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Vor 120 Jahren
Als Hawaii amerikanisch wurde

Hawaii ist der 50. Staat der USA. Dass das Südseeparadies weit mehr zu bieten hat als weiße Strände, smaragdgrünes Meer, Kokosnusspalmen, Hula und Blumenketten, wusste die US-Regierung schon, als sie das Inselarchipel 1898 annektierten. Dahinter steckten vor allem strategische Gründe.

Von Almut Finck | 12.08.2018
    Luftbil der Kueste bei Na Poai, Hawaii, USA.
    Hawaii ist ein wichtiges Finanzzentrum für den asiatischen Raum (imago / blickwinkel)
    Hawaiis letzte Königin stand unter Hausarrest. Ob sie hinausgesehen hat an jenem Tag, aus den hohen Fenstern ihrer Gemächer im Iolani-Palast?
    Sechs Minuten vor zwölf. Vor Liliuokalanis Residenz wird die hawaiianische Flagge eingeholt, anschließend das Sternenbanner gehisst. Es ist Freitag, der 12. August 1898, und Hawaii ist nun formell Territorium der USA.
    James Cook weckt Begehrlichkeiten
    1778: James Cook landet auf Hawaii. Die Kunde von einem irdischen Paradies in der Südsee gelangt nach Europa, Begehrlichkeiten werden geweckt. 1816 schauen die Russen vorbei, dann kommen Missionare aus Neuengland, 1839 eine französische Flotte. Schließlich zeigen auch die USA Interesse an dem Archipel im Pazifik. Volker Depkat, Amerikanist von der Universität Regensburg.
    "Ein ganz wichtiges Datum ist da das Ende des Bürgerkrieges, 1865, das zusammenfällt mit dem Beginn einer massiven Industrialisierung."
    Bald produzieren die Vereinigten Staaten mehr, als sie zu Hause konsumieren können. Die amerikanische Wirtschaft träumt von einer Expansion nach Ostasien.
    Strand und Meer
    Makapuu Beach Park bei Honolulu auf der Insel Oahu am 28.05.2014 (dpa / picture alliance / Uwe Anspach)
    "Hier war vor allen Dingen China ein legendärer Markt, und auf dem Weg nach Ostasien kommst du eben bei Hawaii vorbei. Insofern war die Bedeutung von Hawaii lange Zeit die eines strategischen Außenpostens, der amerikanischen Handelsschiffen sichere Unterkunft und sicheren Zwischenstopp ermöglichte."
    Ein zweiter Punkt von Interesse: Zuckerrohrpflanzen. Zuckerrohrmühlen gibt es auf Hawaii seit den 1830er-Jahren. Aber erst nach Abschluss des hawaiianisch-amerikanischen Handelsvertrags von 1875 wird die Produktion in großem Stil betrieben, von amerikanischen Zuckerbaronen.
    Wirtschaftlich ist Hawaii seit dem Handelsvertrag unter amerikanischer Kontrolle. Die vielen US-Bürger, die mittlerweile hier leben, würden gern auch politisch das amerikanische Modell auf Hawaii installieren. Sie stoßen aber auf eine lange monarchische Tradition. Immerhin öffnet sich das Königshaus der Idee einer konstitutionellen Monarchie, die Zuckerbarone erzwingen eine Verfassung. Aber:
    "1893 versucht nun die Königin Liliuokalani die Rechte der Inselbewohner an politischer Partizipation zurückzudrehen."
    Dahinter steckt ein Kalkül.
    "Es ging um eine Stärkung der monarchischen Gewalt, auf Kosten der demokratischen Mitbestimmung, um die Eigenständigkeit des Landes gegenüber den USA, aber eben auch anderen Kolonialmächten, zu behaupten und wieder mehr Handlungsspielraum zu gewinnen."
    Die Rechnung geht nicht auf
    Liliuokalanis Rechnung geht nicht auf. Es kommt zu einem republikanischen Aufstand, der Königin fehlen die militärischen Mittel, ihn niederzuschlagen. Sie muss abdanken.
    Die Aufständischen fordern von Washington, Hawaii nun gleich ganz zu annektieren.
    "Das lehnen dann aber die USA ab."
    Vor einer direkten Kolonialherrschaft schrecken sie zurück.
    "Weil sie sagen, wir sind ja selber ein durch Revolution gegen eine Kolonialmacht entstandenes Land, wir können uns nicht leisten, auch um vor uns selber noch bestehen zu können, Kolonien zu haben."
    Fünf Jahre später, 1898, werden alle Bedenken über den Haufen geworfen. Die USA gewinnen den spanisch-amerikanischen Krieg und sind auf dem Vormarsch zur pazifischen Macht. Jetzt annektieren sie Hawaii – und fast zeitgleich die Philippinen.
    Ethnisch bunt wie kein anderer US-Bundesstaat
    1959 wird Hawaii der 50. US-Bundesstaat und ist heute ethnisch bunt wie kein anderer. Nachfahren der polynesischen Ureinwohner, Japaner, Koreaner, Chinesen und Vietnamesen, Afroamerikaner und Weiße, viele Portugiesen, alle Ethnien sind präsent, aber keine Gruppe ist in der Mehrheit. Ex-Präsident Barack Obama wuchs hier auf.
    "Sodass er immer einen ganz anderen Blick auf die Rassenverhältnisse in den USA hatte und sich eben gerade nicht so in dieses Schwarz-Weiß-Schema pressen ließ, weil das auf Hawaii auch nicht so ganz nicht passt."
    Hawaiis letzte Königin hat all das nicht mehr erlebt. Liliuokalani starb 1917. Am Ende ihres Lebens hatte sie sich in ihr Schicksal gefunden. Als im Ersten Weltkrieg Hawaiianer fielen, zog sie selbst die Flagge über dem Iolani-Palast auf Halbmast. Nicht die hawaiianische, sondern den Sternenbanner.