Donnerstag, 25. April 2024

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Bella e impossibile

Wer in den 60er- und 70er-Jahren nach Bella Italia reiste, hat den mitreißenden Melodienreichtum der Songs der Cantautori noch in den Ohren: von Lucio Dalla, Francesco de Gregori, Fabrizio de André, Francesco Guccini, Gianna Nannini, Gino Paoli, Giorgio Gaber, Enzo Jannacci, Lucio Battisti und anderen. Viele ihrer Songs wurden zu Hits, die bis heute landauf landab vom Volk mitgesungen wurden. Doch sie waren weit davon entfernt, ins Seichte eines Schlagers abzurutschen.

Von Regine Igel | 04.04.2009
    In poetischen Mininovellen erzählen ihre Texte von Leben und Leiden sozial Ausgegrenzter, von Prostituierten, Widerstandskämpfern. Sie beklagten sozial ungerechte Zustände, provozierten das katholische Establishment, kritisierten bürgerliche Doppelmoral und drückten den Trennungsschmerz des in den Norden aufbrechenden Migranten von Braut, Mama und Heimatort aus.

    Heute gelten Musik und Texte der Cantautori als ein eigenständiges Genre hoher Kultur und sind zum Gegenstand des Schulunterrichts und wissenschaftlicher Tagungen geworden. Erinnern wir uns in dieser Langen Nacht an ein anderes, an ein lebendiges und aufbruchfreudiges Italien!
    Links:
    Lucio Dalla
    Francesco de Gregori
    Fabrizio de André
    Francesco Guccini
    Gianna Nannini
    Gino Paoli
    Giorgio Gaber
    Enzo Jannacci

    Auszug aus dem Manuskript:
    Luigi Tenco ist ein legendärer Vorläufer der italienischen Cantautori und das heißt, er komponierte und textete seine Songs selbst. Er brachte als einer der ersten sozialkritische und antimilitaristische Texte in den Schlager. In "Ciao Amore ciao" besingt er den Abschied eines arbeitslosen Emigranten von seiner Geliebten und seinem Heimatort. Er wird weit weggehen in eine andere Welt, in der er wohl Arbeit finden, sich aber als ein Niemand fühlen wird.
    Es sind die 60er Jahre, als zahlreiche italienische Gastarbeiter auch nach Deutschland kamen. Ein derartiges Thema auf dem traditionellen Schlagerfestival, das jedes Jahr im Januar oder Februar in San Remo veranstaltet wird, war mehr als ungewöhnlich. Mit seiner ausdrucksstarken, mal sanften, mal harten Stimme wurde Luigi Tenco von seinem Publikum heiß geliebt.
    Warum über Luigi Tenco hier zu Beginn gesprochen wird, hat mit seinem Auftritt auf dem Schlagerfestival im Januar 1967 zu tun. Luigi Tenco wollte nämlich mit dem Song "Ciao amore ciao" Sieger werden, und nicht nur er, in der Musikwelt hatte er durchaus eine starke Lobby. Als aber ein anderer das Rennen machte und er sogar nur auf Platz 16 landete, war Tenco so getroffen, dass er sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses noch in der gleichen Nacht in seinem Hotelzimmer erschoss. Er hinterließ einen Abschiedsbrief.
    Luigi Tenco betont in diesem Brief, keineswegs lebensmüde zu sein und sein Publikum geliebt, aber doch - vergebens geliebt zu haben. Der Akt der Selbsttötung solle als Protest gegen die Jury angesehen werden und bewirken, dass die Entscheidungskriterien überdacht werden.

    Bis heute hält sich die Mutmaßung, dass der Selbstmord ein Mord war, gestützt durch Ungereimtheiten in den Indizien und den harten Konkurrenzkampf um die Nominierung im Festival. Zum 40. Jahrestag seines Todes im Jahr 2007 wurden diese Zweifel in einer Erinnerungssendung im Fernsehen erneut diskutiert.

    Luigi Tenco war ein widersprüchlicher Charakter. Er galt als depressiv, schüchtern, zurückgezogen. Gleichzeitig war er sehr gesellig, impulsiv. Die damals in ganz Europa bekannte Sängerin Dalida und er waren ein Paar, ein schönes, bewundertes
    Paar.

    Luigi Tenco war ein widersprüchlicher Charakter. Er galt als depressiv, schüchtern, zurückgezogen. Gleichzeitig war er sehr gesellig, impulsiv. Die damals in ganz Europa bekannte Sängerin Dalida und er waren ein Paar, ein schönes, bewundertes
    Paar.
    Viele italienische Sänger und Sängerinnen haben Songs von Luigi Tenco interpretiert, hauptsächlich seine Liebeslieder. Aber in vielen seiner Songs werden auch Autoritätspersonen des Staates und der Kirche kritisch unter die Lupe genommen und der Scheinheiligkeit bezichtigt. Andere Cantautori haben ihm eigene Kompositionen gewidmet. Hören Sie die ergreifende Hommage von dem wunderbaren Cantautore Fabrizio de André, die er für seinen Freund und Weggefährten aus frühen gemeinsamen Jahren in Genua, kurz nach dessen Tod geschrieben hat: "Preghiera in gennaio" - Gebet im Januar.
    Der Tod Luigi Tencos und seine wider aller Erwarten schlechte Klassifizierung beim traditionellen Schlagerfestival von San Remo war weit über die Musikwelt hinaus ein Schock. Doch er bewirkte, dass die Musik der Cantautori über Nacht aus ihrer Nische heraustritt und von nun an öffentlich zelebriert wird. 1972 wird der Club Tenco und zwei Jahre später ein eigens den Cantautori gewidmetes Festival gegründet. Seither werden im Theater Ariston in San Remo alljährlich zwei Festivals durchgeführt: Das traditionelle Schlagerfestival, in einschlägigen Kreisen kurz San Remo genannt, jedes Jahr vier Tage im Februar. Das andere, das der Cantautori, benannt nach Luigi Tenco und kurz "Tenco" genannt, meist drei Tage Anfang November.

    Nr: Titel/Ausführender

    1. Ciao amore ciao
    Luigi Tenco

    2. Cra Maestro
    Luigi Tenco


    3. Preghiera in gennaio
    Fabrizio de Andrè

    4. La Locomotiva
    Francesco Guccini

    5. Piazza Grande
    Luico Dalla

    6. La Donna Cannone
    Francesco de Gregori

    7. Samarcanda
    Roberto Vecchioni

    8. Like a Rolling Stone
    Bob Dylan

    14. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
    F.J. Degenhardt

    17. Bella Ciao
    M.A.Gomez

    18. Ho visto un re
    Enzo Jannacci

    19. Pressione bassa
    Giorgio Gaber

    20. Io, se fossi dio
    Giorgio Gaber

    21. Bologna
    Francesco Guccini

    22. Bomba non bomba
    Antonello Venditti

    23. Napule è
    Pino Daniele

    26. Bello e impossibile
    Gianna Nannini

    27. Amore Cannibale
    Gianna Nannini

    28. Il cielo in una stanza
    Gino Paoli

    29. Gesubambino
    Lucio Dalla

    30. Disperato erotico stomp
    Lucio Dalla

    31. Non chiedermi piu
    Piero Ciampi

    34. Viva L´Italia
    F. de Gregori

    35. L´isola che non c´è
    Edoardo Bennato

    36. Lontano Lontano
    Gino Paoli

    37. Il vecchio frack
    Domenico Modugno

    38. Il pullover
    Gianni Mecci

    39. gli Amici
    F. Guccini

    40. Tatuaggio
    Ornella Vannoni

    42. Max
    Paolo Conte