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Begehrte Trophäe

Die wohl berühmteste Trophäe der Welt: der Oscar, der offiziell "Academy Award of Merit" heißt und 1929 ins Leben gerufen wurde - um ihn dreht sich eine Ausstellung im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt. Zu sehen sind Kostümentwürfe, Produktionsskizzen, Storyboards, Casting-Kommentare, Drehbücher, Briefe, Fotos – und natürlich "Oscars".

Von Kirsten Liese | 13.11.2012
    Stolz und prächtig präsentiert sie sich dem Betrachter: die begehrte Trophäe - der Oscar. Außerhalb von Los Angeles konnte man sie noch nie zuvor aus der Nähe besichtigen. Vor allem zwei Darsteller-Oscars von Clark Gable und Bette Davis stehen für den großen symbolischen Wert dieser Originale, sagt Claudia Dillmann, die Direktorin des Deutschen Filmmuseums:

    "Diese Oscars sind irgendwie auf den Markt gekommen. Nehme an, die wurden vererbt und irgendwann haben die Erben sich gesagt, die können wir doch auch zu Geld machen. Und in einer Auktion hat Steven Spielberg diese beiden Oscarstatuen gekauft, die haben zusammen rund anderthalb Millionen Dollar gekostet, und er hat sie der Academy zurückgegeben, weil er sagt: Dieser Preis, der Oscar, muss durch Leistung erworben werden. Man kann und sollte ihn nicht kaufen dürfen."

    Die Ausstellung "And the Oscar goes to" dokumentiert sämtliche Produktionen, die im Laufe von 85 Jahren in der Königsdisziplin des besten Films nominiert und prämiert wurden. Es sind oft sehr aufwendig inszenierte, starbesetzte Studioproduktionen wie "Vom Winde verweht" oder "Ben Hur", die das Rennen machen und teils mit mehreren Preisen Rekorde aufstellen.

    Doch nicht immer garantieren hohe Budgets den Oscarsieg. 1963 etwa setzt sich mit "Tom Jones- Zwischen Bett und Galgen" überraschend ein Vertreter der ästhetisch-radikalen New-Wave-Bewegung mit wackliger Optik gegen das millionenschwere Historienepos "Cleopatra" durch. Für Ellen Harrington von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences ist das der beste Beleg für die künstlerischen Qualitätsmaßstäbe und Unabhängigkeit der stimmberechtigten Academy-Mitglieder.

    "Im Fokus ihrer Bewertungsmaßstäbe stehen das kreative Potenzial einer Produktion und die filmische Sprache. Die Mitglieder lassen sich nicht unweigerlich von der Popularität eines Filmes beeindrucken."

    Nicht alle oscarprämierten Filme haben allerdings ihre Zeit überdauert. Etliche Titel gerieten in Vergessenheit, etwa der 1932/33 mit dem 6. Academy Award ausgezeichnete Film "Cavalcade", sagt Claudia Dillmann:

    "Ich hab von diesem Film noch nie in meinem Leben etwas gehört. Ich kenne auch niemanden, der den Film je gesehen hat, das ist der unbekannteste aller Oscarfilme."

    Wiederum landeten Meisterwerke des europäischen Kinos lange Zeit allenfalls auf den Nominierungslisten für den besten fremdsprachigen Film. Eine Ausnahme ist die italienische Produktion "Der letzte Kaiser" von Bernardo Bertolucci, die 1987 einen Oscar für den besten Film gewann. Der Schwede Ingmar Bergmann erhielt zumindest 1973 eine Nominierung für "Schreie und Flüstern" in der Königsdisziplin und Roberto Benigni 1998 für "Das Leben ist schön". Und auch die jüngste Trophäe für den besten Film ging mit "The Artist" an ein europäisches Produktionsland.

    Aber wozu gibt es eigentlich einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film, wenn theoretisch jeder Titel um den besten Film konkurrieren kann? Ellen Harrington sucht in der geschichtlichen Entwicklung nach den Gründen. Das Kino werde zunehmend globaler, meint Harrington, Filme seien heute international weit mehr im Umlauf als noch in den 1940er-Jahren, als die Kategorie für den besten fremdsprachigen Film ins Leben gerufen wurde. Im Zuge dessen lassen sich aus Sicht der Expertin die Kategorien bester Film und bester fremdsprachiger Film heute gar nicht mehr klar voneinander abgrenzen. So gesehen könnte der fremdsprachige Oscar vielleicht irgendwann einmal überflüssig werden.

    Zu den größten Attraktionen der Frankfurter Ausstellung "And the Oscar goes to" zählen neben den goldenen Statuen vor allem Schriftstücke aus der Feder so berühmter Schauspieler und Regisseure wie Audrey Hepburn oder Alfred Hitchcock. Alles in allem leistet das Deutsche Filmmuseum mit dieser imposanten, sehenswerten Schau einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der beliebtesten Trophäe und unterstreicht seinen hervorragenden internationalen Ruf als Institution. In der einstigen Traumfabrik Hollywood gibt es vergleichsweise noch gar kein Filmmuseum. Ein entsprechend millionenteures Projekt befindet sich dort noch in der Planung.