Dienstag, 19. März 2024

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Berliner Compliance Modell
"Das Programm steht fest, der Sponsor hat keinen Einfluss"

Das Rheingau Musik Festival hat einen Leitfaden für den Umgang mit Sponsoring im Kulturbereich vorgestellt. Inzwischen seien Compliance-Regeln von Firmen so strikt, dass einzelne Kunden Einladungen nicht annehmen würden, sagte Michael Herrmann, Intendant des Rheingau Musik Festivals, im DLF. Das sei schwierig, "weil wir ja zu 50 Prozent unsere Kosten durch Sponsoring decken".

Michael Herrmann im Gespräch mit Raoul Mörchen | 29.05.2017
    Rote Theaterstühle
    "Normalerweise bekommt der Sponsor zehn Prozent des Kartenkontingents des jeweils von ihm gesponserten Konzerts als Gegenleistung", erklärt Intendant Michael Herrmann. (picture-alliance / dpa-ZB / Patrick Pleul)
    In den letzten Jahren sagten Unternehmen häufiger, dass sie aus Compliance-Gründen nicht mehr sponsern könnten, so Herrmann. Deswegen sei dieser Leitfaden - Berliner Compliance Modell - gemeinsam mit anderen Kollegen, Generalstaatsanwaltschaft, Politikern und mit Juristen entwickelt worden. Durch diese Richtlinien solle es für Sponsoren und Eingeladene problemlos ablaufen. In gewisser Weise werde unterstellt, dass da Bestechung im Gange sei, "was natürlich bei kleinen Beträgen vollkommen absurd ist", sagte Herrmann.
    Michael Herrmann, Intendant des Rheingau-Musik-Festivals, aufgenommen am 30.05.2012 in Oestrich-Winkel. 
    Michael Herrmann, Intendant des Rheingau-Musik-Festivals (Aufnahme von 2012) (dpa)
    Was bedeutet Compliance?
    Compliance heißt "Regeltreue" und der Begriff umschreibt den Anspruch von Unternehmen oder Organisationen, sich an gewisse gesetzliche und ethische Regeln zu halten. Vor allem im Umfeld von bzw. bei der wirksamen Vermeidung von Korruption taucht das Stichwort "Compliance" vermehrt auf. Die gesteigerte Sensibilität für das Thema "Compliance" scheint für Kulturinstitutionen, die auf private Geldgeber angewiesen sind, auch mit negativen Folgen verbunden zu sein. So weist das Rheingau Musik Festival im kürzlich veröffentlichten "Berliner Compliance Modell" darauf hin:
    "Für Unternehmen in Deutschland gestaltet sich das Sponsoring von (Kultur-) Veranstaltungen zunehmend als schwierig, da die in diesem Zusammenhang von den Unternehmen zu den Veranstaltungen eingeladenen Geschäftspartner die Einladung immer häufiger unter Hinweis auf Compliance-Bedenken oder auf umständliche Compliance-Prozesse ausschlagen. Diese Entwicklung gefährdet eine gerade vor dem Hintergrund der staatlichen "Schuldenbremse" wesentliche Finanzierungsquelle von (Kultur-) Veranstaltungen und damit letztlich die Veranstaltungen selbst."
    Kein Einfluss auf das Programm möglich
    Bei diesen Richtlinien sei es nicht um Einflussnahme auf das Programm gegangen, so der Festivalleiter. "Das Programm steht fest und der Sponsor hat darauf keinen Einfluss." Man wende sich erst an die Sponsoren, wenn das Programm bereits erarbeitet sei. "Wenn ein Sponsor die Berliner Philharmoniker haben will, sie bezahlt und sie auch bringt, dann kriegt er sie. Wenn er aber James Last haben will … Es ist auch schon vorgekommen, dass jemand seinen eigenen Chor uns anbieten wollte und dann 10.000 Euro angeboten hat und der sollte dann auch noch im Kloster Eberbach auftreten - dann lehnen wir das natürlich ab."
    Leistung gegen Leistung
    "Normalerweise bekommt der Sponsor zehn Prozent des Kartenkontingents des jeweils von ihm gesponserten Konzerts als Gegenleistung." Dafür lade der Sponsor Gäste ein. Dagegen stünden aber auch echte Werbeleistungen, wie das Logo im Programmheft und auch Aufsteller beim Veranstaltungsort.