Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Belgien
Deutscher Soldatenfriedhof Langemark

Von Annette Riedel | 28.10.2014
    Will man zur deutschen Kriegsgräberstätte Langemark in Westflandern, circa sechs, sieben Kilometer von der Stadt Ypern entfernt, muss man vom Parkplatz kommend zunächst durch eine Betonröhre. Vielleicht 25 Meter lang. Mit diffusen Kriegsgeräuschen beschallt. In die sich der Lärm der Straße mischt, die am Friedhof vorbeiführt. Dann geht es auf einen schmalen Fußpfad zwischen Straße und Friedhof zum wuchtigen Eingangsgebäude aus rotem Sandstein.
    In der Halle auf Eichenholztafeln: die Namen einiger deutscher Gefallener von den insgesamt 44.303, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben.
    Aus der Halle heraus tritt man auf den eigentlichen Friedhof. So groß wie - geschätzt - etwa zwei Fußballfelder. Eichenbestanden. Ein typisch deutscher Friedhof ist Langemark in den Augen von Bas Doer.
    "All die Eichen. Es ist dunkel. Die Deutschen nennen Langemark auch den Studentenfriedhof. Am Beginn des Ersten Weltkrieges sind hier in Flandern viele junge deutsche Freiwillige gefallen, als sie auf die erfahrenen Profi-Soldaten der Briten getroffen sind."
    Bas Doer ist Flame, Belgier, ein rundlicher Mann um die 60, der hier auf dem Friedhof Langemark als Freiwilliger arbeitet. An diesem Vormittag ist ein halbes Dutzend Busladungen voll Besucher da. Deutsche sind nicht darunter. Keiner der Busse auf dem Parkplatz hat ein deutsches Kennzeichen.
    "Ich finde es seltsam, dass nicht so viele Deutsche kommen. Alle Besucher, die sie zum Beispiel heute hier sehen, kommen aus Großbritannien oder aus Irland. Deutsche Gruppen kommen selten, manchmal Einzelpersonen. Sie haben mir erzählt, dass der Erste Weltkrieg in Deutschland ziemlich vergessen ist, keine große Rolle spielt in der Schulbildung. In Großbritannien ist das anders. Die jungen Briten werden auch ermuntert, hierher zu kommen."
    Massengrab auf der Kriegsgräberstätte Langemark
    Unter den zahllosen Eichen: steinerne Kreuze in mehreren Dreiergruppen und zahlreiche flache Marmorplatten mit den Namen Gefallener. 18 Jahre alt, 19, 20 - Freiwillige, viele Studenten eben, die sich 1914 aus Patriotismus an die Front meldeten. Und in ihrer Unerfahrenheit bei der Schlacht von Ypern vor 100 Jahren mehr oder weniger verheizt wurden, aber an der Heimatfront für wahre Vaterlandsliebe standen. Im Gräberfeld: drei alte Bunker. An einem Ende des Friedhofs, gegenüber dem Empfangsgebäude, eine Figuren-Gruppe: 'Trauernde Soldaten' heißt sie. Geschaffen 1956 vom Münchner Bildhauer Emil Krieger. Zwischen der Eingangshalle und den überlebensgroßen Skulpturen liegt das Massengrab von Langemark.
    "Das Massengrab ist das Besondere an diesem Friedhof. Er ist der Einzige mit einem Massengrab. Es ist zudem das Größte hier in Flandern und an der gesamten West-Front, glaube ich. Fast 25.000 Soldaten sind in ihm begraben."
    Bis heute konnten davon nachträglich über 17.000 identifiziert werden. Ihre Namen sind auf Betonstelen genannt, die im Halbrund um das Massengrab aufgestellt sind. Davor ein Kranz aus bronzenen Eichenblättern. Geschmückt an diesem Tag mit einigen papierenen roten Mohnblumen - Symbol für die Toten des Ersten Weltkriegs. Eine der tausenden bronzenen Namenschildchen auf den Stelen wird sichtbar oft berührt.
    "This here is Werner Voß."
    Werner Voß, der im Ersten Weltkrieg in Westflandern gefallenen deutsche Luftwaffen-Offizier, das Flieger-Ass, wie Bas Doer sagt. Es wird oft nach im gefragt, wo sein Name steht.
    Langenmark wuchs über Jahre durch Zusammenbettung
    Langemark ist aus einer zunächst kleinen Gräber-Gruppe 1915 entstanden und wuchs über die Jahre durch Zusammenbettung auf die heutige Größe von, wie gesagt, rund 44.000 Toten. In Absprache mit der belgischen Regierung obliegt Gestaltung und Pflege des mehrmals umgestalteten Friedhofs Langemark seit 1930 dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Bas Doer hat ein sehr persönliches Motiv für seine Freiwilligenarbeit auf einem deutschen Soldaten-Friedhof.
    "Mich interessiert der Erste Weltkrieg seit 40 Jahren. Mein Großvater wurde bei Ypern verwundet. Oft, wenn ich ihn besucht habe und bei ihm übernachtet habe, hat er mir Geschichten aus seinem Soldatenleben im Ersten Weltkrieg erzählt. In der belgischen Armee natürlich."