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Belagerung von Leningrad
Sonderfall der Geschichte

Vor 70 Jahren endete die Belagerung von Leningrad. Der Historiker Jörg Ganzenmüller erklärte im Deutschlandfunk, Hitler sei es nicht um die Eroberung der Stadt gegangen, sondern um die Vernichtung der Bevölkerung. Das sei ein Sonderfall der Geschichte.

Jörg Ganzenmüller im Gespräch mit Michael Köhler | 26.01.2014
    Ein Schwarz-Weiß-Bild mit stark beschädigten Gebäuden in Leningrad im Zweiten Weltkrieg
    Zerstörungen in Leningrad im Zweiten Weltkrieg (picture-alliance / dpa)
    Ganzenmüller erläuterte, es sei nicht - wie sonst bei einer Belagerung - darum gegangen, die Kapitulation der Stadt zu erzwingen. Vielmehr habe Hitler sogar befohlen, etwaige Kapitulationsangebote zurückzuweisen.
    Denn: Das Ziel sei es gewesen, die Vernichtung der Bevölkerung zu erreichen, und zwar mittels Hunger. Erst danach sollte die Wehrmacht die Stadt betreten und sie dem Erdboden gleichmachen.
    Die Motive sieht Ganzenmüller in der deutschen Besatzungspolitik, die er als "Hungerpolitik" bezeichnet. Dahinter stecke der Grundsatz, dass die Wehrmacht vollständig aus den besetzten Gebieten habe ernährt werden sollen, ohne Nachschub aus der Heimat.
    Das habe für Russland eine Hungersnot bedeutet, von der Menschen betroffen gewesen seien, vor allem in den Großstädten. Sie seien von den Nazis als "überflüssige Esser" eingestuft worden.
    Hinweis: Das Gespräch mit Jörg Ganzenmüller können Sie mindestens fünf Monate lang als Audio-on-demand abrufen.