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Dafur-Konflikt
Amnesty wirft Sudan Einsatz von Giftwaffen vor

Mit chemischen Waffen soll die Regierung des Sudan gegen die überwiegend christliche Bevölkerung in Darfur vorgegangen sein - so der Vorwurf der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem neuen Bericht. Die Brutalität der Angriffe sei kaum zu fassen. Der Sudan weist die Vorwürfe zurück.

29.09.2016
    Sudanesische Männer sitzen vor einem Plakat mit den Bildern des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir (Mitte), dem katarischen Emir Sheikh Tamim bin Hamad al-Thani (r.) und dem Präsidenten des Tschad Idriss Deby (l.) in der El Fasher (Darfur) am 5. September 2016, bevor die politischen Anführer die Gegend besuchen.
    Sudanesische Männer sitzen vor einem Plakat mit den Bildern des sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir und Machthabern aus Katar und Tschad, die Darfur besuchten. (AFP - Ashraf Shazly)
    Die Giftgasangriffe fanden dem Bericht zufolge in den vergangenen acht Monaten in der Gebirgsregion Jebel Marra statt - bis zu 250 Zivilisten sollen seit Jahresbeginn bei insgesamt 30 chemischen Luftangriffen getötet worden sein. Der jüngste Anschlag liege erst zweieinhalb Wochen zurück.
    Grausame Bilder und Videos
    Den Bericht stützt Amnesty nach eigenen Angaben unter anderem auf Satellitenbilder und Interviews mit 200 Überlebenden. Die Organisation veröffentlichte zudem Bilder von Opfern mit Verätzungen und Wunden. Amnestys Krisenforscherin Tirana Hassan sagte, es sei schwierig, die Brutalität dieser Angriffe in Worte zu fassen. Die Bilder und Videos seien schockierend. "In einem schreit ein kleines Kind vor Schmerzen, bevor es stirbt."
    Folgen der Gasangriffe für die Menschen seien Blindheit, Hautausschläge und Atemwegsverätzungen. Die Schäden könnten zudem nicht fachgerecht versorgt werden, erste Hilfe bestehe aus einer Tinktur aus Salz, Zitrone und Kräutern.
    Nach der Einschätzung von Experten, die Amnesty beauftragt hatte, könnte es sich um die chemischen Kampfstoffe Senfgas, Lewisit oder Stickstofflost handeln.
    Teil des Kampfs gegen die Separatisten
    Amnesty International beurteilt die Angriffe mit Chemiewaffen durch die sudanesische Regierung als Teil eines groß angelegten Kampfeinsatzes. In der Region Dafur im Westen des Sudans herrscht seit 2003 Bürgerkrieg, in dem die Armee und verbündete arabische Milizen gegen lokale Rebellengruppen kämpfen. Mehr als 200.000 Menschen wurden Schätzungen zufolge seit Ausbruch des Konflikts getötet, etwa zwei Millionen vertrieben.
    Der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen sei aber nicht nur ein neuer Tiefpunkt in der Reihe internationaler Kriegsverbrechen durch die sudanesische Armee, so Amnesty, sondern zeige zugleich die "Überheblichkeit der Regierung vor der internationalen Gemeinschaft". Mehrere sudanesische Regierungspolitiker, darunter Präsident Omar al-Baschir, sind wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Darfur vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zur Fahndung ausgeschrieben.
    Der Sudan dementiert
    Der Sudan hat die Vorwürfe der Menschenrechtsorganisation zurückgewiesen. Der Pressebeauftragte der sudanesischen Botschaft, Ali Abayazeed, sagte dem Evangelischen Pressedienst, die sudanesische Armee wisse, wie man kämpft und brauche keine chemischen Waffen. Mit dem Bericht solle die sudanesische Regierung diskreditiert werden.
    Der Sudan nehme Flüchtlinge aus vielen Ländern der Region auf, etwa aus Eritrea, dem Südsudan oder der Zentralafrikanischen Republik. "Wir geben den Menschen humanitäre Hilfe, wieso sollten wir auf unsere Bevölkerung mit chemischen Waffen schießen?", so Abayazeed.
    (vic/pg/nin)