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"Bei den Studiengebühren ist ja die CSU sogar zu doof zum Umfallen"

Das Thema Abschaffung der Studiengebühren entzweit momentan die bayerische Staatsregierung aus CSU und FDP. Kein Wunder also, dass das Thema beim politischen Aschermittwoch in Passau keine Rolle spielt. Ganz anders bei der Opposition.

Von Lisa Weiß | 13.02.2013
    Sie tragen Tracht oder weißblaue Schals, heben selbst gebastelte Schilder gegen die Opposition in die Luft - wer zum Politischen Aschermittwoch der CSU nach Passau kommt, will vor allem eines – die eigene Partei feiern. Da passt das Thema Studiengebühren nicht ganz – denn das entzweit ja die Staatsregierung aus CSU und FDP momentan. Die beiden Redner, Ministerpräsident Horst Seehofer und Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber sprechen deshalb über Länderfinanzausgleich und Europapolitik, schimpfen gegen die politischen Gegner – aber verlieren kein Wort über die Studiengebühren. Ganz ähnlich macht das die FDP bei ihrer Aschermittwochsveranstaltung in Dingolfing. Für die Opposition ist der Streit um die Abschaffung der Studiengebühren dagegen ein gefundenes Fressen. Zum Beispiel für Michael Piazolo von den Freien Wählern. Der hat das erfolgreiche Volksbegehren gegen die Studiengebühren nämlich initiiert:

    "1,35 Millionen Menschen sind dem Ruf der Freien Wähler gefolgt, sind durch Schnee und Matsch zu den Rathäusern gegangen und haben für die Abschaffung der Studiengebühren gestimmt und das ist unser Volksbegehren. Das ist ihr Volksbegehren und dafür haben wir gemeinsam gekämpft."

    Aber noch sind die Gebühren nicht weg. Nach dem erfolgreichen Volksbegehren gibt es jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder der bayerische Landtag beschließt, die Studiengebühren direkt abzuschaffen. Oder er sagt Nein - dann kommt es zum Volksentscheid.

    Nicht nur die Opposition, auch die CSU würde die Gebühren mittlerweile gerne schnell ohne Volksentscheid abschaffen. Obwohl sie die Gebühren selbst eingeführt hat. Aber ihr Koalitionspartner, die FDP ist gegen die Abschaffung – und bringt die Christsozialen in eine schwierige Lage. Wenn die FDP nicht einlenkt, müssten sie mit der Opposition stimmen, nur dann wären die Studiengebühren ohne Volksentscheid weg. Und vor allem: weg aus dem Wahlkampf, denn im Herbst wird auch in Bayern gewählt. Doch würde die CSU mit der Opposition stimmen, würde das zu einem Koalitionskrach führen – auch nicht förderlich im Wahlkampf. Christian Ude, SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl und momentan Münchner Oberbürgermeister spottet daher über die CSU:

    "Bei den Studiengebühren ist sie ja und das hab ich in der deutschen Politik noch überhaupt nicht erlebt - ich kenne Regierungen, die ihrer Meinung treu bleiben und ich kenne Regierungen, die sie ändern. Aber bei den Studiengebühren ist ja die CSU sogar zu doof zum Umfallen und das ist doch wirklich einmalig in der deutschen Politik."

    Bei der CSU dürften die Nerven mittlerweile blank liegen. Denn die FDP beharrt weiterhin darauf, dass im Koalitionsvertrag zwischen CSU und FDP vereinbart worden ist: Die Studiengebühren werden beibehalten. Ministerpräsident Horst Seehofer hat seinem Unmut über den sturen Koalitionspartner Luft verschafft, indem er ihn "Dipferlscheißer" nannte. Das ist bayerisch und bedeutet ungefähr so etwas wie Erbsenzähler. Die FDP war nicht begeistert. Und Seehofers Ausbruch sorgt für Häme auch bei den Grünen. Die bayrische Fraktionschefin Margarete Bause:

    "Man lernt doch nie aus. Habt ihr das schöne Wort ‚Dipferlscheißer’ kennt. So bezeichnet der bayerische Ministerpräsident seinen Koalitionspartner."

    Aber auch in der FDP gibt es immer mehr, die davor warnen, es mit dem "Dipferlscheißen" zu übertreiben. Und die es sich vorstellen können, einzulenken, damit die Koalition nicht scheitert. Schaffen die Politiker es, sich auf eine Abschaffung der Studiengebühren zu einigen?. Die bayerischen Studenten sind geteilter Meinung.

    "Ich glaub erst dran, wenn es wirklich passiert. Also ich zweifel im Moment schon noch dran, ob es wirklich passiert. Ich versteh ja, dass die FDP mit irgendwas Wahlkampf machen muss und wenn das einzige Alleinstellungsmerkmal, das man hat, eben ist: Wir sind für Studiengebühren im Gegensatz zu allen anderen, dann kann ich das nachvollziehen. Aber ich glaub halt, dass der Druck der Öffentlichkeit und der Mehrheit. Ja, der ist halt einfach zu groß."

    Und die FDP könnte sich ihr Einlenken gut bezahlen lassen: Es gibt Gerüchte, dass die Liberalen nur einlenken würden, wenn dafür auch Kindergartengebühren wegfallen und zum Beispiel Altenpflegeschulen kostenfrei werden. Das würde selbst für das reiche Land Bayern ziemlich teuer werden – übermorgen wollen CSU und FDP jedenfalls noch einmal über die Abschaffung der Studiengebühren diskutieren.