Jugendstudie der Uni Bielefeld

Solidarität muss vorgelebt werden

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Illustration einer Szene aus der U-Bahn: Ein alter Mann hat keinen Sitzplatz und wird zwischen anderen Personen eingequetscht.
Wie groß ist die Akzeptanz und das Wohlwollen Schwächeren gegenüber fragt eine Studie der Uni Bielefeld. © imago images / Ikon Images
Holger Ziegler im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 13.05.2020
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Wie groß ist die Akzeptanz, das Wohlwollen auch Schwächeren gegenüber? Das war die zentrale Frage einer Jugendstudie aus Bielefeld. In einer Folgestudie untersuchte Holger Ziegler nun den Einfluss des Elternhauses.
Haltungen der Eltern färben nicht unmittelbar auf Kinder oder auf Jugendliche ab, sagt Jugendforscher Holger Ziegler von der Uni Bielefeld. "Hier aber doch!"
Ziegler spricht über die Folgestudie der Untersuchung "Generation Aufbruch oder Generation Rücksichtslos?" aus dem Jahr 2019. Diese untersuchte die Empathiefähigkeit und den Gemeinschaftssinn von Kindern und Jugendlichen.
"Die überwiegende Mehrheit zeigte Solidarität", sagt Ziegler. Bei 15 bis 20 Prozent war das allerdings deutlich weniger der Fall. "Und die Frage, woran das denn liegt, hat uns dann enorm interessiert." So nahmen die Wissenschaftler das Verhältnis dieser Gruppe von Kindern und Jugendliche zu ihren Eltern in den Blick.

Hoher Anspruch plus Frust

"Wir sehen nahezu exakt die gleichen Ausprägungen von Haltungen bei den Eltern", berichtet der Wissenschaftler in unserem Programm.
Typisch seien bestimmte Haltungen der Eltern, zum Beispiel: "Wer sich anstrengt, bringt es auch zu was". Diese Einstellungen erzeugten Druck auf die Kinder, insbesondere dann, wenn die Eltern selbst ihren Lebenszielen hinterherhinken.

"Es gibt eine kleine Gruppe von, na ja, nicht sonderlich erfolgreichen Eltern", sagt Ziegler. Wenn diese Eltern zugleich Einstellungen vertreten wie "Man bekommt, was man verdient", entstehe eine Dissonanz, die der Nährboden für missgünstige Einstellungen gegenüber anderen sein könnte. In diesen Elternhäusern gebe es oft auch eine "gewisse Bereitschaft, Kinder zu strafen, wenn diese nicht tun, was die Eltern wollen", so der Wissenschaftler.
Die Vorstellung, dass andere "unverdient bevorteilt" würden, führe dann zu Abgrenzung und eben nicht zu Solidarität.
(huc)

Für die Studie "Generation Aufbruch oder Generation Rücksichtslos?" zum Gemeinschaftssinn von Kindern und Jugendlichen wurden etwa 1000 Kinder und Jugendliche aus Berlin, Leipzig und Köln nach ihrem Gemeinschaftssinn befragt. Die Ergebnisse der Studie sind bevölkerungsrepräsentativ für Großstädte. Die Studie wurde von der Universität Bielefeld im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung durchgeführt.

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