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Bayers Strategie
Weitermachen, nicht auffallen

Mehr als ein Viertel seines globalen Umsatzes erwirtschaftete Bayer im vergangenen Jahr in den USA. Jetzt steht die Fusion mit Monsanto an. Die derzeitige Zurückhaltung bei Bayer ist daher Strategie. Denn der neue US-Präsident Donald Trump ist trotz seiner Devise "Amerika First" noch unberechenbar.

Von Katja Scherer | 27.12.2016
    Das Werk am Rhein in der Nacht mit dem beleuchteten großen Bayer-Kreuz. Das Bild wurde von der anderen Rhein-Seite aus fotografiert. Auf dem Fluss fahren zwei Schiffe.
    Einen Strategiewechsel hält man bei Bayer nicht für nötig - denn es gibt derzeit keine konkrete Anzeichen dafür, dass Trump die Fusion mit Monsanto verhindern könnte. (dpa)
    Die schriftliche Stellungnahme, die Bayer-Chef Werner Baumann nach der US-Wahl abgab, war ebenso kurz wie diplomatisch. Nur einen dezenten Hinweis, dass von der engen Zusammenarbeit der vergangenen Jahre auch Amerika profitiert habe, erlaubte sich Baumann:
    "Nach einem intensiven Wahlkampf warten auf den neuen Präsidenten wichtige Herausforderungen. […] Gerade der Ausbau unserer Handelsbeziehungen ist für den Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks von entscheidender Bedeutung."
    Bei Bayer hält man sich bedeckt
    Des Weiteren hält man sich bei Bayer derzeit lieber bedeckt, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung in den USA geht: Noch sei zu wenig über die Pläne des neuen Präsidenten bekannt, um sich konkreter äußern zu können, heißt es dort.
    Klar ist allerdings: Für kaum eine deutsche Firma ist das Vorgehen der amerikanischen Regierung so wichtig wie für Bayer. Das Unternehmen erwirtschaftete dort im vergangenen Jahr knapp 13 Milliarden Euro – mehr als ein Viertel seines globalen Umsatzes. 16 000 von insgesamt 116 000 Mitarbeiter arbeiten dort. Selbstverständlich also, dass die Leverkusener sich nicht mit Trump anlegen wollen, sagt Gregor Claussen von der Privatbank Hauck & Aufhäuser:
    "Von daher sind gute Verbindungen und freundliche Töne in dieser Richtung unverzichtbar. Und bisher habe ich auch noch keine kritischen Töne aus den USA in Richtung Bayer vernommen."
    Fusion mit Monsanto
    Das könnte sich allerdings bald ändern: etwa wegen der geplanten Fusion mit Monsanto. Denn noch weiß keiner genau, was Trump mit seiner Devise "America First" genau vorgibt. Etwa, dass Schlüsseltechnologien wie Gentechnik in amerikanischer Hand bleiben? Ganz auszuschließen sei das nicht, sagt Thorsten Strauß, Analyst bei der NordLB:
    "Es gibt auch einen Ausschuss der Regierung, der sich mit Investitionen von ausländischen Unternehmen in die USA befasst, und da kann der Präsident über diese Schiene Einfluss nehmen."
    Konkrete Anzeichen dafür, dass Trump die Fusion verhindern könnte, gibt es bisher aber nicht. Zwar hat sich der Republikaner zur Übernahme von Time Warner durch den Mobilfunkbetreiber AT&T kritisch geäußert. Andererseits hat Bayer bereits vorgesorgt und im Voraus viele Zugeständnisse an Monsanto gemacht: Wichtige Unternehmensteile wie das globale Saatgutgeschäft bleiben weiter in den USA angesiedelt. Das dürfte sowohl Trump als auch die Kartellbehörden beschwichtigen, sagt Gregor Claussen:
    Trump bleibt unberechenbar
    "Wenn man glaubwürdig vermitteln kann, wir werden für Stabilität bei den Jobs sorgen, wird man nichts zu befürchten haben." Zudem sei der von Trump neu eingesetzte Kartellexperte, Joshua Wright, bisher eher als Befürworter großer Fusionen aufgefallen.
    Auch wenn Trump mit seinen protektionistischen Äußerungen also in gewisser Hinsicht unberechenbar bleibt: Der Ausgang der Wahl muss kein Nachteil für die Fusionspläne sein. Dazu kommt: In der Pharmasparte könnte der Konzern durch den Wahlausgang sogar eher profitieren. Trump hat sich im Wahlkampf für mehr Transparenz bei Arzneimittelpreisen ausgesprochen, anders als seine Gegnerin Hillary Clinton aber nie strenge Preissenkungen gefordert:
    "Das hätte die Pharmaunternehmen härter getroffen als das, was Trump jetzt vorhat", sagt NordLB-Experte Strauß.
    Auch den Plan, die staatliche Krankenversicherung Obama Care zu stoppen, hat Trump relativiert. Weniger Menschen mit Krankenversicherung hätte bedeutet: weniger verkaufte Medikamente. Inzwischen aber ist klar: Nur Teile von Obama Care sollen abgeschafft werden, all zu hart wird es wohl nicht kommen. Und da Bayer vor zwei Jahren durch Zukäufe seine Sparte für nicht-verschreibungspflichtige Medikamente gestärkt hat, ist das Unternehmen gut aufgestellt.
    Kein Strategiewechsel bei Bayer
    Analyst Strauß sieht daher bisher keine Notwendigkeit für einen Strategiewechsel bei Bayer: "Ich würde sagen: weiter so machen wie bisher. Das, was man da bisher angeleiert hat, das macht einen ganz vernünftigen Eindruck."
    Zu einem ganz ähnlichen Schluss ist Bayer vermutlich auch selbst gekommen. Insofern ist die derzeitige Zurückhaltung des Konzerns kein Mangel an Strategie, sondern die Strategie selbst: Weitermachen, nicht auffallen und hoffen, dass Trump nicht von selbst an den Leverkusener Plänen Anstoß findet.