Mittwoch, 24. April 2024

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Berichterstattung über Schadstofftests
"Kabinettstück über die Erregungsfähigkeit der Medien"

Dlf-Wissenschaftsredakteur Uli Blumenthal findet die aktuelle Berichterstattung zu den Schadstofftests unnötig skandalisierend. Fälschlicherweise hätten viele Medien von "Menschenversuchen" und "Dieselabgasen" gesprochen - komplett am Thema vorbei.

Uli Blumenthal im Gespräch mit Brigitte Baetz | 30.01.2018
    Eine junge Frau geht am Studien-Service-Zentrum der Rheinisch-Westfaelischen Technische Hochschule Aachen RWTH Aachen am sogenannten "SuperC" vorbei.
    An der RWTH Aachen wurden Schadstofftests mit menschlichen Probanden durchgeführt - "Menschenversuche" waren es nicht (dpa / Marius Becker dpa)
    In vielen Medienberichten über Schadstofftests an Menschen und Affen ist von "Menschenversuchen" und "Dieselabgasen" zu lesen. Ein "Kabinettstück über die Erregungsfähigkeit der Medien", meint Dlf-Forschungsredakteur Uli Blumenthal. Der Begriff "Menschenversuche" gehe aus aus seiner Sicht komplett am Thema vorbei.
    Das Problem sieht Blumenthal in der nicht gründlichen Recherche: "Man hat eigentlich keinen interviewt, der diese Studie je gelesen hat, der irgendeine Vorstellung von diesem Studiendesign oder den Ergebnissen hat."
    "Es ging nicht um Dieselabgase"
    Die Diskussion habe auf einer ethisch-moralischen Ebene stattgefunden, allerdings sei nicht über Fakten gesprochen worden. Schon wenn man sich das Studiendesign anschaue, stelle man fest: "Es ging nicht um Dieselabgase, und es ging auch nicht um Autos."
    Gründe für die unsaubere Berichterstattung sieht Blumentahl im Aktualitätsdruck der Medien: "Weil einfach Schnelligkeit vor Gründlichkeit geht in dieser digitalen Zeit. Wir haben so ein Echtheitssyndrom, das immer weiter um sich greift. Wir wollen sofort die Antworten haben."
    Zudem würden zu häufig Politiker interviewt, die zwar sofort eine Meinung hätten, aber gerade bei wissenschaftlichen Themen oft wenig Inhaltliches wüssten. Stattdessen müssten Medien mehr mit Wissenschaftlern sprechen sowie Fachautoren- und Redaktionengestärkt werden.