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Berichterstattung in den USA
Erschwerte Arbeitsbedingungen für Journalisten

Für viele US-Journalisten sind die Arbeitsbedingungen unter der neuen US-Regierung mehr als schwierig: Donald Trump twittert lieber als Pressekonferenzen zu geben, von den übrigen Kabinettsmitgliedern ist kaum etwas zu hören, Journalisten werden beschimpft. Aufgeben wollen die Vertreter von "Washington Post" und Co aber nicht.

Von Sabine Adler | 23.03.2017
    Journalisten fotografieren US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihren Smartphones.
    Kritische Fragen unerwünscht: US-Präsident Donald Trump beschimpft regelmäßig Journalisten. (picture alliance / Michael Kappeler / dpa)
    Vor dem Kapitol in der Hauptstadt Washington erregen sich wenige hundert Demonstranten über den anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien. Doch wie die neue US-Regierung auf Proteste reagiert, welche Strategie sie in dem Konflikt fährt, ist praktisch nicht zu erfahren, auch nicht von Rex Tillerson, dem neuen Chef des State Departments. Er schweigt und nicht nur er.
    "Das ganze Kabinett tritt weit weniger profiliert in Erscheinung, nur von dem Chef des Pentagons sieht man mehr. James Mattis, ein früherer Vier-Sterne-General, ist den Umgang mit der Presse gewohnt. Aber Tillerson verhält sich so ruhig wie möglich. In diesen zwei ersten Monaten seiner Amtszeit gab er nicht eine einzige Pressekonferenz, kein Interview."
    Fragen unerwünscht
    Die außenpolitische Berichterstatterin der "Washington Post" Anne Gearan hat die Pressekonferenz von Angela Merkel und Donald Trump verfolgt, sie würde nicht nur gern kritische Fragen wie die in den USA gefeierte deutsche DPA-Reporterin Kristina Dunz stellen, sondern überhaupt welche. Jahrelang reiste sie mit John Kerry und Hillary Clinton um die Welt. Während Tillersons Vorgänger den ständigen Austausch mit der Presse suchten, taucht der Texaner ab.
    "Der größte Unterschied für uns ist, dass er uns Kollegen, die hauptsächlich über das State Department berichten, auf keine seiner Reisen mitgenommen hat. Tillerson stellt sich auf den Standpunkt, dass er nur dann etwas sagt, wenn er etwas zu sagen hat. Er nimmt lieber ein kleineres Flugzeug und lässt die Kollegen per Linienflüge hinterherfliegen, was viele beim letzten Mal getan haben. Es war ein Desaster."
    Auf der Asienreise letzte Woche verschärfte er den Ton gegenüber China und Nordkorea unerwartet, schloss gar einen Präventivangriff gegen Nordkorea nicht aus. Eine Kehrtwende in der Asienpolitik, unbedingt erläuterungsbedürftig. Doch statt des State Department Pressecorps hatte Tillerson lediglich eine Journalistin von einer konservativen Website mitgenommen, die ein Porträt schreiben wollte, nicht mit Außenpolitik befasst ist.
    Bei Tillersons Besuch in der demilitarisierte Zone zwischen Nord-und Südkorea durfte einzig ein Kameramann des Fernsehsenders Fox-News filmen.
    Solidarität unter den Pressevertretern
    Heather Sullivan, die für eine lokale TV-Station von NBC über die Inauguration berichten wollte, überraschten die Hürden, die der Präsidentenapparat gleich am Anfang aufstellte.
    "Bei der Inauguration zum Beispiel, wo wir uns früher immer ganz einfach akkreditieren konnten, wurden nur einige wenige Kollegen von uns zugelassen und unser Satellitenwagen bekam keinen Stellplatz. Damit war auch die Akkreditierung der anderen sinnlos. Was uns aber nicht davon abgehalten hat, unsere Arbeit zu machen, es gab so viele Proteste in der Stadt und die Kollegen halfen einander, um an das Material zu kommen, das wir brauchten."
    Dass ausgerechnet die Administration von Donald Trump, der sich im Wahlkampf gar nicht oft genug selbst zum Interview anbieten konnte, nun derartige Hürden aufbaut, hat Heather Sullivan von NBC überrascht.
    "Weil die Administration so neu ist, weiß man gar nicht, an wen man sich mit Fragen oder Beschwerden wenden könnte. Im Moment bekommt man nur ein 'Nein' zu hören und "beruhigen Sie sich."
    Zurückhaltung des neuen Außenministers
    Während Donald Trump die Auseinandersetzung mit der Presse führt, entzieht sich der neue Außenminister fast gänzlich. Der millionenschwere Ex-Geschäftsführer von Exxon Mobile, der 40 Jahre bei der Ölgesellschaft war, kennt von Deals das Ausland, aber nicht die Politik, sagt Anne Gearan von der "Washington Post".
    "Er versucht herauszufinden, wie eine Regierungsbehörde zu führen ist, und was er zum Beispiel über den Nordkorea-Konflikt wissen muss, womit er im Öl-Geschäft nicht wirklich zu tun hatte, deswegen will er keine Fehler machen. Das Außenministerium wird seine letzte Berufsstation sein. Wenn er von einer ganzen Meute von Reportern umringt wird, die ihm Fragen zurufen, kann man es an seinem Gesicht ablesen, wie ihn das ankotzt."