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Becker: Rösler hat Stimmungslage in FDP sehr gut erkannt

Nach dem FDP-Parteitag in Rostock müsse die Parteiführung um Philip Rösler geschlossen in die inhaltliche Arbeit gehen, sagt Lasse Becker, Vorsitzender der Jungen Liberalen. Personen auszutauschen könne nur der erste Schritt einer Trendwende sein.

Lasse Becker im Gespräch mit Gerd Breker | 06.05.2011
    Gerd Breker: Der Deutschlandtrend hat es gestern ausgewiesen, die FDP bleibt locker unter fünf Prozent. Am Telefon begrüße ich den Vorsitzenden der Jungen Liberalen, Lasse Becker – guten Tag, Herr Becker!

    Lasse Becker: Einen schönen guten Tag!

    Breker: Es sieht so aus, dass die Trendwende mit dem designierten neuen Vorsitzenden Philipp Rösler nicht gelingt, oder?

    Becker: Na ja, erst mal sollten wir das neue Team wählen und schauen, was dort an Schwerpunkten gesetzt werden und die Arbeit aufnehmen, bevor man eine Trendwende erwarten kann. Es ist ja zu Recht so, dass an der ein oder anderen Stelle die Bevölkerung massiv enttäuscht ist von dem, was wir gemacht haben oder eben nicht gemacht haben in der Regierung, und da muss man jetzt schon erst mal anfangen zu arbeiten. Und da reicht es nicht, nur Personen auszutauschen, das kann nur der erste Schritt sein.

    Breker: Ein Neustart mit der alten Mannschaft, wie sollen aus den Wahlverlierern Brüderle und Homburger plötzlich Zugpferde werden?

    Becker: Ja, warten wir doch erst mal ab. Wir haben momentan eine Situation beim Bundesparteitag kommendes Wochenende, wo es deutlich mehr Kandidaten als Plätze im Bundespräsidium gibt, auch im Bundesvorstand, warten wir doch erst mal ab, wer sich da am Ende wirklich durchsetzt. Da bin ich auch gespannt, weil das, glaube ich, ein wichtiges Zeichen auch für innerparteiliche Demokratie ist, dass man eben einen Wettbewerb um die besten Konzepte und die besten Köpfe hat. Und wer weiß, wer dann hinterher da noch im Team dann dabei ist, das werden wir dort beim Parteitag entscheiden. Danach muss es eben losgehen, und auch weitere Schritte in Fraktion und Kabinett müssen hinterher folgen.

    Breker: Hinterher folgen, denn bislang hat Philipp Rösler ja schon zwei Niederlagen hinter sich – zum einen die nicht vollzogene Kabinettsumbildung und dann die angekündigte Vorstellung seines Führungsteams, was dann doch nicht kam. Schwächelt er nicht jetzt schon?

    Becker: Das sehe ich anders, weil Philipp Rösler, hätte er zum jetzigen Zeitpunkt eine Kabinettsumbildung gewollt, die er auch hätte durchsetzen können. Er hat dort andere Prioritäten gesetzt, er will erst mal mit der Neukonzeption im Vorstand anfangen, das kann ich nachvollziehen. Es ist seine Entscheidung und die habe ich dann auch zu respektieren. Auf der anderen Seite ist es so, gerade was die Frage Personaltableau angeht, hat Philipp Rösler, glaube ich, sehr genau und sehr gut erkannt, wie die Stimmungslage in der Partei ist, dass man eben eine neue Diskussionskultur in der Partei haben möchte, dass man genau den Wettbewerb um die besten Köpfe haben will und dass man nicht unbedingt immer wieder ein Basta des Vorsitzenden erwartet.

    Das ist, glaube ich, eine andere Außenwahrnehmung als die Innenwahrnehmung in der Partei, weil die Außenwahrnehmung ist ja so ein bisschen so: Westerwelle wurde kritisiert dafür, dass er immer per Basta von oben alles verordnet hat, jetzt lässt Rösler mehr Platz, jetzt wird von Medien unterstellt, es sei Chaos. Da muss ich ehrlich sagen, das kann ich nicht nachvollziehen. Wir sollten beim Parteitag am kommenden Wochenende natürlich auch manche Entscheidungen strittig treffen. Ich bin als JuLi-Bundesvorsitzender letztes Jahr mal gewählt worden in einer Kampfabstimmung mit zwei Stimmen Mehrheit, trotzdem kann man danach am Ende Arbeit für den Verband leisten und etwas bewegen. Das gehört zur Demokratie dazu, deshalb ist es, finde ich, nicht schlimm, da jetzt auch mehr Zeit für eine Diskussion sich zu nehmen und am kommenden Wochenende das eben in Rostock zu klären.

    Breker: Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Becker, dann sind aus Ihrer Sicht Kampfabstimmungen auf dem Parteitag in Rostock ein Zeichen an die Wähler, "wir wissen, was wir wollen"?

    Becker: Sie sind ein Zeichen dafür, dass wir um den richtigen Weg und um die glaubwürdigsten Köpfe streiten und außerdem auch ein positives Zeichen, dass es offensichtlich mehrere Leute gibt, die bereit sind, in so einer schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen. Das ist ein positives Zeichen. Aber natürlich gilt es dann, egal wie die Kampfabstimmungen ausgehen, danach, nach dem Parteitag, geschlossen mit einem Führungsteam um Philipp Rösler und Christian Lindner wirklich endlich was umzusetzen in der Regierung, weil das ist doch das, was die Menschen noch viel mehr enttäuscht hat als die Köpfe, dass zu wenig gemacht wurde in dieser Regierung. Und das geht dann ab dem Parteitag los. Deshalb kann der Parteitag nur der erste Schritt sein, und danach muss man in die inhaltliche Arbeit gehen und auch die personellen Fragen in Kabinett und Fraktion im Laufe des Jahres auch noch mal kritisch bewerten.

    Breker: Wenn es denn, Herr Becker, um die glaubwürdigsten Köpfe geht, sind dann die mit dem Kainsmal Steuersenkung die richtigen?

    Becker: Wissen Sie, ich hab meine persönliche Meinung zu dem einen oder anderen Kopf, auch die Meinung der Jungen Liberalen zu dem einen oder anderen Kopf in den letzten Wochen mit deutlicher Kritik auch öffentlich gemacht. Bei der Kritik bleiben wir auch, aber wir müssen auf der anderen Seite auch sehen, dass es für einen demokratischen Wettbewerb so ist, dass man dann schauen muss, ob hinterher von den 600 Delegierten der eine oder der andere gewählt wird. Da werde ich auch dort vor Ort im Parteitag was sagen, aber da brauche ich nicht in ewiger Kommentierung im Vorfeld etwas zu sagen, sondern das entscheidet dann hinterher Demokratie, und da ist Demokratie kein Betriebsunfall. Das kann ich Ihnen heute noch nicht sagen – das ist eine Hätte-wäre-wenn-Diskussion –, solange ich nicht weiß, wer gewählt wird.

    Breker: Im Deutschlandfunk die Meinung von Lasse Becker. Er ist der Vorsitzende der Jungen Liberalen.