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Berlin
Senat will Lebensmittelkriminalität stärker bekämpfen

Betrügereien gibt es nicht nur bei Finanzgeschäften oder im Sport, sondern auch im Bereich der Lebensmittel. Und hier kann Betrug lebensgefährliche Folgen haben. In Berlin will der Senator für Verbraucherschutz nun verstärkt gegen Lebensmittelbetrug vorgehen und hat ein Aktionsprogramm vorgestellt.

Daniela Siebert im Gespräch mit Stefan Römermann | 11.06.2018
    Auf einem ausgedrucktem DNA-Profil liegt zur Illustration eine Handschelle.
    Sie sollen künftig öfter klicken bei Lebensmittelbetrug (dpa / picture alliance / Peter Endig)
    Stefan Römermann: Frau Siebert, wenn von Lebensmittelkriminalität gesprochen wird, um was geht es konkret?
    Daniela Siebert: Die Palette ist erstaunlich bunt. Am meisten gefälscht wird, nach den vorgelegten Angaben, bei Honig und Olivenöl, weil hier oft etwas anderes drin ist als draufsteht. Bei Olivenöl kann es ein hoher Anteil an Sonnenblumenöl sein und in einem Fall war sogar nur Sonnenblumenöl drin, obwohl Olivenöl drauf stand. Oft wird auch eine falsche Herkunft angegeben. Und Honig beispielsweise wird mit Zucker versetzt. Viel gefälscht wird auch bei Fischen. So wird Thunfisch künstlich rot gefärbt, damit er frischer aussieht, als er ist. Oder in der Gastronomie wird Pangasius serviert, auf der Karte aber steht Lachs. Bei Kaffee werden billige Sorten als teure Sorten ausgegeben. Aber auch bei Gewürzen wird getrickst. So wurde Oregano versetzt mit Olivenblättern. Es wird also viel gefälscht. Und bei einem besonders schlimmen Fall, da ging es um Haselnuss-Paste, die zur Eisherstellung verkauft wurde. Die war gestreckt mit Erdnüssen, was nicht nur ärgerlich ist, sondern für Erdnuss-Allergiker richtig lebensgefährlich werden kann.
    Römermann: Wo werden denn dem Verbraucher gefälschte Produkte besonders oft untergejubelt?
    Das Risiko entdeckt zu werden ist gering
    Siebert: Ob das auf dem Wochenmarkt, beim Discounter oder im Supermarkt passiert, dazu gab es keine Angaben. Auffällig aber ist: Je stärker verarbeitet die Produkte sind und je internationaler die Handelswege, desto größer ist die Gefahr, dass im großen Stil betrogen wird. Und der Grund, warum hier so getrickst wird ist die hohe Gewinnspanne in diesem Bereich. Zudem: Das Risiko entdeckt zu werden ist gering, weil zu wenig kontrolliert wird.
    Römermann: Was wollen die Berliner Behörden unternehmen, um den kriminellen Machenschaften beizukommen?
    Siebert: Ein Ziel des Aktionsprogramms ist es, künftig die zuständigen Behörden besser als bisher mit einzubeziehen und zu informieren, wie die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder den Zoll, Behörden also, die Betrüger auch strafrechtlich belangen können. Oft erfahren die Behörden nämlich bisher gar nichts von den Betrügereien oder Verdachtsfällen. Die Zusammenarbeit soll künftig besser vernetzt werden unter dem Dach des Bundesamts für Verbraucherschutz. Außerdem sollen Whistleblower besser als bisher geschützt werden, also Menschen, die in der Lebensmittelindustrie arbeiten und Betrügereien mitbekommen und natürlich die besten Hinweisgeber sind. Die müssen aber bisher oft noch mit Konsequenzen rechnen, wenn sie sich an die Behörden wenden, bis hin zu Entlassungen.
    Römermann: Was können Verbraucher selbst tun, wenn sie den Verdacht haben, sie wurden beim Kauf von Lebensmitteln betrogen?
    Siebert: Anlaufstelle für Verbraucher ist nicht die Polizei, sondern das Veterinäramt. Die sind dafür zuständig, egal ob es um tierische oder pflanzliche Produkte geht. Dort meldet man die Fälle und zwar möglichst schnell, weil die ja aktiv werden, Proben nehmen oder Produkte sicherstellen müssen. Und das Veterinäramt informiert dann auch die anderen zuständigen Behörden, wie die Polizei. Für Verbraucher gilt also: Bei Verdachtsfällen immer das Veterinäramt einschalten.