und da merkt man dann auch erst mal, was man die ganze Zeit vermisst hat. Und da merkt man auch, dass bestimmte Songs sofort funktionieren, die man so zu zweit entwickelt hat. Und andere dann leider noch nicht so. Die muss man dann in der Bandkonstellation so ein bisschen umstellen, um die auf die Bühne bringen zu können.
    "Detailreiche Spielereien"
    Elsäßer: Noch mal zurück zur musikalischen Entwicklung: wird Albert Luxus jetzt minimalistischer klingen oder eher vollmundiger, eklektischer? Denn eklektisch war ja schon das Debüt.
    Sänger: Das war sehr eklektisch ja, das stimmt. Sowohl als auch, da sind jetzt bei den neuen Songs auch sehr viele detailreiche Spielereien dabei. Ich kann mich da ganz gut austoben, was so Gitarrengeschichten angeht. Also es wird eine sehr bunte Platte werden.
    Elsäßer: Wie leicht fällt Ihnen das Texten auf Deutsch? Na gut, sie haben es mit Wellness ja schon gemacht.
    Sänger: Ja genau.
    Elsäßer: Wellness, die Band, in der sie zwischenzeitlich hoch gelobt worden waren, die mittlerweile wieder verschieden ist.
    Sänger: Ja, leider. Wellness war so die erste Band, wo die deutschen Texte mal an die Öffentlichkeit gingen. Wir haben das bei Albert Luxus auch versucht, es hat sich aber nie so ganz richtig angefühlt. Und mit Wellness konnte ich das komplett ausprobieren, mal auf Deutsch zu texten. Was definitiv eine ganz andere Herausforderung ist, weil man auch ganz anders singt, die ganze Stimmfarbe ändert sich auch dadurch, die Art, wie man Vokale singt.
    Elsäßer: Die Texte von der Single Sommer sind schon erfreulich erratisch: "Du riechst so sonderbar nach Wandschrank und Verrissen, du fällst nicht auf, wo ist dein Gesicht?" Frage an Andreas Kiwitt, den Rhythmus-Mann, ist Ihnen manchmal unklar, was Ihr Partner da so singt und textet?
    Eine kleine Geschichte aus jedem Element
    Kiwitt: Also ich höre immer zu. Für mich ist es oft so ein großes Mosaik, dass ich sage, ich nehme mir einzelne Phrasen raus und geb' meine Bedeutung rein in die Texte. Also auf einen Satz oder auf den Punkt gebracht einen Liedtext zu reduzieren, ist für mich schwierig und fast unmöglich, weil er so facettenreich ist, dass man aus jedem Element wieder eine kleine Geschichte wieder erzählen kann.
    Elsäßer: Kann man sagen, dieser Song behandelt auch das Thema "Anonymität"? Es kommt zum Beispiel auch diese Textzeile vor, die ich sehr schön finde: "Du bekommst kaum Applaus und das steht Dir nicht." Oder geht's um Anerkennung?
    Sänger: Es geht eher um Anerkennung, aber spannend ... Anonymität.
    Elsäßer: Naja, das Gesicht, das nicht auffällt.
    Sänger: Kann auch etwas Dankbares haben.
    Elsäßer: Das wollte ich nämlich fragen, ob Anonymität etwas Bedauernswertes ist oder etwas Wünschenswertes. Sie sind eigentlich ziemlich anonym, Sie beide. Also die Darstellung, die Selbstdarstellung von Albert Luxus auf der Bandcamp-Seite, ist, gelinde gesagt, zurückhaltend.
    Kiwitt: Ja...
    Sänger: Kennst Du die Seite überhaupt?
    Kiwitt: Äh...
    Sänger: Ja, wir sind gerne "mysterious".
    Sounddesigner und Sozialarbeiter
    Kiwitt: Die Sache ist ja: Ich hab einen Beruf, ich hab Familie, ich habe ein ganz normales Leben. Also ich sage jetzt nicht ich produziere oder projiziere mich da in irgendeinem Albert Luxus. Dass ich sage, das bin ich jetzt und projiziere jetzt da alles rein. Ich bin von Beruf Sozialarbeiter in der Jugendhilfe, gehe meiner alltäglichen Arbeit nach und bin jetzt generell im Netz nicht so wirklich aktiv, dass ich da alles posten muss und so. Deswegen so eine Anonymität, aber das machen wir jetzt auch nicht extra, dass wir sagen: Oh, auf gar keinen Fall oder so.
    Sänger: Nee, da wird definitiv noch dran gearbeitet. Das ist jetzt kein Kalkül uns total zurückzuhalten mit Information.
    Elsäßer: Frage an Matthias Sänger: Ihr Bandkollege hat sich gerade schon so schön als völlig normalen Menschen geoutet. Wie sieht das bei Ihnen aus? Haben Sie auch einen Brotberuf?
    Sänger: Ja, den habe ich. Leider kostet das Musikmachen eher Geld, als dass es irgendwas einspielt. Ich bin Soundesigner, ich mache Geräusche, Sounds für Filme, TV-Serien.
    Elsäßer: Was natürlich auch erklärt, warum das alles professionell ist und klingt - denn Sie sind jetzt keine Hobbyband.
    Sänger: Klar, der hilft mir definitiv dabei, der Job. Die Sachen selber produzieren zu können, die wir in unseren Köpfen haben. Wir sind nicht auf irgendwelche Toningenieure angewiesen, die mit uns die Songs produzieren, lassen es aber mittlerweile von jemand anders mischen.
    Elsäßer: Aber das heißt, das Musikmachen ist für Sie auch eine lustvolle Selbstausbeutung?
    Sänger: Eine lustvolle Selbstausbeutung ... ja.
    Elsäßer: Aber dass Sie damit noch mal irgendwo hinkommen? Ich vermute mal, es ging auch in diesem Song um Anerkennung, in dem Song Sommer. Das ist Ihnen schon wichtig: Sie wollen als Künstler anerkannt werden?
    Sänger: Ich glaube, das will irgendwo jeder Künstler, auch wenn man es vielleicht nicht immer so zugeben will. Ich habe mir die Frage auch schon total oft gestellt, warum man das macht oder warum man das unbedingt mit jemandem teilen will. Man könnte das ja auch in seinem Kämmerchen still und heimlich machen, aber man will ja irgendwie auch auf die abstrakte Art mit anderen Leuten kommunizieren. Im besten Fall gefällt's jemandem und dann gefällt's mir und man hat eine Win-win-Situation.
    Elsäßer: Dann sind wir mal gespannt, wie aus dieser Win-win-Situation hoffentlich in Bälde ein erstes Album wird. Herzlichen Dank für den Besuch im Studio: Das Kölner Duo Albert Luxus bestehend aus Matthias Albert Sänger, Gitarre und Gesang und Andreas Kiwitt, Rhythmussektion, Ein-Mann- Rhythmussektion. Kann man sagen, je nach Bedarf. Herzlichen Dank.
    Sänger: Vielen Dank für die Einladung.
    Kiwitt: Vielen Dank, ja.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.