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Coronavirus
Warum COVID-19 auch für Leistungssportler gefährlich ist

In der Fußball-Bundesliga werden Stimmen laut, den Spielbetrieb möglichst schnell wieder aufzunehmen. Allerdings warnen Sportmediziner davor, das Virus und daraus folgende Lungenerkrankungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Leistungssportlerinnen könnten vor allem die Folgen der Erkrankung besonders hart treffen.

Von Jennifer Stange | 04.04.2020
Triathleten schwimmen am 06.09.2015 beim Cologne Triathlon Weekend im Fühlinger See in Köln.
Eigentlich gilt COVID-19 nur für Älteren mit Vorerkrankungen als lebensbedrohlich, doch auch Leistungssportler setzte der Virus schwer zu. (imago / Thilo Schmülgen)
Der Sportbetrieb am hessischen Olympiastützpunkt in Frankfurt steht still. Das Land Hessenhatte Mitte März alle öffentlichen und privaten Sportanlagen per Verordnung geschlossen. Werner Schäfer leitet den Olympiastützpunkt und steht hinter der Entscheidung.
"Wir haben ein gesellschaftliches Problem mit der Pandemie, wir sollten alles tun, diese einzudämmen. Und demzufolge haben wir auch hier am Olympiastützpunkt die Hallen geschlossen, die Trainingseinrichtungen geschlossen, die physiotherapeutischen Einrichtungen geschlossen etc."
Trotzdem laufen die sportpsychologische Betreuung, Laufbahn-und Ernährungsberatung weiter - per Telefon, oder Mail. Trainieren muss jeder für sich.
Schäfer: "Es geht in erster Linie um den Schutz der Athletinnen und Athleten und deren Umfeld."
Vorsicht sei auch deshalb geboten, weil noch nicht absehbar sei, welche langfristigen Folgen die Lungenkrankheit für Leistungssportler haben könne, so Schäfer.
Die Fußballer trainieren schon wieder - mit Ausnahmegenehmigung
Nicht alle in der Sportwelt sind seiner Meinung. 200 Meter Luftlinie vom Olympiastützpunkt entfernt liegt das Stadion der Eintracht Frankfurt. Zwei Spieler und zwei Mitarbeiter waren an COVID-19 erkrankt. Die Betroffenen seien nun wieder gesund und die Quarantäne für die Mannschaft aufgehoben, heißt es von Seiten des Frankfurter Fußball-Bundesligisten.
Und kaum dürfen die Spieler aus dem Haus, stehen sie wieder auf dem Platz – einzeln oder zu zwei mit Abstand.
Am Freitag wurde bei der Eintracht wieder trainiert. Kein Einzelfall. Bereits am Montag hatte auch Borussia Dortmund das Training wieder aufgenommen. Mit Genehmigung der NRW-Landesregierung.
Ein Jogger läuft im Sonnenuntergang
"Ich habe Blut aus meinen Lungen gehustet"
Der italienische Mittelstreckenläufer Edoardo Melloni hatte sich im März mit dem Coronavirus infiziert. Im Dlf erzählt der 29-Jährige vom schweren Verlauf seiner Krankheit.
Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vertrat das Gesundheitsministerium die Ansicht "dass Profisportler nicht an der Ausübung ihres Berufes gehindert werden dürfen".

Eine Anfrage des Deutschlandradios, ob und wie eine mögliche Ausnahmeregelung für die Eintracht begründet wird, ließ das hessische Ministerium des Inneren und für Sport bisher unbeantwortet. Es werden neue Fakten geschaffen und das mache Druck, meint Werner Schäfer vom Olympiastützpunkt Frankfurt.
"Diese Debatte und die jetzt schon absehbaren Folgen, lösen natürlich Druck aus auf die entsprechenden Sporteinrichtungen, dass viele sagen: Warum dürfen die Fußballvereine jetzt wieder trainieren und wir dürfen das nicht?"
"Sport ist keine Insel der Glückseligkeit"
Schäfer selbst hält nichts von Ausnahmeregelungen, auch nicht für den Profisport. "Sport ist eben nicht eine Insel der Glückseligkeit auf der man tun und lassen kann was man will, sondern wir sind dem gesamtgesellschaftlichen Problem deutschlandweit, europaweit und weltweit verpflichtet. Wir können nicht auf der eine Seite der Bevölkerung sagen, bleibt zu Hause und auf der anderen Seite sagen, ja aber die Leistungssportler dürfen das."
Zumal das Virus auch Topathleten schwer treffen kann. Wie der Fall des südafrikanischen Schwimmers Cameron van der Burgh zeigt. Bei den Olympischen Spielen 2012 holte er Gold auf hundert Metern. Ende März twittert van der Burgh, COVID-19 sei das "schlimmste Virus", mit dem er je zu kämpfen gehabt habe.
Nach 14 Tagen gehe es ihm besser, schreibt der 31-jährige, doch noch immer sei jede körperliche Belastung - selbst das gehen - äußerst anstrengend.
Der Kardioologe Martin Halle, Leiter der Sportmedizin an der TU München, kennt ähnlich schwere Verläufe bei jungen und gesunden Menschen bereits aus der Praxis:
"Offensichtlich ist es so, das beobachtet man bei vielen Erkrankungen der Lunge, dass das Herz mitbeteiligt sein kann, also dass es zu einer Herzbeutelentzündung kommen kann, oder vielleicht sogar zu einer Herzmuskelentzündung führt und das ist dann das, was in Zukunft Probleme machen kann. Alles Fragen, die dann auch im Leistungssport von zentraler Bedeutung sind."
Die Schäden können zum Verlust der Maximalleistung führen
Die Folgen einer vom Coronavirus verursachten Lungenerkrankung können jetzt erst untersucht werden. Aus Erfahrungen mit anderen Infekten zeige sich, dass die Leistung auch nach überstandener Krankheit beeinträchtigt sein könne, so Halle.
"Wenn der nicht die obersten fünf Prozent seiner Leistung bringen kann, weil da minimale Schäden des Herzens und der Lunge zurück geblieben sind, dann kommt der nicht mehr an sein Maximum heran."
Eine Infektion zu riskieren, sei vor allem in Hinblick auf die sportliche Leistung fahrlässig, so Halle. Der Sportmediziner warnt auch davor, im Sportbetrieb vorzeitig zu scheinbaren Normalität zurück zu kehren.
"Bis wir einen Impfstoff haben und da gehen die Experten ja davon aus, dass wir dann im nächsten Jahr sind und dann muss erstmal eine Durchimpfung geben und da sehe ich das so, dass Mai jetzt völlig illusorisch ist."
Solange sei die beste Medizin für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler, eine Infektion zu vermeiden.