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"Bed of Stone"
Asa - mit Frische und Leichtfüßigkeit zurück

Sie singt auf Yoruba und Englisch, lebt abwechselnd in Paris und Lagos und hat Konsequenzen aus ihrem Beinahe-Zusammenbruch nach ihrem Debüt gezogen: Asa. Die junge nigerianische Sängerin hat auf ihrem dritten Album "Bed of Stone" zu alter Stärke zurückgefunden: Afro-Pop mit nuancierter Stimme.

Von Luigi Lauer | 23.08.2014
    Die nigerianische Sängerin Asa beim Montreux Jazz Festival 2011
    2008 veröffentlichte die nigerianisch-französische Sängerin Asa ihr erstes Album. (picture alliance / dpa - Jean-Christophe Bott)
    Lagos, Nigeria. Bokula Elemide alias Asa wurde zwar in Paris geboren, wuchs aber in Lagos auf, der größten Stadt Afrikas mit über zehn Millionen Einwohnern. Das sind rund dreimal so viele wie in Berlin - bei fast gleicher Grundfläche. Asa hat auch Berlin kennengelernt, nicht nur abends auf der Bühne. Ein Vergleich, bitte?
    "Zwischen ihnen liegen Welten! Was sie verbindet, ist, dass es zwei pulsierende Großstädte sind, vollgepackt mit Menschen. Berlin hat eine sehr große Szene für elektronische Musik, in Lagos hingegen dominieren karibische Klänge. Beide Städte sind sehr kosmopolitisch, mit Menschen von überall her. Aber während Berlin alles hat, damit man seine Pläne in die Tat umzusetzen kann, muss man in Lagos um Alles und für Alles hart kämpfen. Ich schätze die Energie und den Rhythmus, der dort herrscht. Doch man muss schon eine Art Aerobic mit dem Gehirn betreiben, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen."
    "Lagos inspiriert mich"
    Das bedeutet vor allem, mit der mangelnden Infrastruktur klar zu kommen. Oft fällt der Strom aus, und ganz sicher steht kein Bus um 6:37 Uhr an einer bestimmten Haltestelle. Wer in Lagos irgendetwas will, muss sich bemerkbar machen.
    "Lagos ist generell laut, die Leute reden auch lauter. Es ist heiß, es ist sehr lebendig, es ist farbenfroh, weil die Häuser viel bunter sind und die Menschen fröhliche Kleidung tragen. Es hat fast einen Anflug von Komödie, weil die Menschen ständig so lebhaft sind. Es ist wirklich hinreißend - vorausgesetzt man versteht es, dort zu überleben."
    Verständlich, dass Asa sich für die Arbeit an ihrem neuen Album "Bed of stone" ein ruhigeres Plätzchen aussuchte, obwohl mit Cobhams Asuquo der Produzent vor Ort gewesen wäre, der schon Asas Debüt zu internationalem Erfolg verholfen hatte. Aufgenommen wurde stattdessen überwiegend in Hastings, einem idyllischen Seebad südlich von London.
    "Ich habe in Lagos mehr geschrieben als aufgenommen. Die Stadt inspiriert mich. All die Dinge, die ich eben geschildert habe, die Stadt, die Menschen, das Komödienhafte, fließen in meine Texte ein - viel mehr als in Paris. Ich pendle immer noch zwischen diesen beiden Städten."
    Frische und Leichtfüßigkeit
    Mit dem Album "Bed of Stone" kehrt Asa zur Frische und Leichtfüßigkeit ihres Erstlings zurück. Gut so, denn die Mischung aus Afro, Pop und Soul überzeugte auf der ganzen Linie. Melodien, die sofort ins Ohr gingen und ihre nuancenreiche Stimme trugen zu einem fast perfekten Album bei. Das alles fehlte auf ihrem zweiten, bezeichnenderweise "Beautiful Imperfection" betitelt. Mit "Bed of stone" ist die alte Stärke wieder da.
    "Ich denke, dass es wesentlich organischer ist. Wir sind mit Live-Musikern ins Studio gegangen und haben viel weniger Synthesizer und dergleichen eingesetzt. Das Album ist zudem persönlicher geworden und mehr nach Innen als nach Außen gerichtet. Auf dem ersten habe ich vieles infrage gestellt. Das zweite war fröhlicher, da habe ich auch einfach mal nur zum Tanzen aufgefordert. Das jetzige ist ein introvertiertes Album."
    Der Wechsel zur Binnenperspektive hat seinen Grund. Asa war die letzten Jahre nahezu pausenlos auf Tournee, sie brauchte dem Erfolg ihres Debütalbums in aller Welt nur hinterherzureisen – bis es fast zum Burn-out kam. Und den thematisiert Asa auch auf ihrem neuen Album.
    "Es drückt aus, was ich momentan fühle, wo ich aktuell stehe in meinem Leben. Ich stelle mir selber Fragen und bin auf der Suche nach den wichtigen Dingen in meinem Leben. Nach der Tournee brauchte ich eine Auszeit, auch von Studioaufnahmen, von der Musik generell. Ich wollte nichts mehr hören von Charts und all dem, was so dazugehört, es hat mich alles überfordert. Also bin ich zurückgerudert, ich musste aus all dem raus. Ich bin nach Hause, um Ruhe zu finden und wieder ein ganz einfaches Leben zu führen."
    Im Lied "Moving on" hat Asa ihre gefährlich rapide Karriereentwicklung eindrücklich verarbeitet.
    "Ich musste weglaufen und mich verstecken. Etwas war mitten in der Nacht geschehen. Lautlos kam etwas in mein Leben und stellte es auf den Kopf. Ich fühlte nur noch Schmerz, als Fremde meine Seele davontrugen. Wie nach einem tödlichen Hurrikan war mein Leben nicht mehr dasselbe."
    Konsequenzen aus ihrem Beinahe-Zusammenbruch
    Dasselbe Leben wie vor sechs Jahren führt Asa heute sicher nicht mehr. Aber die 32-jährige hat die richtigen Konsequenzen aus ihrem Beinahe-Zusammenbruch gezogen: weniger arbeiten, Sozialkontakte wiederbeleben, Hobbies pflegen. Und ihr liebstes Steckenpferd ist ausgerechnet das Reisen.
    "Während einer Tournee bekommt, man gar nichts zu sehen. Tagsüber gibt man noch Interviews und isst sogar im Hotel, man kommt überhaupt nicht raus. Aber ich liebe meinen Beruf, ich will mich nicht beschweren. Ich bin auf eigene Faust nach Berlin zurückgekommen, weil ich mir ein Bild von der Stadt machen wollte und schauen, ob sie mich inspiriert zu schreiben."
    Das hat sie auch, sagt Asa, zwei Wochen sei sie durch Berlin gelaufen, um Eindrücke zu sammeln. Die fänden sich jetzt als Skizzen und Entwürfe in ihrem Klangarchiv, wie sie es nennt. Und vielleicht, aber nur vielleicht, bekämen wir davon, irgendwann einmal etwas zu hören. Aber darüber reden wir dann beim nächsten Album.